Ein gemeinsames Ziel

Lysoform Dr. Hans Rosemann steht als Marke seit 125 Jahren für hochwirksame Desinfektionsmittel und Antiseptika. Im Zuge der Corona-Pandemie geriet das Familienunternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage. Mit Hilfe eines Eigenverwaltungsverfahrens konnte Lysoform wieder auf eine gesunde wirtschaftliche Basis gestellt werden – ein entscheidender Erfolgsfaktor war dabei die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Sach- und Eigenverwaltung. Der erste Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“.
Erhalt eines 125 Jahre alten Familienunternehmens und von 65 Arbeitsplätzen – der Sanierungserfolg bei Lysoform kann sich definitiv sehen lassen. „Wir haben dieses Ziel bereits zu Beginn des Verfahrens im Oktober 2023 festgelegt und das gesamte Handeln der Geschäftsleitung und der Eigenverwaltung danach ausgerichtet. Umso schöner war und ist es, als nach elf Monaten der intensiven Sanierungsarbeit Anfang Oktober des vergangenen Jahres das Verfahren für Lysoform aufgehoben werden konnte und die Geschichte dieses traditionsreichen Unternehmens fortgeschrieben werden kann“, sagt Dr. Christoph von Wilcken von Schultze & Braun, der die Geschäftsleitung des Unternehmens mit seinem Team im Eigenverwaltungsverfahren beraten und operativ unterstützt hat. Die Gläubiger hatten den vom Unternehmen vorgelegten Insolvenzplan mit nur einer Gegenstimme angenommen. Der Plan wurde noch während des Erörterungs- und Abstimmungstermins vom zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestätigt. Nachdem der Bestätigungsbeschluss rechtskräftig wurde, ist das Verfahren aufgehoben worden.
Geschäftsbetrieb ohne Einschränkungen
Während der gesamten elf Monate des Eigenverwaltungsverfahrens lief der Geschäftsbetrieb bei Lysoform ohne Einschränkungen weiter. „Trotz der erforderlichen Einschnitte konnten wir 65 der 100 Arbeitsplätze im Unternehmen erhalten“, sagt von Wilcken. „Natürlich verliert niemand gerne seinen Arbeitsplatz. Wir konnten die Belegschaft jedoch von der Notwendigkeit der Personalanpassung überzeugen, und die Kolleginnen und Kollegen haben letztlich durch ihre Bereitschaft und ihr Engagement sehr viel dazu beigetragen, dass Lysoform fortbestehen kann.“
Die Sanierung notwendig gemacht hatten unvorhersehbar hohe Umsatzrückgänge in verschiedenen Märkten. Gerade zu Beginn der Corona-Pandemie gab es in vielen Ländern, in denen Lysoform mit seinen hochwirksamen Desinfektionsmitteln und Antiseptika vertreten ist, einen immensen Nachfrageboom nach den Produkten des Unternehmens. Lysoform hatte daraufhin die Produktionskapazitäten am Stammsitz in Berlin-Lankwitz sehr schnell erweitert, um die dringend benötigten Produkte herstellen zu können.
Die regulatorischen Lockerungen für die Produktion von Desinfektionsmitteln, die im Verlauf der Pandemie in vielen Ländern erfolgt sind, haben jedoch dafür gesorgt, dass im globalen Markt ein Überangebot entstanden ist. „Durch die Qualität seiner Produkte konnte und kann Lysoform auch in diesem veränderten Markt bestehen“, erläutert von Wilcken. „Aber letztlich musste das Unternehmen reagieren und die Produktionskapazitäten und -prozesse an die veränderten Marktbedingungen anpassen. Es freut mein Team und mich, dass wir es durch den Einsatz aller Beteiligtengeschafft haben, das Unternehmen wieder auf eine gesunde wirtschaftliche Basis zu stellen und neue Chancen für Lysoform zu schaffen.“ Wolf-Christian Rödger, der Lysoform in fünfter Generation leitet, sagt rückblickend: „Die Herausforderungen waren gerade am Anfang des Verfahrens enorm. „Vor allem die Arbeitsprozesse mussten deutlich vereinfacht werden. Mit Hilfe der Möglichkeiten und der Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts ist es uns gelungen, das Unternehmen so neu aufzustellen, dass wir nun positiv in die Zukunft schauen können.“
Belastbar und sehr effizient
Christian Otto von hww hermann wienberg wilhelm hat als Sachwalter darauf geachtet, dass die Rechte der Gläubiger von Lysoform gewahrt wurden. „Für mich war sehr schnell klar, dass alle Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel hingearbeitet haben. Das hat sich besonders in der finanziellen Planung und den Controlling-Berichten von Lysoform und der Eigenverwaltung widergespiegelt, die immer sehr belastbar waren.“
Belastbar, aber auch sehr effizient waren ebenfalls die regelmäßigen Jour fixe mit den handelnden Personen aus Unternehmen, Eigenverwaltung und Sachwaltung als zentrale Austauschmöglichkeit. „Sehr hilfreich war, dass in diesen Terminen immer auch Vertreter aus dem operativen Geschäft dabei waren. So konnten wir bei relevanten Punkten für die wirtschaftliche Entwicklung des Geschäfts immer auch direkt die operative Seite einbinden – etwa, wenn es um Projekte oder die Geschäftsentwicklung in einzelnen Bereichen ging – und dadurch längere Abstimmungsschleifen vermeiden“, sagt Sachwalter Otto, der zudem noch einen weiteren Punkt aus der Lysoform-Sanierung mitgenommen hat. „Ich stamme aus einer Medizinerfamilie, und mir wurde daher schon seit meiner Jugend die Bedeutung von Hygiene und Desinfektion vermittelt. Dabei achte ich jetzt verstärkt darauf, ob es sich um Lysoform-Produkte handelt. Man kann durchaus sagen, dass durch das Verfahren eine gewisse Markentreue entstanden ist.“
Über Lysoform: Die Lysoform Dr. Hans Rosemann GmbH wurde bereits im Jahr 1900 gegründet. Heute ist Lysoform weltweit bekannt als eine der großen Marken für Desinfektionsmittel. Lysoform hat sich als chemisch-pharmazeutisches Unternehmen auf den Bereich der Desinfektion und Antiseptik sowie auf die daran angrenzenden Gebiete der „Heilkosmetik“ und Reinigungshygiene spezialisiert. Das Familienunternehmen mit Sitz im Berliner Bezirk Lankwitz wird heute von der fünften Generation gelenkt. Die Produkte von Lysoform werden weltweit in zahlreichen Ländern vertrieben.
Eigenverwaltung: Das Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung erlaubt einem Unternehmen die Sanierung in eigener Regie. Die Geschäftsführung bleibt voll handlungsfähig und kann uneingeschränkt agieren. Beaufsichtigt wird sie von einem vom Gericht bestellten Sachwalter. Ziel einer Eigenverwaltung ist die Sanierung des Unternehmens. Beraten und unterstützt wird die Geschäftsführung dabei von Sanierungsexperten.
Dr. Christoph von Wilcken
ist Rechtsanwalt bei Schultze & Braun und am Berliner Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei tätig. Neben dem Wirtschaftsrecht in der Restrukturierung gehören zu seinen Spezialgebieten die Beratung und die operative Begleitung von Eigenverwaltungen sowie die Beratung bei und die Umsetzung von Insolvenzplänen.