Erfolgsfaktor Sanierung: Entweder wir finden einen Weg oder wir schaffen einen

Ein Unternehmen möglichst als Ganzes zu erhalten steht nachvollziehbarerweise im Fokus einer Sanierung. Mitunter zeigt sich aber auch, dass die bisherige Aufstellung eines Unternehmens ein Grund für die wirtschaftliche Schieflage war und ist. So war es auch bei der Haas-Gruppe, bei der mit der Aufteilung in zwei selbstständige Einheiten eine Zukunftsperspektive für die beiden Standorte und die Belegschaft geschaffen wurde. Ein entscheidender Erfolgsfaktor war dabei die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen dem Insolvenzverwalter und den M&A-Beratern, bei der auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle gespielt hat. Der fünfte Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“.
Neuaufstellungrund drei Monate nach dem Insolvenzantrag
Entweder wir finden einen Weg oder wir schaffen einen – mit diesem Motto ist die Haas-Gruppe seit 50 Jahren im Markt für die Reinigung oder Sanierung von Rohren und Kanälen tätig. Dr. Markus Schuster von Schultze & Braun hat Anfang Mai 2025 zusammen mit zwei Investoren einen wirtschaftlichen und rechtlichen Weg gefunden, auf dem die beiden Standorte und die Beschäftigten der Haas-Gruppe in die Zukunft gehen können. Damit ist die Neuaufstellung des 1975 gegründeten Spezialisten für die Reinigung oder Sanierung von Rohren und Kanälen nur rund drei Monate nach dem Insolvenzantrag erfolgreich abgeschlossen. „Bei einem insolventen Unternehmen ist es ähnlich wie bei einem Kanal, der saniert werden muss. Bei beiden ist es maßgeblich, so schnell wie möglich zu sein. Bei einem nicht sanierten Kanal müssen die undichte Stellen gefunden und abgedichtet werden. Bei einem Unternehmen sind die undichten Stellen die wirtschaftlichen Verlustquellen, die abgestellt werden müssen, damit das Unternehmen zusammen mit einem Investoren eine Zukunftsperspektive haben kann“, ordnet Schuster das Vorgehen ein.
Aus eins mach´ zwei
„Es freut mich sehr, dass es uns mit der jetzt gefundenen Lösung gelungen ist, fast alle Arbeitsplätze und die beiden Standorte zu erhalten. Die Lösung, die sich mit den Worten `Aus eins mach´ zwei´ kurz zusammenfassen lässt, ist aber auch für die Kunden von Vorteil, da der Geschäftsbetrieb an beiden Standorten nahtlos übernommen und fortgeführt wird“, erläutert Schuster, der am Stuttgarter Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei tätig ist. Die Lösung sieht eine Fortführung der Standorte Remseck (bei Stuttgart) und Chemnitz durch zwei eigenständige Unternehmen aus den jeweiligen Regionen vor:
- Standort Remseck: Der ehemalige Betriebsleiter am Standort Remseck übernimmt den Geschäftsbetrieb mit einer neuen Gesellschaft. Die Geschäftstätigkeit wird am Standort mit 28 der bislang rund 35 Mitarbeitenden fortgeführt. „Ich kenne die Kolleginnen und Kollegen seit vielen Jahren und bin von ihren Fähigkeiten und ihrer Expertise absolut überzeugt. Gemeinsam werden wir dafür sorgen, dass es auch künftig einen Markt für die Reinigung und die Sanierung von Rohren und Kanälen gibt – in Stuttgart und Baden-Württemberg, aber auch über die Landesgrenzen hinaus“, sagt Eric Windsch, der Geschäftsführer der neuen Haas Rohr- und Kanalmanagement GmbH.
- Standort Chemnitz: Der Geschäftsbetrieb am Standort Chemnitz wird von der KURT Kanal- und Rohrtechnik GmbH übernommen, die bereits über zwanzig Jahre Erfahrung in den Verfahren für grabenlose Kanal- und Rohrleitungserneuerung hat. Am Standort in Chemnitz werden alle Mitarbeiter übernommen. „Die Übernahme des Standorts und der hochqualifizierten Mitarbeitenden ist eine Weiterentwicklung unseres Geschäfts. Wir können unseren Kunden nun ein noch breiteres Leistungsspektrum anbieten als bisher. Zugleich freuen wir uns über die neuen Kolleginnen, die unser Unternehmen ohne Zweifel bereichern werden“, sagt David Schüppel, der Geschäftsführer von KURT Kanal- und Rohrtechnik.
Während des gesamten Verfahrens und der Arbeit an der Neuaufstellung haben Schuster und die Geschäftsleitung der Haas-Gruppe den Betrieb an den beiden Standorten uneingeschränkt fortgeführt. „Indem wir den Kunden gezeigt haben, dass alle Aufträge wie geplant bearbeitet wurden und wir bei der Qualität, Präzision und Zuverlässigkeit unserer Arbeit keine Abstriche machen, konnten wir sie davon überzeugen, uns die Treue zu halten. Gleichzeitig haben der laufende Geschäftsbetrieb und die Aufträge, die wir auch im laufenden Verfahren erhalten haben, auch die Übernehmer der beiden Standorte vom Potential überzeugt“, sagt Schuster.
Die Stärken eines Insolvenzverfahrens
„Die Neuaufstellung der Haas-Gruppe ist ein gutes Beispiel für die Stärken, die ein Insolvenzverfahren haben kann. Wir haben im Verfahren die internen Strukturen gezielt angepasst, das Geschäftsmodell eingehend analysiert und daraus das weitere Vorgehen abgeleitet. Es hat sich gezeigt, dass das Unternehmen in der bisherigen Aufstellung mit den beiden Standorten unter einem Dach wirtschaftlich an und über seine Grenzen gekommen war“, sagt Schuster. „Mit der Aufteilung in zwei selbstständige Einheiten haben wir nun eine Zukunftsperspektive für die beiden Standorte geschaffen und konnten mehr als 85 Prozent der Arbeitsplätze erhalten – ein Ergebnis, über das wir uns sehr freuen. Hinzu kommt, dass wir die Neuaufstellung in nur knapp drei Monaten umsetzen konnten. Das wäre ohne die Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts, die Vorarbeit der Geschäftsleitung und den unermüdlichen Einsatz aller Beteiligter nicht möglich gewesen.“
Den Investorenprozess hat ein Team um Philippe Piscol und Ferdinand von Schrottenberg vom renommierten Beratungsunternehmen Dr. Wieselhuber & Partner geleitet und umgesetzt. „Es ist schön zu sehen, dass trotz des herausfordernden Marktumfelds die Transaktion innerhalb weniger Wochen erfolgreich abgeschlossen werden konnte“, so Piscol und von Schrottenberg. Bei der Investorensuche spielte neben der Neuaufstellung des bisherigen Unternehmens – eigentlich waren es ja zwei Investorenprozesse, die parallel abgelaufen sind – auch der Zeitfaktor eine wichtige Rolle. „Gerade im Insolvenzkontext kommt es darauf an, in kürzester Zeit wirtschaftliche Transparenz herzustellen, Verluste konsequent zu begrenzen und Investoren strukturiert sowie zielgerichtet anzusprechen. Das funktioniert nur über transparente Kommunikation und eine enge Abstimmung mit allen Verfahrensbeteiligten“, fassen Piscol und von Schrottenberg die erfolgreiche Zusammenarbeit von M&A-Berater und Insolvenzverwalter zusammen.
Kapazitäten und Prozesse angepasst
Die Gründe, die die Neuaufstellung der Gruppe notwendig gemacht haben, waren eine Kombination aus den wirtschaftlichen Folgewirkungen der Corona-Pandemie sowie der Preissteigerungen und Umsatzrückgänge in Folge der geopolitischen Verwerfungen. Das Unternehmen ist für eine Vielzahl an Kunden aus dem Privatbereich, der Wirtschaft und der öffentlichen Hand tätig. Als sich abzeichnete, dass die anhaltenden Umsatzrückgänge auch durch die Gewinnung von Neukunden nicht mehr ausglichen werden konnten, hatte die Geschäftsleitung damit begonnen, die Kapazitäten und Prozesse an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Dieser Angang wurde Anfang Mai im Insolvenzverfahren fortgesetzt und zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht – getreu dem Motto: Entweder wir finden einen Weg oder wir schaffen einen.

Über die Haas-Gruppe: Die Unternehmensgeschichte der Haas-Gruppe beginnt 1975 mit der Gründung durch Helmar Haas. Mit rund 60 hochqualifizierten Mitarbeitenden und einem eigenen Fuhrpark an Spezialfahrzeugen ist der Spezialist für die Reinigung oder Sanierung von Rohren und Kanälen von den Standorten Stuttgart und Chemnitz bundesweit für seine Kunden im Einsatz. Diese stammen aus dem Privatbereich, der Wirtschaft oder der öffentlichen Hand. Mit seinen Eigenentwicklungen und Patenten ist das Unternehmen einer der Innovations- und Technologieführer der Branche. So kann Haas etwa bei der Sanierung von Rohren oder Kanälen unterirdische Probleme ohne Grabungsarbeiten oder die Notwendigkeit einer Baustelle beheben, was für die Kunden geringere Kosten, weniger Zeitaufwand und keine Gefahr von Folgeschäden durch Verdichtung oder Absenkung im Vergleich zu herkömmlichen Methoden bedeutet.