Die Magnolie erblüht

Eine Insolvenz ist ohne Zweifel für jedes Unternehmen eine Sondersituation und eine emotionale Angelegenheit – aber gleichzeitig auch die Chance, ein grundsätzlich funktionierendes Geschäftsmodell neu auszurichten, wenn die Marktbedingungen es erforderlich machen. So war und ist es auch beim Online-Möbelhändler Magnolia Home, der neu und gestärkt aus der Krise hervorging. Ein entscheidender Erfolgsfaktor war dabei die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen dem damaligen CFO und dem rechtlichen Berater, aber auch mit dem Insolvenzverwalter. Der vierte Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“.
Übernahme und Neuausrichtung des Geschäftsmodells
Mark Roshop (im Bild) nimmt Möbel persönlich. Er ist Möbelspezialist durch und durch und Geschäftsführer von Magnolia Home. Den Online-Händler für selbst entworfene und entwickelte Möbel mit Unternehmenssitz und eigenem Showroom in Bremen hat Roshop mit seinen Partnern im Januar 2024 gegründet – und damit die Übernahme und Neuausrichtung des Geschäftsmodells der `Emotion-24´ abgeschlossen, die Ende 2023 in wirtschaftliche Schieflage geraten war. Wobei „abschließen“ definitiv kein Verb ist, das auf Mark Roshop zutrifft.
Rückblickend ein zu schnelles Wachstum
`Emotion-24´ war 2008 gegründet worden und legte neben Design und Konstruktion großen Wert auf eine nachhaltige Produktion – seit 2012 vollständig in Deutschland. „Bis 2022 haben wir nur positive Ergebnisse erzielt“, sagt Roshop, der im Herbst 2020 als CFO bei `Emotion-24´ einstieg. „Gerade die Corona-Pandemie – für viele Unternehmen wirtschaftlich gesehen enorm herausfordernd – war für uns eine Zeit des Wachstums. Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine Kriegs, die für die Geschäftsleitung nicht vorhersehbar waren, war das Wachstum rückblickend allerdings zu schnell“, ordnet Roshop ein. Im Sommer 2020 hatte `Emotion-24´ einen insolventen Möbelhersteller mit zwei Fertigungsstandorten sowie eine Mineralgussfabrik in Serbien übernommen und damit seine Produktion stark ausgeweitet. 2021 investierte das Unternehmen in ein großes Bürogebäude und eine automatisierte Lagerhalle – und das auch, um die damals starke Nachfrage nach Möbeln made in Germany bedienen zu können.
„2022 hat jedoch durch die enormen Preissteigerungen im Zuge des Ukrainekriegs die Nachfrage nach Möbeln wie auch nach vielen anderen Produkten schlagartig nachgelassen“, sagt Roshop. „Gerade für uns als Unternehmen ohne großen Gesellschafter war es besonders schwierig, die Umsatzrückgänge zu verkraften. Hinzu kam, dass wir ja von den Preissteigerungen doppelt betroffen waren: Wir haben weniger Möbel verkauft, wobei wir das allein wahrscheinlich noch verkraftet hätten. Gleichzeitig mussten wir aber die höheren Kosten für zum Beispiel Energie oder die Materialien für unsere Möbel bewältigen, wodurch unsere eigene Produktion in Deutschland letztendlich leider wirtschaftlich unrentabel geworden ist. Da mussten wir gegensteuern und haben uns mit Ludwig J. Weber von Schultze & Braun professionelle Unterstützung ins Unternehmen geholt.“ Der promovierte Jurist leitet den Bereich Wirtschaftsrecht bei der bundesweit vertretenen Kanzlei und hat mit seinem Team bereits zahlreiche Unternehmen in Krisen- und Sondersituationen begleitet.
Eine neue Perspektive schaffen
„Bei `Emotion-24´ war klar, dass Abwarten und auf Besserung hoffen, keine Option war. Die Geschäftsleitung hat die Augen vor dieser Tatsache nicht verschlossen, sondern frühzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen und sich Hilfe geholt“, sagt Weber. „Im ersten Schritt haben wir uns angeschaut, ob das Geschäftsmodell grundsätzlich wettbewerbs- und marktfähig ist, was wir klar bejahen konnten und haben dann zusammen mit der Geschäftsleitung Maßnahmen entwickelt, um die Krise zu meistern und eine neue Perspektive für den Online-Möbelhändler zu schaffen. Parallel dazu haben wir die Liquidität im Blick gehabt – gerade auch, um die Geschäftsleitung vor einer möglichen Haftung zu schützen, wenn das Unternehmen insolvenzreif ist und ein Insolvenzantrag gestellt werden muss.“
Es zeichnete sich aber ab, dass die Liquidität des Unternehmens ohne leistungswirtschaftliche Eingriffe aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage der Produktion perspektivisch zur Neige gehen wird. Im Herbst 2023 hat `Emotion-24´ einen Insolvenzantrag gestellt. „Wir sind diesen Schritt damals nach reiflicher Überlegung und in Abstimmung mit unseren rechtlichen Beratern bewusst gegangen – immer in dem Bewusstsein, dass unser Geschäftsmodell tragfähig ist“, sagt Roshop. Weber ergänzt: „Die Geschäftsleitung von `Emotion-24´ hat verstanden, dass eine Insolvenz nicht automatisch das Ende einer Unternehmensgeschichte bedeutet, sondern eine reale Chance darstellt, aus der Krise gestärkt hervorzugehen und das Unternehmen mit Hilfe der Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts neu aufzustellen. Also so, wie man das zum Beispiel aus den USA kennt. Dort ist man eigentlich erst ein gestandener Unternehmer, wenn man auch mal eine Insolvenz durchlaufen hat: Ich bin gestolpert und hingefallen, aber auch wieder aufgestanden.“
Steht auf, wenn Ihr Unternehmer seid
Und aufgestanden ist auch Mark Roshop. Zusammen mit einem Team von Mitarbeitenden von `Emotion-24´ hat er den Insolvenzverwalter, Dr. Hans-Joachim Berner, Partner der Kanzlei WillmerKöster, mit seinem Konzept für den laufenden Geschäftsbetrieb überzeugt und den Kaufpreis für die immateriellen Vermögenswerte der insolventen Gesellschaft gestemmt. „Gemeinsam mit dem Team haben wir stabile Zukunftsperspektiven geschaffen und die Sanierungschancen des Insolvenzrechts genutzt. Auch für die Gläubiger ist der Fortbestand des Unternehmens die beste Lösung und bietet klare Vorteile gegenüber einer reinen Einzelverwertung“, sagt Berner. Zum Sanierungserfolg beigetragen hat dabei insbesondere die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit Ludwig J. Weber und seinem Team bei den Verhandlungen im Distressed M&A-Prozess. „Für uns sind Sanierungserfolge immer Teamerfolge. Am Ende war das gute Zusammenwirken aller Beteiligten entscheidend für das Gelingen“, unterstreicht Berner.
Als gelungen kann man die Sanierung des Geschäftsbetriebs und die Neuausrichtung des Geschäftsmodells des Online-Händlers für selbst entworfene und entwickelte Möbel definitiv bezeichnen. Neben der vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten war ein weiterer Erfolgsfaktor, dass sich Gesellschafter und Geschäftsführer einig waren und das Beraterteam von Schultze & Braun bereits zu Beginn der Krise hinzugezogen haben und auf das gemeinsame Ziel hingearbeitet haben: Die Sanierung des Unternehmens mit Hilfe der Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts. „Der große Vorteil war, dass das Management und die Gesellschafter von `Emotion-24´ sich bereits an uns gewandt hatten, als die Krise sich am Horizont abzeichnete – also um zehn vor zwölf, um das Bild von der magischen Zwölf-Uhr Grenze zu nehmen. Sie haben Weitsicht bewiesen, und dadurch waren die Voraussetzungen für die erfolgreiche Sanierung weitaus besser, als das um zwölf Uhr oder um fünf nach zwölf der Fall gewesen wäre“, sagt Dr. Ludwig J. Weber. „Wir haben dann mit den Hauptgläubigern über eine Restrukturierung verhandelt und offen die möglichen Szenarien aufgezeigt. Es hat sich aber gezeigt, dass der Weg über ein Insolvenzverfahren – und hier sind wir wieder beim gemeinsamen Ziel – für die Beteiligten der beste und effektivste war und ist – mit dem Blick auf die Fortführungsperspektive, aber auch die finanzielle Komponente. Das haben wir in unserem Gläubigerkonzept auch so veranschaulicht und die Beteiligten nicht nur vom gemeinsamen Ziel, sondern auch dem Weg dorthin überzeugt. Und der Erfolg am Ende gibt uns Recht.“
Im Februar 2024 startete das Team von Magnolia Home, mit Mark Roshop als Geschäftsführer. Das Geschäft läuft stabil und wächst, der Fokus liegt nun auf dem Design und der Konstruktion der Möbel, die online vertrieben werden. Die Fertigung vergibt Magnolia Home heute extern, was für zusätzliche Flexibilität im Geschäftsmodell und der Wertschöpfungskette sorgt. Oder anders formuliert: Die Magnolie erblüht.

Über Magnolia Home: Magnolia Home ist ein inhabergeführtes Unternehmen mit Sitz in Bremen und bietet eine sorgfältig kuratierte Auswahl an Möbeln und Wohnaccessoires. Der Fokus liegt auf hoher Produktqualität, zeitlosem Design und individueller Beratung. Das Produktangebot und weitere Informationen gibt es unter www.magnolia-home.de.
Dr. Ludwig J. Weber, LL.M.
ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Schultze & Braun. Er ist am Bremer Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei tätig. Weber verfügt über langjährige Expertise in den Bereichen Unternehmensfinanzierung sowie Restrukturierung und Sanierung.