Krise in der Gastronomiebranche: Appetit holt man sich woanders, gegessen wird zuhause

Welche Möglichkeiten es für Unternehmen aus der Gastronomiebranche gibt, eine Krise zu erkennen und zu meistern und warum eine Insolvenz auch ein Neubeginn sein kann, erläutert Dr. Markus Schuster vom Stuttgarter Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun, der bereits mehrere Gastronomiebetriebe in Sondersituationen beraten und begleitet hat.
Die wirtschaftlichen Nachwehen der Corona-Pandemie, stark gestiegene Energie- und Rohstoffpreise und die inflationsbedingte Konsumzurückhaltung vieler Verbraucher – die Liste der Herausforderungen für Unternehmen aus der Gastronomiebranche ist lang. Hinzu kommt: Von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie, aber gerade auch der geopolitischen Verwerfungen der letzten Jahre sind Unternehmen aus der Gastronomiebranche, aber auch der Hotellerie gleich in doppelter Hinsicht betroffen. Zum einen durch die Preissteigerungen – etwa bei Lebensmitteln oder der Energie zum Kochen. Zum anderen durch die deutliche Konsumzurückhaltung vieler Geschäftskunden, aber auch von Privatgästen aufgrund der Preissteigerung, von denen sie ebenfalls betroffen sind. Weniger Geschäftsessen, aber auch die Tatsache, dass viele Verbraucher weniger oder überhaupt nicht mehr auswärts essen, bedeuten zwangsläufig auch weniger Umsatz für Gastronomiebetriebe.
Hinzu kommt: Hotelübernachtungen und Restaurantbesuche kann man nicht einfach nachholen, weshalb die Unternehmen die verlorenen Umsätze nur bedingt aufholen können. Und wären die aufgeführten Herausforderungen nicht schon genug, sind Unternehmen aus der Gastronomiebranche und der Hotellerie vom Arbeitskräftemangel besonders stark betroffen. Restaurantbesucher spüren die Auswirkungen etwa bereits durch verkürzte Öffnungszeiten und verkleinerte Speisekarten.
Krisenanzeichen erkennen
Fakt ist: Das Umsatzniveau aus der Zeit vor der Corona-Pandemie haben viele Gastronomiebetriebe hierzulande bis heute nicht (mehr) erreicht – und auch die Aussichten für die Zukunft sind alles andere als rosig. So hart es klingt: Kein Unternehmen aus der Gastronomiebranche ist davor gefeit, in eine wirtschaftliche Krise zu geraten. Doch wie lässt sich eine Krise frühzeitig erkennen?
Insolvenz als möglicher Neuanfang
Die Zahl der Gastronomiebetriebe ist in Deutschland nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) im Vergleich 2019 (rund 165.000) zu 2023 (rund 150.000) um fast 15.000 zurückgegangen, allerdings steigt die Zahl der Unternehmen seit 2021 wieder an. Im gleichen Zeitraum gab es nach Berechnungen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in der Gastronomie rund 8.000 Insolvenzen.
Aber auch ein Insolvenzantrag muss nicht das Ende eines Gastronomiebetriebs sein, wie die Academie der schönsten Künste zeigt. Das Restaurant, das in Stuttgart auch als ACA bekannt ist, steht als Beispiel für die Sanierungschancen bei kleineren und größeren Unternehmen aus der Gastronomiebranche, da sich daraus Rückschlüsse auf die Erfolgsfaktoren ziehen lassen.
Die finanzielle Schieflage der ACA, die 2025 ihr 25-jähriges Bestehen feiert, ging hauptsächlich auf die wirtschaftlichen Nachwehen der Corona-Pandemie zurück. Der eigentliche Restaurantbetrieb trug und trägt sich wirtschaftlich. Ein Vorteil bei der Sanierung war, dass der vorherige Geschäftsführer und GmbH-Gesellschafter den Geschäftsbetrieb der Academie der schönsten Künste unbedingt weiterführen wollte und daher private Mittel für einen Neustart als Einzelunternehmer investierte. Im Rahmen einer übertragenden Sanierung war es möglich, dass er als Einzelunternehmer die Vermögenswerte der insolventen Gesellschaft übernehmen konnte,
Die persönliche Haftung kann zwar für einen Einzelunternehmer im Vergleich zur GmbH – die die beschränkte Haftung ja schon im Namen trägt – in der Tat größer sein. Das Wirtschaften als Einzelunternehmer wird im Gastronomiebereich aber von vielen Verpächtern positiv wahrgenommen und teils sogar für den Abschluss eines Pachtvertrags vorausgesetzt. Die Verpächter verbinden damit, dass der Betreiber eines Restaurants bereit sei, mehr unternehmerisches Risiko zu tragen, weil er an das Potential seiner Unternehmung glaube. Gleichzeitig sind der Aufwand und die Kosten für die Gründung einer Einzelunternehmung geringer als bei einer GmbH.
Entscheidende Erfolgsfaktoren
Doch zurück zur ACA: Ein entscheidender Erfolgsfaktor war auch, dass die Belegschaft der ACA bis zur Verkündung des erfolgreichen Verkaufs an Bord geblieben ist. Denn ohne Mitarbeitende kann auch die beste Gastronomiesanierung nicht funktionieren. In der Gastronomie, aber auch der Hotellerie kommt es bei Sanierungen zudem auf Schnelligkeit an. Im sogenannten Insolvenzgeldzeitraum – in der Regel die drei Monate nach dem Insolvenzantrag – sind die Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden über das Insolvenzgeld abgesichert. Der Gastronomiebetrieb kann also bis zu drei Monate ohne Personalkosten wirtschaften und sich ein finanzielles Sanierungspolster erarbeiten. Dass dies möglich ist, ist ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor. Denn im eröffneten Verfahren muss der Geschäftsbetrieb wieder unter Vollkosten laufen und die Löhne und Gehälter müssen wieder aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erwirtschaftet werden. Wenn dieser Schritt erfolgreich geschafft wurde, ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg aus dem Verfahren erreicht, und im Idealfall ist dann auch bereits ein Übernehmer gefunden oder der bisherige Inhaber kann die Sanierung mit neuen Finanzmitteln aus eigener Kraft stemmen.
Der Insolvenzgeldzeitraum ist in der Gastronomie und der Hotellerie aber auch deshalb so wichtig, da der reguläre Restaurantbetrieb oftmals schwer zu planen ist. Man weiß ja, wenn man Veranstaltungen und Reservierungen ausklammert, nur bedingt, wie viele Gäste ins Restaurant kommen. Zudem gibt es Zeiten im Jahr – etwa nach dem Jahreswechsel oder im Spätherbst, die weniger umsatzstark sind als etwa die Weihnachtszeit oder der Sommer mit der Außengastronomie.
Grundsätzlich gilt: Wenn das Restaurant im eröffneten Verfahren – wenn das Insolvenzgeld ausgelaufen und der Geschäftsbetrieb wieder unter Vollkosten läuft – keine Verluste mehr erwirtschaftet, und bereits klar oder absehbar ist, dass es einen Übernehmer oder neue Finanzmittel des bisherigen Inhabers geben wird, kann der Geschäftsbetrieb in Abstimmung mit den Gläubigern bis zur Übernahme aufrechterhalten und saniert werden. Eine solche Lösung ist für alle Beteiligten die beste.

Sanierung und Restrukturierung nach Plan
Bei der Restrukturierung und Sanierung eines Unternehmens aus der Gastronomiebranche, aber auch der Hotellerie handelt es sich immer um eine Sondersituation. Daher ist es wichtig, die einzelnen Instrumente und Verfahren und ihre Besonderheiten zu kennen, um sich anschließend für die richtige Vorgehensweise entscheiden zu können:
- Zum einen gibt es im klassischen Insolvenzrecht das sogenannte Regelinsolvenzverfahren.
- Aber auch die Eigenverwaltung, also die Sanierung in eigener Regie, und das Schutzschirmverfahren, eine Sonderform der Eigenverwaltung, bieten die Möglichkeit, ein Unternehmen aus der Gastronomiebranche oder der Hotellerie neu auszurichten.
- Seit dem 1. Januar 2021 gibt es darüber hinaus die Möglichkeit einer sogenannten StaRUG-Restrukturierung. Dieses neue, nicht-öffentliche Verfahren erleichtert es Unternehmen, sich einfacher als bislang finanzwirtschaftlich zu restrukturieren – und zwar noch bevor sie zahlungsunfähig werden. Ein Insolvenzverfahren kann auf diese Weise vermieden werden.
Bei der Entscheidung für ein Verfahren spielen die individuellen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens und seine Größe eine Rolle. Denn grundsätzlich gilt, dass Eigenverwaltungen, Schutzschirmverfahren oder StaRUG-Restrukturierungen wegen der damit verbundenen Kosten erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße realistisch angewandt werden können. Wenn sie professionell vorbereitet und durchgeführt werden, bieten die genannten Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren einen verlässlichen Rahmen, um notwendige Veränderungsprozesse in kurzer Zeit umzusetzen.
Sowohl Regel- als auch Eigenverwaltungsverfahren lassen sich mit einem Insolvenzplan abschließen, einer Art gerichtlichem Vergleich mit den Gläubigern. Eine StaRUG-Restrukturierung wird mit einem Restrukturierungsplan abgeschlossen, der einem Insolvenzplan ähnlich ist.
Der Vorteil: Durch den Restrukturierungs- bzw. Insolvenzplan soll in der Regel die Gesellschaft des Unternehmens aus der Gastronomiebranche, aber auch der Hotellerie erhalten bleiben. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, da die Gesellschafter in einem solchen Fall einen größeren Anreiz haben, sich am Erhalt des Unternehmens (finanziell) zu beteiligen und an der Gesellschaft – dem sogenannten Rechtsträger – in der Regel die Mietverträge mit dem oder den Verpächter(n) hängen.