Erfolgsfaktor Sanierung: In zwei Schritten zur Sanierung

22. Oktober 2025 Blog Insolvenzrecht Restrukturierung und Sanierung Wirtschaftsrecht

Von der Eigenverwaltung über die vorgeschaltete Verpachtung hin zu einem kompletten Übertrag der Vermögenswerte mit langfristiger Perspektive für das Unternehmen – so eine Sanierung wie die des Stendaler Metallverarbeiters JS Lasertechnik sieht man nicht aller Tage. Der Insolvenzverwalter und die beiden Führungskräfte, die das Unternehmen im Rahmen eines Management Buy Outs (MBO) übernommen haben, geben einen Einblick in das Verfahren, bei dem es vor allem auf Teamwork zwischen den Beteiligten ankam. Der achte Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“.

Mehr als die Summe seiner Teile 

Ein Unternehmen ist immer mehr als die Summe seiner Teile. Das wird besonders deutlich, wenn man sich als Beispiel JS Lasertechnik im sachsen-anhaltischen Stendal anschaut. Gegründet im Jahre 2007 hat sich das Unternehmen zu einem zentralen Dienstleister für professionelle Metall- und Edelstahlverarbeitung entwickelt – mit Leistungen von Laserschneiden über Oberflächenbearbeitung bis hin zu Schweißarbeiten und Montage. Alles komplexe Gewerke, bei denen es auf Präzision und Professionalität ankommen. Und alles Gewerke, mit denen die JS Lasertechnik der Anlaufpunkt für Kunden aus der Region, aber auch darüber hinaus geworden ist. 

Zweistufiges Vorgehen aus Verpachtung und Verkauf 

Umso schmerzhafter war dann die Insolvenz – und umso schöner ist es, wenn eine Rettung gelingt. Im Fall von JS Lasertechnik reichte da jedoch nicht nur eine solide Strategie. „Was es brauchte, war auch eine gute, enge und vor allen Dingen vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten,“ sagt Insolvenzverwalter Rüdiger Bauch, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei Schultze & Braun. „So konnte das Unternehmen in einem zweistufigen Vorgehen aus Verpachtung und Verkauf nicht nur gerettet, sondern wieder auf gesunde Beine gestellt werden – inklusive Rettung der rund 30 Arbeitsplätze.“ 

Jens Schumacher hatte die JS Lasertechnik im Jahr 2007 gegründet und in Stendal etabliert. Dennoch musste er nach 17 Jahren erfolgreichem Betrieb im März 2024 Insolvenz anmelden. Umsatzeinbrüche, unter anderem durch die Auswirkungen der Corona-Krise, hatten dies unumgänglich gemacht. Eine Sanierung in Eigenverwaltung sollte gelingen. Die Chancen standen gut. 

Sondersituation in der Sondersituation 

Doch ein Schicksalsschlag veränderte alles. Jens Schumacher verstarb überraschend im Mai 2024. Ein enormer Schock für alle Mitarbeiter ebenso wie für alle am Verfahren beteiligten Personen – und eine ernste Thematik für die Sanierungsbemühungen. „Eine Sanierung in eigener Regie ist immer an die Person des Unternehmers gekoppelt“, sagt Rüdiger Bauch. „So war durch Herr Schumachers tragischen Tod nicht nur ein geliebter Mensch und geschätzter Unternehmer plötzlich nicht mehr da, sondern auch das rechtlich nötige Zentrum für die laufende Sanierung in eigener Regie.“ Doch trotz der Sondersituation in der Sondersituation Insolvenz war für alle Beteiligten klar, dass sie gerade jetzt weitermachen und alle Sanierungsbemühungen fortsetzen würden. 

Mit Blick auf die bisherigen Entwicklungen und die Unternehmensfakten fiel die Entscheidung auf die Suche nach einem Investor, um die JS Lasertechnik in dieser Ausnahmesituation möglichst verlässlich zu stabilisieren und fit für die Zukunft zu machen. Rüdiger Bauch wurde in seiner Rolle als Insolvenz- und Nachlassverwalter dabei von dem Diplom-Wirtschaftsjuristen Nico Kämpfert und seinem Team von der auf unternehmerische Sondersituationen spezialisierten INNOVATIS unterstützt, die bereits im Eigenverwaltungsverfahren beratend tätig waren. 

Schritt eins: Verpachtung

Gefunden wurden die richtigen Investoren dann aber nicht außerhalb, sondern im Führungskreis der JS Lasertechnik selbst. Gordon Albrecht und Marco Zumpe, die bereits als Führungskräfte im Unternehmen tätig waren und dabei sehr eng mit dem verstorbenen Unternehmensgründer zusammengearbeitet hatten, glaubten an das Potential des Unternehmens und entschieden sich, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. „Ihr Konzept hat mich direkt überzeugt,“ sagt Rüdiger Bauch. Ein Plan war geboren. 

Der Kern dieses Plans war und ist ein sogenannter Management Buy Out, kurz MBO. Allerdings verfügten Albrecht und Zumpe nicht direkt über ausreichende finanzielle Mittel, um die zahlreichen Vermögenswerte der JS Lasertechnik zu übernehmen. Deshalb schloss Rüdiger Bauch mit den beiden zunächst einen Pachtvertrag für den Geschäftsbetrieb. Damit konnte planmäßig der Zeitraum überbrückt werden, der für die Ausarbeitung der Finanzierung für den Erwerb notwendig war. 

Schritt zwei: Verkauf

Der Plan ging auf: Eine Finanzierungslösung gefunden werden, die Gordon Albrecht und Marco Zumpe die vollständige Übernahme aller Vermögenswerte ermöglichte. Das Ergebnis: Das Fundament für den langfristigen Geschäftsbetrieb der JS Lasertechnik war gesichert. Möglich machte dies auch die enorme Flexibilität, der große Einsatz und auch die persönliche Einbindung aller an dem Verfahren beteiligten Personen. 

Vom Management Buy Out zur gesicherten Zukunft

Mitte Juli 2025 war es dann so weit: Die neue „JS Lasertechnik GmbH“ ersetzte die „alte JS Lasertechnik“ und der notwendige Kaufvertrag über die Immobilie, das bewegliche Anlagevermögen, das geistige Eigentum sowie die Materialvorräte wurde geschlossen. Damit ist die Zukunft für das Unternehmen und die berufliche Sicherheit für die Angestellten gewährleistet. Rüdiger Bauch ist zufrieden: „Ein Erfolg auf ganzer Linie, auch in doppelter Hinsicht: Durch den Kaufpreis ist einerseits die Insolvenzmasse gestiegen, aus der die Forderungen der Gläubiger anteilig bedient werden. Außerdem hat das Unternehmen überlebt und die Geschäftspartner können auch in Zukunft mit der JS Lasertechnik Geschäfte machen und sich auf ihre hochwertigen Leistungen verlassen.“ 

Ungemein effektiv

Und das tun sie mit großem Nachdruck: Seit der Verpachtungs-Übernahme durch Albrecht und Zumpe im Herbst 2024 hat sich das Geschäft der JS Lasertechnik positiv entwickelt. „Wir sehen das als Bestätigung für unseren Weg und die Qualität unseres Leistungsspektrums sowie unserer guten Geschäftsbeziehungen zu unseren Kunden und Lieferanten, aber auch das Engagement und den Einsatz unserer Mitarbeitenden“, sagen Albrecht und Zumpe. 

Es zeigt sich: Eine Sanierung in zwei Schritten kann ungemein effektiv sein, um ein Unternehmen zu erhalten. Allerdings setzt sie voraus, dass das Unternehmen auf der einen Seite genug Potenzial hat, überhaupt langfristig zu gesunden und erfolgreich zu sein. Auf der anderen Seite setzt sie ein ungemeines Vertrauensverhältnis zwischen den Akteuren voraus. 

JS Lasertechnik: Zu den Dienstleistungen des 2007 gegründeten Spezialisten für professionelle Edelstahl- und Metallverarbeitung aus Stendal zählen Laserschneiden, Rohrlasern, CAD-Dienstleistungen, Blechbearbeitung und Oberflächenbearbeitung. Bedient werden großteils Kunden aus der Region. 



Rüdiger Bauch

ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun. Er wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen an verschiedenen Gerichten bestellt und hat bereits zahlreiche Unternehmen bei ihren Sanierungen begleitet.