Cura Italia – 25 Milliarden Euro für die Behandlung des italienischen Patienten
Diesem Ziel dient das als Cura Italia – Kur für Italien – bezeichnete Gesetzesdekret Nr. 18, das am 17.3.2020 im Amtsblatt veröffentlicht worden und unmittelbar in Kraft getreten ist.
In fünf Abschnitten und insgesamt 127 Artikeln werden Maßnahmen im Werte von 25 Milliarden Euro für die Ertüchtigung des nationalen Gesundheitssystems und die wirtschaftliche Unterstützung von Familien, Arbeitnehmern sowie Unternehmen vorgesehen, um dem italienischen Patienten aufzuhelfen.
In aller Kürze ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen:
1. Maßnahmen steuerlicher Natur
Die Maßnahmen differenzieren nach der Unternehmenstätigkeit, dem im Steuerjahr 2019 erzielten Umsatz und der Belegenheit des Sitzes in bestimmten Krisengebieten.
Zugunsten aller Rechtssubjekte mit (rechtlichem, steuerlichem oder operativem) Sitz in Italien sind in der Zeit vom 8.3 bis zum 31.5.2020 alle steuerlichen Obliegenheiten ausgesetzt; dies betrifft insbesondere die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2019 und die INTRASTAT-Meldungen betreffend die Monate Februar bis April 2020. Die Obliegenheiten sind bis spätestens 30.06.2020 nachzuholen. Die Verpflichtung zur Zahlung der Quellensteuern sowie der regionalen und kommunalen Steuereinbehalte bleibt ausdrücklich unberührt.
Zugunsten von Unternehmen des Beherbungs- und Bewirtungsgewerbes, Reiseveranstaltern und Reisebüros sowie weiterer enumerativ aufgezählter Krisenbranchen (Kino, Theater, Messeveranstalter, Museen, Kinderbetreuung etc.) mit (rechtlichem, steuerlichem oder operativem) Sitz in Italien gelten zusätzlich folgende Vergünstigungen:
- die in der Zeit vom 2.3 bis zum 30.4.2020 fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen betreffend Steuereinbehalte und Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen werden ausgesetzt;
- im Monat März fällig werdende Umsatzsteuerzahlungsverpflichtungen (insbesondere: Jahresumsatzsteuer 2019, Umsatzsteuer Februar 2020) werden ausgesetzt.
Die Zahlungen sind bis spätestens 31.5.2020 ohne Zinsen und Säumniszuschlägen nachzuholen; ratierliche Zahlung in bis zu fünf Monatsraten beginnend ab Mai 2020 ist möglich.
Zugunsten aller Unternehmer, Handwerker oder Freiberufler mit (rechtlichem, steuerlichem oder operativem) Sitz in Italien und einem Umsatz im Steuerjahr 2019 von weniger als 2.000.000 Euro sind folgende in der Zeit vom 8.3 bis zum 31.3.2020 fällig werden Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt.
- Zahlungsverpflichtungen betreffend Steuereinbehalte und Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen;
- Umsatzsteuer.
Die Zahlungen sind bis spätestens 31.5.2020 ohne Zinsen und Säumniszuschlägen nachzuholen; ratierliche Zahlung in bis zu fünf Monatsraten beginnend ab Mai 2020 ist möglich.
Für Unternehmer mit Sitz in den Krisenregionen Bergamo, Cremona, Lodi und Piacenza gilt die Aussetzung der Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer unabhängig von den im Steuerjahr 2019 erzielten Umsätzen. Die Zahlungen sind bis spätestens 31.5.2020 ohne Zinsen und Säumniszuschlägen nachzuholen; ratierliche Zahlung in bis zu fünf Monatsraten beginnend ab Mai 2020 ist möglich.
Für alle Rechtssubjekte mit Sitz in den zuerst vom Corona-Virus betroffenen Gemeinden in der sog. „roten Zone“ in der Lombardei und im Veneto (Bertonico, Casalpusterlengo, Castelgerundo, Castiglione D'Adda, Codogno etc.) sind in der Zeit vom 21.2.2020 bis zum 31.3.2020 alle steuerlichen und abgabenrechtlichen Obliegenheiten einschließlich Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt. Die Zahlungen sind bis spätestens 31.5.2020 ohne Zinsen und Säumniszuschlägen nachzuholen; ratierliche Zahlung in bis zu fünf Monatsraten beginnend ab Mai 2020 ist möglich.
Die vorstehenden Maßnahmen werden durch folgende Bestimmungen flankiert:
- in der Zeit vom 8.3 bis zum 31.5.2020 werden die Maßnahmen der Steuerfahndung und –vollstreckung ausgesetzt;
- in der Zeit vom 8.3 bis zum 31.5.2020 sind Zahlungsverpflichtungen aus Steuerbescheiden ausgesetzt; die Zahlungen sind binnen eines Monats nach Ablauf der Aussetzung zu entrichten:
- Unternehmen wird eine Steuergutschrift in Höhe von 60% des im Monat März entrichteten Gewerbemietzinses für Ladenlokale und Werkstätten gewährt;
- Unternehmen wird eine Steuergutschrift in Höhe von 50% der für die Hygienisierung von Räumen und Arbeitsmitteln aufgewandten Beträge gewährt.
2. Maßnahmen zur Stützung der Arbeitswelt
- Änderungen des Kurzarbeitergesetzes (Verfahren der Inanspruchnahme vereinfacht, Erweiterung des Anwendungsbereichs auf alle Unternehmen, maximale Dauer der Inanspruchnahme: 9 Wochen);
- Einmalzahlung in Höhe von 600,00 Euro für Freiberufler und freie Mitarbeiter, landwirtschaftliche Arbeiter und Arbeitnehmer der Unterhaltungsbranche;
- maximal 15-tägige Freistellung bei 50%iger Gehaltsfortzahlung für Arbeitnehmer mit Kindern, die nicht älter als 12 Jahre sind; alternativ können die Familien einen “Bonus” in Höhe von 600,00 Euro für die Inanspruchnahme von Betreuungsdienstleistungen beantragen (für Arbeitnehmer im Heilbehandlungssektor beläuft sich der Bonus auf 1.000,00 Euro);
- Beschränkung der Kündigungsrechte der Arbeitgeber (Massenentlassungen und Entlassungen aus betriebsbedingten Gründen sind auf die Dauer von 60 Tagen verboten).
3. Maßnahmen zur Stützung der Unternehmen
Das Dekret sieht Maßnahmen zur Stützung der Liquidität vor:
- kleinen und mittleren Unternehmen soll die Inanspruchnahme von Bankkrediten dadurch ermöglicht werden, dass seitens des “Zentralen Garantiefonds für kleine und mittlere Unternehmen” (Fondo centrale di garanzia PMI) unentgeltliche Kreditsicherheiten für Darlehen bis zu 5.000.000 Euro gewährt werden;
- des Weiteren ist die Bereitstellung von Bürgschaften und Umschuldungen zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen vorgesehen; auch können kleinste, kleine und mittlere Unternehmen auf Antrag erlangen, dass ihnen gewährte Darlehen und Darlehenslinien bis zum 30.9.2020 nicht gekündigt und Kredit- sowie Leasingzahlungsverpflichtungen ausgesetzt werden; die hiervon betroffenen Banken erlangen ihrerseits eine Sicherung über einen speziellen Kreditsicherungsfonds;
- besondere Maßnahmen zur Entschädigung sind außerdem für Luftfahrtgesellschaften sowie Unternehmen der Unterhaltungs- und Veranstaltungsbranche vorgesehen.
4. Maßnahmen betreffend die Justiz
In der Zeit vom 9.3. bis zum 15.4.2020 werden in allen Zivil- und Strafverfahren die mündlichen Verhandlungen von Amts wegen verlegt. Alle zivil- und strafprozessualen Fristen sind ausgesetzt; dies betrifft auch Rechtsmittelfristen.
***
Es ist abzusehen, dass die Cura Italia nicht ausreichen wird, um die dramatischen wirtschaftlichen Folgen abzufedern, die von den drastischen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus ausgehen. Die Regierung hat deswegen bereits angekündigt, dass im April ein weiteres Dekret folgen werde.
Dr. Sara Puglia Mueller, Dottore Commercialista e Revisore Contabile (Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin, zugelassen in Italien)
Newsletter abonnieren
Unsere Experten informieren Sie gerne zu den Themen Rechts- und Steuerberatung, Restrukturierung sowie Insolvenzverwaltung. Sie möchten regelmäßig Informationen über interessante rechtliche und steuerliche Entwicklungen erhalten?
Herausgeber
Schultze & Braun GmbH & Co. KG
Eisenbahnstr. 19-23, 77855 Achern
Tel: 07841 708-0
Fax: 07841 708-301
www.schultze-braun.de
Redaktion
Susanne Grefkes, Schultze & Braun GmbH & Co.KG,
Eisenbahnstr. 19-23, 77855 Achern
Tel: 07841 708-0
Fax: 07841 708-301
Der Speicherung und Verwendung Ihrer Daten zu Werbezwecken können Sie jederzeit formlos widersprechen.