Finanzielle Schwierigkeiten: Sanierung? Ja, aber mit Plan!

Geraten Ärzte, Zahnärzte oder Kieferorthopäden in finanzielle Schwierigkeiten, gelten für sie Besonderheiten, die eine Sanierung grundsätzlich einfacher als bei anderen freien Berufen ermöglichen. Was diese Besonderheiten sind und was sonst noch zu beachten ist, erläutert Alexander Eggen von Schultze & Braun.
Inhaltsverzeichnis
3. Wie ein Insolvenzverfahren eines Arztes, Zahnarztes oder Kieferorthopäden abläuft
4. Was sich mit der Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens ändert
5. Was mit der Approbation und der kassenärztlichen Zulassung im Insolvenzverfahren passiert
6. Die Möglichkeiten in der Insolvenzordnung, das Insolvenzverfahren schnell zu beenden
Herr Eggen, ein Insolvenzverfahren ist für jeden Unternehmer ein Thema, das er unter allen Umständen vermeiden möchte. Das ist bei Freiberuflern, wie beispielsweise Kieferorthopäden oder Zahnärzten, nicht anders. Sie raten aber trotzdem dazu, sich im Fall der Fälle lieber zu früh als zu spät insolvenzrechtlich beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Insolvenzantrag zu stellen. Warum?
Eggen: Bei einer rechtzeitigen insolvenzrechtlichen Beratung und einem sich gegebenenfalls anschließenden Insolvenzverfahren schafft man sich selbst ausreichend Handlungsspielräume für eine erfolgreichen Sanierung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Insolvenzverfahren nicht automatisch das „Aus“ für einen Unternehmer bedeuten, sondern einen nachhaltigen Neuanfang ermöglichen, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen. Unzutreffend ist also die leider noch immer sehr weit verbreitete Vorstellung, dass ein Insolvenzverfahren automatisch das Ende der ärztlichen Tätigkeit ist. Zudem lohnt ein Blick auf die Gründe, die in der Regel bei Freiberuflern, wie beispielsweise Kieferorthopäden oder Zahnärzte, zu einem Insolvenzverfahren führen. Diese Berufsgruppen geraten in der Regel selten aufgrund interner Faktoren in eine finanzielle Schieflage. Zumeist sind äußere Umstände der Auslöser.
Was können das für äußere Umständen sein?
Eggen: Das können eine Scheidung oder der Ausstieg aus der gemeinsam geführten Praxis, aber auch das „Einkaufen“ in eine Praxisgemeinschaft sein, bei der sich die Gewinnerwartungen dann nicht realisieren. Im Umkehrschluss bedeutet das: Gerade bei akademisch ausgebildeten Freiberuflern wie zum Beispiel Kieferorthopäden oder Zahnärzten ist es in der Regel so, dass ihre originäre berufliche Tätigkeit kostendeckend ist. Die Voraussetzungen für einen finanziellen Neustart mit Hilfe der Instrumente des Insolvenzrechts sind also grundsätzlich gut.
Wie läuft eigentlich so ein Insolvenzverfahren eines Arztes, Zahnarztes oder Kieferorthopäden ab?
Eggen: In zeitlicher Hinsicht ist zwischen dem vorläufigen Verfahren, das dem eigentlichen Insolvenzverfahren vorgeschaltet ist, und dem sich dann anschließenden eröffneten Insolvenzverfahren zu unterscheiden. Während des sogenannten vorläufigen Insolvenzverfahrens wird der vorläufige Insolvenzverwalter den Praxisbetrieb gemeinsam fortführen. Vereinfacht ausgedrückt: Der Arzt kümmert sich um den ärztlichen Part und der vorläufige Verwalter um den betriebswirtschaftlichen Part des Praxisbetriebs. In der Regel merken die Patienten oftmals gar nicht, dass der Arzt sich im vorläufigen Insolvenzverfahren befindet. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind bis zu drei Monate über das Insolvenzgeld abgesichert. Unter anderem deswegen lohnt sich eine rechtzeitige Antragsstellung, weil man dann den vollen Zeitraum ausschöpfen kann.
Was ändert sich dann mit der Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens?
Eggen:Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss der Insolvenzverwalter nun die Vermögenswerte des Arztes verwerten, also verkaufen. Auf den Insolvenzverwalter geht dazu die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über. Das betrifft aber nur diejenigen Vermögenswerte, die zur Insolvenzmasse gehören. Da sich im Regelfall der Praxisbetrieb rechnet, wird der Insolvenzverwalter auch nach Eröffnung den Betrieb mit dem Arzt gemeinsam fortführen.
Was passiert mit der Approbation und der kassenärztlichen Zulassung im Insolvenzverfahren?
Eggen: Bei Insolvenzen von Freiberuflern gibt es nicht nur einen wichtigen, sondern den entscheidenden Punkt: Die Zulassung. Und hier gibt es eine positive Besonderheit für Ärzte und Kieferorthopäden. Für viele andere Freiberufler ist in deren Berufsrecht geregelt, dass bei einem Vermögensverfall die Zulassung widerrufen werden oder dies zumindest geprüft werden muss. Ein Insolvenzverfahren ist der klassische Fall des Vermögensverfalls. Das Berufsrecht der Ärzte sieht aber eine derartige Regelung nicht vor. Grund für diese Ausnahme ist, dass Ärzten keine Vermögensbetreuungspflichten obliegen. Das bedeutet, dass durch das Insolvenzverfahren an sich kein Widerruf der Approbation oder kassenärztlichen Zulassung droht. Dieser Umstand verschafft Ärzten einen echten Startvorteil bei ihren Sanierungsmöglichkeiten. Zudem fällt weder die kassenärztliche Zulassung noch der zugewiesene Vertragsarztsitz bei selbstständig tätigen Ärzten in die Insolvenzmasse. Bei der kassenärztlichen Zulassung handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht (das nicht Bestandteil der Insolvenzmasse ist) und das zudem untrennbar mit dem Vertragsarztsitz verbunden ist.
Gibt es Möglichkeiten in der Insolvenzordnung, das Insolvenzverfahren schnell zu beenden?
Eggen: Über den sogenannten Insolvenzplan. Mit dem Insolvenzplan wird den Gläubigern eine Art Vergleich angeboten, bei dem sie eine bessere und schnellere Quote als bei Durchlaufen des gesamten Insolvenzverfahren erhalten. Im Gegenzug verzichten die Gläubiger dann auf ihre restlichen Forderungen. Wenn die Gläubiger dem Insolvenzplan zustimmen und das Insolvenzgericht den Plan bestätigt, erfolgte eine vorzeitige Entschuldung. Das Insolvenzverfahren ist dann beendet. Dies kann – bei guter Vorbereitung und rechtzeitiger Insolvenzantragsstellung – bereits wenige Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall sein.
Alexander Eggen
ist Rechtsanwalt bei Schultze & Braun. Er leitet den Frankfurter Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei und wird in der Rhein-Main-Region an unterschiedlichen Gerichten als Insolvenzverwalter bestellt. Eines seiner Spezialgebiete ist die Unternehmenssanierung.