Worauf Arbeitgeber bei befristeten Arbeitsverhältnissen achten sollten

Befristete Arbeitsverhältnisse sind im Arbeitsrecht zwar grundsätzlich klar geregelt, erläutert Franz Orth, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun. Unternehmen sollten aber gleichwohl die Besonderheiten im Blick haben, um Fehler zu vermeiden und Risiken für sich als Arbeitgeber, aber auch für ihre (befristeten) Arbeitnehmer, zu minimieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen?
2. Wo liegen Fehlerquellen und welche Folgen hat ein Fehler bei der Befristung?
3. Welche Unterschiede gibt es zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen?
5. Können sich die Sachgründe nach Unternehmensgröße oder Branchen unterscheiden?
6. Wie lange darf eine Befristung mit Sachgrund dauern?
7. Wie lange darf eine Befristung ohne Sachgrund dauern?
8. Worauf müssen Arbeitgeber bei Befristungen ohne Sachgrund noch achten?
Herr Orth, welche gesetzlichen Grundlagen gibt es bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen?
Orth: Grundsätzlich gilt, dass Arbeitsverhältnisse vom Arbeitgeber nicht frei nach Belieben befristet werden können. Die Voraussetzungen der befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmern sind in dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge, kurz TzBfG, geregelt. In § 14 TzBfG sind die Voraussetzungen für die Befristung von Arbeitsverhältnissen aufgeführt. In diesem Zusammenhang gibt es formelle und materielle Voraussetzungen.
Wo liegen Fehlerquellen und welche Folgen hat ein Fehler bei der Befristung?
Orth: Fehler können natürlich überall passieren. Der Großteil der Fehler unterläuft auf Arbeitgeberseite allerdings meiner Erfahrung nach bei den formellen Voraussetzungen. Eine unwirksame Befristung ist deshalb mit Risiken und Kosten für den Arbeitgeber verbunden, weil der vermeintlich befristete Arbeitsvertrag sich dann kraft Gesetzes in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umwandelt. Das ist bei Vertragsabschluss aber ja gerade nicht gewünscht.
Welche Unterschiede gibt es zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen?
Orth: In beiden Fällen handelt es sich um ganz normale Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten, insbesondere Urlaubsansprüche, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Mutterschutz oder Elternzeit, um nur vier Beispiele zu nennen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der befristete Arbeitsvertrag zu einem vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt automatisch endet, der unbefristete dagegen, wie der Name schon sagt, nicht. Mittlerweile sind übrigens in den meisten Arbeits- oder Tarifverträgen Klauseln enthalten, dass die Arbeitsverhältnisse spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze automatisch enden; dies ist ebenfalls als Befristung zu qualifizieren.
Wenn eine Befristung des Arbeitsverhältnisses gewünscht ist, zwischen welchen Arten kann man wählen?
Orth: Um ein Arbeitsverhältnis wirksam zu befristen, kommen zwei Varianten in Betracht: entweder liegt einer der im Gesetz genannten Sachgründe vor, mit dem das Arbeitsverhältnis kalendermäßig oder für einen bestimmt Zweck befristet wird, oder der Arbeitsvertrag wird ohne Sachgrund kalendermäßig befristet.
Können sich die Sachgründe nach Unternehmensgröße oder Branchen unterscheiden?
Orth: Nein, die Sachgründe sind im Gesetz abschließend und relativ klar definiert, ein Arbeitgeber kann sich nicht aussuchen, was für ihn ein Sachgrund ist. Klassische Sachgründe sind beispielsweise saisonale Tätigkeiten, wie die Tätigkeit als Skilehrer oder Biergartenmitarbeitender, oder die vielfachen Mutterschutz- beziehungsweise Elternzeitvertretungen. Wenn etwa eine Mitarbeiterin einen Antrag auf Elternzeit für die Dauer von zunächst zwei Jahren stellt, dann kann sich der Arbeitgeber für diesen befristeten Zeitraum um personellen Ersatz kümmern. In der Regel will er aber niemanden dauerhaft für diese Zeit einstellen, weil im Falle der Rückkehr der Vertretenen in das Arbeitsleben ein Personalüberhang entstünde. Eine andere Möglichkeit einer Sachgrundbefristung ist auch die Vertretung eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers, für dessen Vertretung der Arbeitgeber die Befristung nicht nach einem Kalenderdatum, sondern nach dem Zweck, das heißt der Dauer der Erkrankung, bestimmen müsste. Wegen der mit der Zweckbefristung einhergehenden potenziellen Ungewissheit über den genauen Beendigungszeitpunkt ist es zudem erforderlich, dass der konkrete Zweck im Befristungsvertrag möglichst genau beschrieben wird. So stellt sich etwa bei einer Krankheitsvertretung die Frage, ob die befristete Beschäftigung der Vertretung nur enden soll, wenn der erkrankte Mitarbeiter an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, oder auch, wenn das Arbeitsverhältnis des Erkrankten endet?
Wie lange darf eine Befristung mit Sachgrund dauern?
Orth: Mit Sachgrund befristete Arbeitsverhältnisse laufen im Ergebnis oftmals viele Jahre. Sie können auch mehrfach nacheinander mit unterschiedlichen Sachgründen abgeschlossen werden, soweit kein Missbrauch vorliegt. Selbst innerhalb eines Befristungszeitraums kann der Sachgrund wechseln, also beispielsweise von einer Elternzeitvertretung zu einer Projektarbeit. Sofern es während den Befristungen für jeden Zeitpunkt einen gesetzlich geregelten sachlichen Grund gibt, sind solche Kettenbefristungen grundsätzlich zulässig.
Wie lange darf eine Befristung ohne Sachgrund dauern?
Orth: Die einfache Grundregel lautet: Eine Befristung ohne Sachgrund darf maximal zwei Jahre dauern. Und jetzt konzentrieren Sie sich bitte, um mir zu folgen: Läuft der Vertrag kürzer, darf er vom Arbeitgeber verlängert werden, aber höchstens dreimal, und die Gesamtzeit von zwei Jahren darf dadurch weiterhin nicht überschritten werden.Zudem gibt es gesetzliche Sonderregelungen, etwa für Unternehmen in der Zeit kurz nach ihrer Gründung und für solche, die ältere Arbeitnehmer befristet einstellen wollen. Sie sehen: Die Regelungen für die Befristung von Arbeitsverträgen sind mitunter so komplex und vielschichtig wie die Suche nach Mitarbeitenden in Zeiten des Fachkräftemangels.
Worauf müssen Arbeitgeber bei Befristungen ohne Sachgrund noch achten?
Orth: Für eine wirksame sachgrundlose Befristung darf in der Vergangenheit nicht schon einmal ein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber bestanden habe. Erfahrungsgemäß ist dies gerade für klein- und mittelständische Unternehmen ein oft schwierig zu prüfender Aspekt, denn darüber gibt es häufig entweder keine Aufzeichnungen mehr oder sie sind nicht so verfügbar, dass es einfach zu überprüfen wäre. Wie viele Jahre die vorherige Beschäftigung beim selben Arbeitgeber zurückliegen kann, wurde von Gerichten immer wieder diskutiert. Mittlerweile ist entschieden, dass es grundsätzlich kein früheres Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber gegeben haben darf, egal wie lange dies zurückliegt. Ausnahmen wurden nur für Extremfälle erlaubt. Was das bedeutet, lässt sich am besten mit einem Beispiel veranschaulichen: Also, wenn Michaela vor 13 Jahren schon einmal bei der „Startup 2000 GmbH“ angestellt war und jetzt wieder eingestellt werden soll, dann bestand mit dem Arbeitgeber in der Vergangenheit schon mal ein Arbeitsverhältnis. Deshalb kann sie nicht mehr befristet ohne Sachgrund eingestellt werden, sondern die Startup 2000 GmbH bräuchte für eine wirksame Befristung jetzt einen Sachgrund, wie etwa eine zum Arbeitsplatz passende Elternzeitvertretung oder einen der Sachgründe aus dem Katalog des § 14 Absatz 1 TzBfG.
Eingangs haben Sie bereits die Fehlerquellen bei Befristungen angesprochen. Können Sie weitere Punkte beschreiben, um Fehler zu vermeiden?
Orth: Im Unterschied zu dauerhaften Arbeitsverhältnissen, die man auch mündlich oder konkludent, beispielsweise in einem „Business-Talk“ auf einer Feier oder per Handschlag, schließen könnte, ist es bei Befristungen essenziell, dass der befristete Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen wird. Zudem muss er vor dem ersten Arbeitstag abgeschlossen werden. Duldet der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer schon eine Arbeitsleistung erbringt, und wird der Befristungsvertrag erst danach unterzeichnet, gilt das Arbeitsverhältnis bereits als unbefristet eingegangen. Auch wenn ein Arbeitnehmer nach Auslaufen des befristeten Vertrages ohne entsprechende schriftliche Verlängerung nur einen Tag länger arbeitet, entsteht dadurch grundsätzlich automatisch ein unbefristeter Vertrag. Bei einem befristet geplanten Arbeitsverhältnis führt also jede Verspätung und jede Abweichung von der zuvor definierten Befristung kraft Gesetzes zu einer Entfristung. Im Streitfall muss dies rechtzeitig vor einem Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Deshalb empfehle ich, bei einem befristeten Arbeitsverhältnis zur Klarheit für alle Beteiligten möglichst ein klares Enddatum im Vertrag festzulegen und insbesondere am Anfang und am Ende der Befristung den Arbeitseinsatz im Blick zu behalten, um bei Bedarf einschreiten zu können.
Nach dem gesetzlichen Leitbild sollen unbefristete Arbeitsverhältnisse den Regelfall darstellen und Befristungen nur in Ausnahmefällen zulässig sein. Trotzdem hat statistisch gesehen jeder dreizehnte Arbeitsvertrag ein Befristungsdatum. Warum?
Orth: Der Anteil von befristeten Arbeitsverhältnissen ist deshalb nicht nur unbeachtlich gering, weil sie aus Sicht der Unternehmen mitunter signifikante Vorteile mit sich bringen können. Befristete Arbeitsverhältnisse erhöhen die Flexibilität für das Unternehmen, ermöglichen die Schaffung neuer – und gegebenenfalls später unbefristeter – Arbeitsplätze und stellen eine Alternative zu Überstunden sowie zum Outsourcing einzelner Tätigkeiten dar. Infolge dieser positiven Faktoren machen zahlreiche Arbeitgeber vom gesetzlich gewährten Handlungsspielraum Gebrauch, um ihre Personalbedürfnisse auch kurzfristig an veränderte Marktbedingungen anpassen zu können. Daher sind Befristungen von Arbeitsverhältnissen gerade in wechselnden Marktsituationen ein oftmals gewähltes, probates Mittel.