Krise und Insolvenz von Geschäftspartnern in Italien: Frühzeitige Planung und Absicherung

24. November 2025 Blog Insolvenzrecht Restrukturierung und Sanierung Wirtschaftsrecht

Die direkte Qualifikation für die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 hat die Herren-Nationalmannschaft Italiens nicht geschafft. Beim Anstieg der Insolvenzen gehört Italien in diesem Jahr gleichwohl zur Weltspitze – mit dem Blick auf das deutsche Exportvolumen nach Italien von über 80 Milliarden Euro pro Jahr sollten sich Unternehmen hierzulande daher mit dem italienischen Insolvenzrecht und seinen Besonderheiten, aber auch der insolvenzfesten Bestellung von Sicherheiten befassen.

Neues Sanierungs- und Insolvenzrecht

Seit Sommer 2022 gibt es in Italien ein neues Sanierungs- und Insolvenzrecht und reformierte und neue Restrukturierungsverfahren, in denen im Allgemeinen die Position der in Italien ansässigen Schuldner im Fall einer finanziellen Schieflage im Vergleich zu früheren Verfahren gestärkt ist. „Die insolvenzfeste Bestellung von Sicherheiten bei Geschäften mit italienischen Partnern hat für deutsche Unternehmen daher eine ungemindert große Bedeutung.  Deutsche Unternehmen als Gläubiger italienischer Schuldner sollten sich beim Thema Sicherheiten nicht den berühmten Fußballer-Spruch „Mailand, Madrid – Hauptsache Italien“ zum Vorbild nehmen, sondern die Besonderheiten der italienischen Sicherheiten kennen und die Eigenarten des italienischen Sanierungs- und Insolvenzrecht im Blick haben.

Komprimierte Gläubigerinteressen

Zur frühzeitigen Krisenabwendung soll italienischen Unternehmen insbesondere das neue außergerichtliche Sanierungsverfahren (composizione negoziata della crisi) dienen, das italienische Unternehmen bereits seit Mitte November 2021 freiwillig nutzen konnten und das nun fester Bestandteil des italienischen Sanierungs- und Insolvenzrecht ist. 

„In diesem freiwilligen Verfahren wird das italienische Unternehmen von einem unabhängigen Sanierungsexperten begleitet. Es soll eine Krise frühzeitig überwinden können, weshalb bei diesem Verfahren die Schuldnerinteressen ins Zentrum gestellt und die Gläubigerinteressen komprimiert werden. Das Ziel des italienischen Gesetzgebers ist, dass die Unternehmen das Sanierungsverfahren so früh wie möglich nutzen – also, wenn die Belastungen im besten Fall noch gar nicht übermäßig sind.

Es ist aber auch möglich, dass insolvente Unternehmen das Verfahren durchlaufen – allerdings muss für sie dann noch eine Sanierungsperspektive gegeben sein. Zur frühzeitigen Erkennung der Krisenanzeichen hat das italienische Recht Meldemechanismen für qualifizierte institutionelle Gläubiger (Finanzamt und Sozialversicherungsbehörden) und Kreditinstitute eingeführt. Diese Gläubiger müssen dem Unternehmer festgelegte, ihnen zur Kenntnis gelangte Krisenanzeichen anzeigen.

Zur frühzeitigen Krisenabwendung soll italienischen Unternehmen insbesondere das neue außergerichtliche Sanierungsverfahren (composizione negoziata della crisi) dienen, das italienische Unternehmen bereits seit Mitte November 2021 freiwillig nutzen konnten und das nun fester Bestandteil des italienischen Sanierungs- und Insolvenzrecht ist. 

„In diesem freiwilligen Verfahren wird das italienische Unternehmen von einem unabhängigen Sanierungsexperten begleitet. Es soll eine Krise frühzeitig überwinden können, weshalb bei diesem Verfahren die Schuldnerinteressen ins Zentrum gestellt und die Gläubigerinteressen komprimiert werden. Das Ziel des italienischen Gesetzgebers ist, dass die Unternehmen das Sanierungsverfahren so früh wie möglich nutzen – also, wenn die Belastungen im besten Fall noch gar nicht übermäßig sind.

Es ist aber auch möglich, dass insolvente Unternehmen das Verfahren durchlaufen – allerdings muss für sie dann noch eine Sanierungsperspektive gegeben sein. Zur frühzeitigen Erkennung der Krisenanzeichen hat das italienische Recht Meldemechanismen für qualifizierte institutionelle Gläubiger (Finanzamt und Sozialversicherungsbehörden) und Kreditinstitute eingeführt. Diese Gläubiger müssen dem Unternehmer festgelegte, ihnen zur Kenntnis gelangte Krisenanzeichen anzeigen.

Forderungen im wirtschaftlichen Abseits

Durchläuft ein italienischer Geschäftspartner – insolvent oder nicht – das außergerichtliche Sanierungsverfahren, bedeutet das für deutsche Unternehmen als Gläubiger, also zum Beispiel als Lieferant mit einer offenen Forderung, dass alle Maßnahmen zur Forderungsbeitreibung wie etwa Vollstreckungsmaßnahmen mit dem Schuldnerantrag gestoppt werden – oder, um eine Fußballallegorie zu verwenden: ein deutscher Gläubiger steht mit seiner Forderung in einem solchen Fall im wirtschaftlichen Abseits. 

Nach dem Verfahren ist vor dem Verfahren

Wenn die Sanierung eines italienischen Unternehmens in der composizione negoziata della crisi scheitert, wird allerdings nicht automatisch ein Liquidationsverfahren eröffnet. Das Sanierungsverfahren soll nicht zur Vorstufe des Konkurses werden, weshalb das italienische Unternehmen dann einen sogenannten attestierten Sanierungsplan oder einen vereinfachten Liquidationsvergleich (concordato semplificato con piano liquidatorio) vorschlagen kann. Zudem kann das Unternehmen eines der sonstigen alternativen Verfahren zur Regelinsolvenz anstrengen. Sepp Herberger würde sagen: Nach dem Verfahren ist vor dem Verfahren, und auch für die italienische Fußball-Nationalmannschaft, die Squadra Azzurra, ist ja noch eine Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2026 über die Play Offs möglich.

Erweiterung der Sanierungsmöglichkeiten

In Italien wurden im Sommer 2022 zudem bereits bestehende präventive Restrukturierungsrahmen reformiert und neue eingeführt, die für Gläubiger unterschiedliche Auswirkungen haben. Hierzu zählen insbesondere:

  • Beim „genehmigungspflichtigen Restrukturierungsplan“ (piano di ristrutturazione soggetto ad omologazione) kann das italienische Unternehmen in seinem Restrukturierungsplan – einer Art Vergleich mit den Gläubigern – von den gesetzlichen Verteilungskriterien und Vorrechten (zum Beispiel Sicherheiten) abweichen. Allerdings muss der Plan dafür von allen Gläubigerklassen einstimmig angenommen werden.
  • Bei den „präventiven Vergleichsverfahren“ (concordato preventivo) erhält das italienische Unternehmen mehr Spielraum bei der Befriedigung der Forderungen seiner Gläubiger. Im Falle eines Vergleichsverfahrens mit Unternehmensfortführung muss diese nun nicht mehr vorrangig aus den Erträgen geleistet werden, die im Rahmen der Unternehmensfortführung erwirtschaftet werden. 

Zusammengefasst bedeuten die reformierten und neuen Verfahren für Schuldner und Gläubiger eine Erweiterung der Sanierungsmöglichkeiten, da ein – heute oft praktizierter – Turnaround einfacher wird. In Deutschland sind vorinsolvenzliche Restrukturierungen mit dem StaRUG seit dem 1. Januar 2021 möglich. Seit Mitte Juli 2022 sind StaRUG-Restrukturierungen durch eine mögliche EU-weite Anerkennung für deutsche Unternehmen weitaus rechtssicherer.“

Aufmerksam sein

Die Besonderheiten des italienischen Insolvenz- und Sanierungsrechts zeigen, dass es für deutsche Unternehmen, die Geschäfte mit italienischen Partnern machen, wichtig ist, aufmerksam zu sein und sich im Fall der Fälle professionelle Unterstützung an die Seitenlinie oder auf den Platz zu holen, um nach Möglichkeit keine finanziellen Verluste zu erleiden. Denn wie im Fußball gilt auch in der Wirtschaft die alte Weißheit: „Grau is' im Leben alle Theorie – aber entscheidend is' auf'm Platz.“

Dr. Johannes Heck

ist als Rechtsanwalt in Italien und Deutschland zugelassen. Er ist an den Standorten in Bologna und Mailand im Cross Border Office Italien von Schultze & Braun tätig. 

Alessandro Honert

ist als Rechtsanwalt in Italien und Deutschland zugelassen. Er ist an den Standorten in Bologna und Mailand im Cross Border Office Italien von Schultze & Braun tätig. Zu seinen Spezialgebieten gehören das italienische Kreditsicherungsrecht und Insolvenzrecht.