Wirtschaftlich gesehen Bella Figura machen: Wie sichere Geschäfte mit Partnern aus Italien gelingen

23. Juli 2025 Blog Insolvenzrecht Restrukturierung und Sanierung Wirtschaftsrecht

Waren und Dienstleistungen im Wert von 71 Milliarden Euro haben deutsche Unternehmen 2024 nach Italien exportiert. Je höher das Geschäftsvolumen, desto wichtiger ist die Risikovorsorge. Dr. Johannes Heck und Alessandro Honert vom Cross Border Office Italien von Schultze & Braun erläutern, was beim Thema Sicherheiten in Italien zu beachten ist.  

Zank statt Anbetung

Der Philosoph Arthur Schopenhauer hat das deutsch-italienische Verhältnis in einem Aphorismus so beschrieben: Mit Italien lebt man wie mit einer Geliebten, heute im heftigen Zank, morgen in Anbetung, mit Deutschland wie mit einer Hausfrau, ohne großen Zorn und ohne große Liebe. Der Philosoph und Hochschullehrer begann im September 1818 eine Reise nach Italien, die ihn über Venedig, Rom, Neapel und Paestum im Frühsommer 1819 nach Mailand führte. Ob der Aphorismus während dieser Reise entstand, ist nicht bekannt. Gleichwohl passt er aber auch für deutsche Unternehmen, die Geschäfte mit italienischen Partnern machen – zumindest dann, wenn der Geschäftspartner jenseits der Alpen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät oder einen Insolvenzantrag stellen muss und sich das deutsche Unternehmen nicht oder nur unzureichend mit der Absicherung seiner Forderungen beschäftigt hat. In einem solchen Fall läuft es dann aller Voraussicht nach auf einen längeren Zank und sicherlich nicht (mehr) auf Anbetung hinaus. 

Besonderheiten der italienischen Sicherheiten beachten

Wichtig ist: Damit deutsche Unternehmen bei Geschäften mit italienischen Partnern wirtschaftlich gesehen immer Bella Figura machen, sollten sie nicht ohne Weiteres auf die Kreditsicherheiten verlassen, die sie im innerdeutschen Rechtsverkehr einsetzen, sondern die Besonderheiten der italienischen Sicherheiten kennen und im Blick haben. 

In der Regel ist hierzulande der Eigentumsvorbehalt die Kreditsicherheit der ersten Wahl. In seinen Varianten – einfach, erweitert und verlängert – lässt er sich in den Allgemeinen Lieferbedingungen verankern und damit unproblematisch in die Verträge mit den inländischen Kunden einbeziehen. Damit ein Eigentumsvorbehalt im italienischen Recht insolvenzsicher ist, muss er jedoch – zum Beispiel im Fall einer Insolvenz des italienischen Geschäftspartners – mit einem sicheren Datum (data certa) nachgewiesen werden können. Dazu ist eine Urkunde nötig, aus der sich zweifelsfrei das Datum entnehmen lässt, zu dem der Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde. 

Wichtig ist jedoch, dass deutsche Unternehmen nicht nur die Besonderheit des sicheren Datums im Blick haben. So ist der im deutschen Recht weit verbreitete verlängerte Eigentumsvorbehalt in Italien unwirksam und nicht durchsetzbar. Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt erlaubt dem Lieferanten den Zugriff auf Forderungen, wenn der Kunde die an ihn gelieferte Ware weiterveräußert.

Vorteil des Pfandrechts nutzen

Bereits seit 2016 gibt es in Italien das sogenannte besitzlose Pfandrecht (pegno non possessorio). Lange Zeit war diese Kreditsicherheit allerdings ein schlafender Papiertiger, da die erforderlichen Ausführungsbestimmungen fehlten. Mitte 2023 wurde der letzte Schritt genommen und das öffentlich zugängliche Online-Register bei der Agenzia delle Entrate freigeschaltet (https://www.agenziaentrate.gov.it/portale/accedi-al-servizio-pegno-immobiliare-non-possessorio). und auch deutsche Unternehmen können fortan ihre Forderungen durch besitzlose Pfandrechte an beweglichen Gegenständen italienischer Geschäftspartner absichern. Von Vorteil für deutsche Unternehmen ist, dass diese Kreditsicherheit nicht nur an Waren, Maschinen oder sonstigem Anlagevermögen bestellt werden, sondern zum Beispiel auch zu Lasten von immateriellen Namens- und Markenrechten, an Forderungen, die aus der unternehmerischen Tätigkeit des italienischen Geschäftspartners resultieren oder einem räumlich oder nach Produktkategorien abgrenzbarem (auch: rotierendem) Warenlager. Der sogenannte Gegenstand des Pfandrechts – der mit dieser Kreditsicherheit belastet werden kann – ist also breit gefasst.

Verlängerter Eigentumsvorbehalt in italiano

Die Möglichkeiten, Forderungen abzusichern, gehen mit dem besitzlosen Pfandrecht sogar so weit, dass es für Gegenstände bestellt werden kann, die zum Zeitpunkt der Bestellung des Pfandrechts noch nicht entstanden und/oder nicht bestimmt, sondern nur bestimmbar sind – also etwa: alle zukünftigen Forderungen aus dem Weiterverkauf des Produkts A, das gesamte in B befindliche Warenlager, die gesamte zukünftige Produktion des Produkt C. Das Pfandrecht ist damit auch das italienische Pendant zum verlängerten Eigentumsvorbehalt. Gegenstände, die in öffentlichen Registern verzeichnet sind, wie zum Beispiel PKW, Schiffe oder Flugzeuge können jedoch nicht Gegenstand eines Pfandrechts sein. Eine Ausnahme von dieser Registerregel gibt es allerdings für Aktien und Geschäftsanteile italienischer Kapitalgesellschaften.

Aller eingetragenen Dinge sind drei

Damit das besitzlose Pfandrecht wirksam bestellt ist, müssen deutsche Unternehmen jedoch darauf achten, dass es in einem eigens hierfür einzurichtenden öffentlich zugänglichen Register eingetragen wird. Das kann nur auf drei Weisen erfolgen:

  • auf Grundlage öffentlicher Urkunden,
  • in notariell beglaubigter Form unterschriebener, gerichtlich festgestellter Urkunden oder
  • mit digitaler Signatur versehene Verträge. 

Verwertung des besitzlosen Pfandrechts

Für die Zwecke der Verwertung des Pfandrechts kann der Verkauf des mit dem Pfandrecht belasteten Gegenstands erfolgen; der Verkauf erfolgt grundsätzlich nicht „freihändig“, sondern im Rahmen eines förmlichen Verfahrens, das an die auch im deutschen Recht bekannte Versteigerung erinnert. Verpfändete Forderungen kann der Gläubiger einziehen.

Wenn dies in der Pfandrechtsbestellungsurkunde vorgesehen ist, kann der Gläubiger die Pfandrechtsgegenstände (i) vermieten und sich aus dem Mietzins befriedigen oder (ii) zu Eigentum übernehmen; in beiden Fällen ist Voraussetzung, dass der Vertrag im Detail definiert, wie der (Miet-)Wert zu ermitteln ist, der auf die Forderung des Gläubigers angerechnet wird.

Im Falle der Insolvenz des Schuldners setzt die Verwertung des Pfandrechts voraus, dass die Forderung des Gläubigers und das insoweit bestehende Aussonderungsrecht (prelazione) zur Tabelle festgestellt worden sind 

Das besitzlose Pfandrecht ist trotz der genannten Besonderheiten und Bedingungen in der Praxis gut handhabbar. Um auf Nummer sicher zu gehen, bietet es sich gleichwohl an, im deutschen und italienischen Recht erfahrene Experten hinzuzuziehen. Denn durch eine geeignete vertragliche Gestaltung können deutsche Exporteure vorsorgen, um dadurch keine finanziellen Verluste zu erleiden.

Finanzielle Verluste vermeiden

Davon blieb übrigens auch Schopenhauer nicht verschont, auch wenn der Grund dafür nichts mit Italien zu tun hatte. Im Juni 1819 erreichte ihn während seines Aufenthalts in Mailand die Nachricht vom Zusammenbruch des Danziger Handelshauses A. L. Muhl & Co., bei dem er einen Teil seines Vermögens deponiert hatte. Schopenhauer brach die Reise ab, um die Angelegenheit an Ort und Stelle zu regeln. Allerdings verloren er und andere Gläubiger einen erheblichen Teil ihres angelegten Vermögens.

Die Autoren:

Dr. Johannes Heck

ist als Rechtsanwalt in Italien und Deutschland zugelassen. Er ist an den Standorten in Bologna und Mailand im Cross Border Office Italien von Schultze & Braun tätig. 

Alessandro Honert

ist als Rechtsanwalt in Italien und Deutschland zugelassen. Er ist an den Standorten in Bologna und Mailand im Cross Border Office Italien von Schultze & Braun tätig. Zu seinen Spezialgebieten gehören das italienische Kreditsicherungsrecht und Insolvenzrecht.