Unternehmensfinanzierung in der Krise: Hedgefonds als Option

Bei der Kreditvergabe von Banken an Unternehmen gilt weiterhin der „Beziehungsstatus: Es ist kompliziert“ – zudem steigen die Finanzierungskosten. Dadurch vergrößert sich der Bedarf an alternativen Finanzierungsquellen. Risikofinanzierer wie etwa Hedgefonds können für Unternehmen eine Option sein. Vorbereitung ist dabei jedoch das A und O – die Unternehmen müssen die Finanzierungsformen und Investitionsstrategien der Finanzinvestoren genau kennen.
Vorbereitung und die Frage nach der eigenen Situation
Das Wichtigste ist, dass sich die Unternehmen zuerst die Frage nach ihrer eigenen Situation stellen: Wozu soll das benötigte Kapital eingesetzt werden? Wie lang oder kurzfristig wird es benötigt? Ob und inwieweit können Sicherheiten zur Verfügung gestellt werden? Ist der Großteil des Unternehmensvermögens bereits belastet oder können Positionen im Eigenkapital angeboten werden?
Fokus auf bestimmte Finanzierungsformen
Diese Vorbereitung spielt eine große Rolle, da sich Hedgefonds in der Regel auf bestimmte Finanzierungsformen fokussiert haben. Je nach dem Bedarf der Unternehmen kommen daher nur einzelne Fonds als Investoren in Frage:
- Kurzfristige Finanzierung: Die Fonds stellen Fremdkapital für einen Zeitraum von zumeist zwei oder drei Jahren zur Verfügung – etwa für einzelne Projekte. Ihr Risiko lassen sich die Fonds meist mit hohen Zinsen vergüten. Oft werden zudem Erfolgskomponenten vereinbart – wie etwa die Umsetzung des Projekts. Am Ende des Finanzierungszeitraumes verkaufen die Fonds ihre Kreditforderung in der Regel an andere Fonds weiter.
- Brücken- oder Interim-Finanzierung: Hier sind die Zeiträume noch kürzer als bei der kurzfristigen Finanzierung – die Zinsen für das Kapital sind entsprechend höher. Interimsfinanzierungen werden oft genutzt, um Investitionsvorhaben anzuschieben, Betriebsmittel für einen (Groß-)auftrag zu erwerben oder um Verhandlungen mit anderen Finanzgläubigern bei einer langfristigen Refinanzierung zu überbrücken.
- Langfristige Finanzierungen: Dieses Kapital steht eher im Zusammenhang mit weitgehenden Restrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen, die über einen Zeitraum von fünf Jahren aufwärts angelegt sind. Fonds, die in diesem Bereich tätig sind, haben meist in mehreren Unternehmen aus einer Branche investiert und bauen auch auf Synergie-Effekte zwischen ihren Engagements. Diese Branchenexpertise kann durchaus einen positiven Effekt für die Unternehmen haben. Am Ende des Finanzierungszeitraums streben die Fonds oft den Exit über einen Börsengang oder ein öffentliches Verkaufsverfahren an – es gibt aber auch Fonds, die sich in eine Eigenkapitalposition begeben und keine Exit-Strategie verfolgen.
Orientierung am Risiko der Fonds
So unterschiedlich wie die Hedgefonds selbst, sind auch ihre unterschiedlichen Investitionsstrategien. Diese orientieren sich zumeist am Risiko der Fonds:
- Senior Financing: Diese Strategie zielt darauf ab, vorrangig vor anderen Gläubigern befriedigt zu werden. Sofern möglich werden die Fonds versuchen, Sicherheiten an noch nicht belasteten Vermögenswerten zu bestellen oder sich alternativ auch Anteile am Unternehmen verpfänden zu lassen. In der Regel werden auch die weiteren Tochter- und Konzerngesellschaften dazu aufgefordert, Sicherheiten zur Verfügung zu stellen.
- Junior Financing: Bei dieser Strategie sind die Fonds mit einer nachrangigeren Position hinter anderen Gläubigern einverstanden. Dies wirkt sich allerdings auf die Risikobewertung aus und hat in der Regel höhere Zinsen zur Folge.
- Equity Kicker: In der Regel lassen sich die Fonds die Option einräumen, ihr Darlehen unter bestimmten Umständen in Eigenkapital umzuwandeln oder Anteile der alten Gesellschafter am Unternehmen zu übernehmen. Ziel der Fonds ist es normalerweise, auf langfristige Sicht eine Mehrheitsbeteiligung an oder zumindest eine Sperrminorität im Unternehmen zu erhalten.
- Loan to own: Bei dieser Strategie stellen die Fonds den Unternehmen Darlehen zur Verfügung oder kaufen am Sekundärmarkt Verbindlichkeiten auf, um diese sodann über Wandeloptionen in Gesellschaftsanteile zu überführen. Um dieses Ziel zu erreichen, scheuen die Fonds auch harte Sanierungsmaßnahmen oder ein Insolvenzverfahren nicht – sie wollen sich damit vielmehr in die bestmögliche Position bringen.
Situationen, in denen Banken typischerweise nicht mehr agieren
Hedgefonds stellen Kapital in Situationen zur Verfügung, in denen Banken typischerweise nicht mehr agieren. Sie lassen sich ihre Kredite aber durch hohe Zinsen vergüten. Zudem versuchen die Fonds oft, eigene Fachkräfte oder Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Chief Restructuring Officer sowie M&A-Berater als Experten in die Unternehmen zu bringen, die dann von diesen zu bezahlen sind. Die Unternehmen sollten daher das Heft des Handelns nicht aus der Hand geben, sondern bei den Vertragsverhandlungen mit den Fonds auf entsprechende Mitspracherechte, Vorbehalte und Deckelungen bestehen – auch wenn sich das Unternehmen in einer schwierigen Situation befindet, in der wenige Alternativen bleiben.
Risiken kontrollieren
Trotz der genannten Risiken müssen Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe jedoch nicht per se Angst vor Hedgefonds haben. Sie können diese Risiken aber nur kontrollieren, wenn sie ihre eigene Situation vorab genau analysieren, die Finanzierungsformen und Investitionsstrategien der Fonds kennen und die Finanzierungsbedingungen detailliert verhandeln.