StaRUG: Die Versagung der Planbestätigung

13. Oktober 2021 Blog Restrukturierung und Sanierung

Das Gegenstück zur Planbestätigung ist die Planversagung. Gesetzlich geregelt ist die Planversagung im § 63 StaRUG, welcher das Bestätigungsverfahren inhaltlich nur ergänzt und kein eigenes Versagungsverfahren darstellt. Die Versagungstatbestände sind formuliert als (weitere) Voraussetzungen der Planbestätigung in Gestalt von negativen Bestätigungsvoraussetzungen.

Inhaltlich ist die Norm daher als Aufzählung der „Todsünden“ eines Restrukturierungsverfahrens anzusehen, welche es dem Gericht gebieten, die Bestätigung zu versagen.

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Rüdiger Bauch

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Die vier Absätze des § 63 StaRUG haben dabei verschiedene inhaltliche und praktische Bedeutungen.

Die Absätze 1 und 2 regeln inhaltliche wie persönliche Anforderungen an Plan und Schuldner, damit der Plan bestätigt werden kann. Absatz 3 stellt eine gesetzliche Vermutungsregelung dar und Absatz 4 einen besonderen Grund, einen formell korrekten, aber rechtsmissbräuchlich erlangten Plan zu versagen. Dabei geht es in § 63 StaRUG weniger darum, dass das Gericht den Plan intensiv durchprüft, Intention der Norm ist es, dass ein Plan grundsätzlich nicht zustande kommen darf, der an massiven Fehlern krankt. Dies ist auch wichtig, da der bestätigte Plan bereits vor Rechtskraft der Bestätigung teilweise Wirksamkeit erlangt. Ohne den § 63 StaRUG wäre ein Planbetroffener bis zur Beschwerdeentscheidung den Planwirkungen ausgeliefert. Insoweit soll § 63 StaRUG einen Mindestschutz gewähren und sicherstellen, dass der Plan zumindest nicht grundsätzlich rechtswidrig ist.

I. Tatbestände des Abs. 1

Abs. 1 stellt den Mindeststandard des Verfahrens dar, die aufgeführten Tatbestände sind die Gründe, warum ein Plan offensichtlich nicht bestätigungsfähig sein kann. Diese Tatbestände sind als Minimalanforderungen an das Verfahren und den Plan anzusehen.

Nr. 1 hat zum Gegenstand, dass der Schuldner auch wirklich drohend zahlungsunfähig ist. Das StaRUG ist nicht als Mittel gedacht, um sich bei Wunsch eines Teils seiner Verbindlichkeiten zu entledigen. Der Eingriff in die Rechte der Planbetroffenen (Art. 14 GG) kann deshalb nur gerechtfertigt sein, wenn wirklich eine Krise vorliegt, die überwunden werden soll. Anlasslos darf das Restrukturierungsverfahren nicht initiiert werden. Das StaRUG soll kein Freifahrtschein zur Entschuldung sein, weswegen es nur Unternehmen, denen die Zahlungsunfähigkeit droht, offensteht.

Der in Nr. 2 verkörperte Tatbestand stellt die Einhaltung an die Mindestanforderungen an den Plan und die Planabstimmung sicher. Die Norm orientiert sich an § 250 Nr. 1 InsO, es geht um die Versagung wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen an den Inhalt des Plans, das Verfahren und über die Annahme des Plans. Es darf sich hierbei aber nicht um Bagatellen handeln oder um solche Fehler, die bereits behoben oder geheilt sind. Stattdessen müssen sich die Fehler auf den Plan, dessen Annahme und das Verfahren ausgewirkt haben und nicht innerhalb einer angemessenen Frist behebbar sein. Die Formulierung der Norm, dass auch beachtliche Fehler nur dann zur Versagung führen, wenn diese nicht „innerhalb einer angemessenen, vom Restrukturierungsgericht gesetzten Frist nicht behebt […] werden können“ macht klar, dass das Gericht hier dem Schuldner die Chance geben muss, diese zu korrigieren. Behebbare Mängel sind dabei zumeist eher jene inhaltlicher Art, notwendige Verfahrensschritte wie etwa die Erörterung werden sich nur schwer nachholen lassen.

In Nr. 3 ist der Schutz der Gläubiger vor formell korrekten, aber offensichtlich nicht umsetzbaren Plänen geregelt. Der Schuldner ist grundsätzlich frei in seiner Gestaltung, solange diese den inhaltlichen wie formellen Anforderungen genügt und das Verfahren gewahrt wurde. Da aber auch Planbetroffene im Verfahren überstimmt werden können, ist es notwendig, dass diese einen gewissen Schutz erfahren. Ebenso sollen vermeidbare Folgestreitigkeiten verhindert werden. Das Gericht nimmt dabei keine vollständige inhaltliche Prüfung vor, sondern ist beschränkt auf das Vorliegen von offensichtlichen Fehlern. Es geht um evidente Fehler, also solche, die klar erkennbar und nachprüfbar sind, etwa wenn die Mittel offenkundig nicht ausreichen, um die Zahlungsziele des Plans zu erfüllen.

II. Erhöhter inhaltlicher Maßstab an Pläne mit Neufinanzierung

Abs. 2 erhöht den gerichtlichen Prüfungsmaßstab, wenn im Restrukturierungsplan eine neue Finanzierung nach § 12 StaRUG vorgesehen ist. Der Schuldner soll soweit wie möglich keine neuen Verbindlichkeiten begründen, dies könnte sich vor dem Hintergrund des Scheiterns des Plans negativ auf eine Folgeninsolvenz auswirken. Insofern soll eine Verschlechterung für andere Gläubiger verhindert werden. Auch hier beschränkt sich die richterliche Kontrolle nur auf die Schlüssigkeit konkreter Umstände, die für das Scheitern des Plans sprechen.

III. Vermutungsregelung des Abs. 3

§ 63 Abs. 3 ist kein eigener Tatbestand, vielmehr handelt es sich um eine reine Vermutungsregelung. Inhalt der Regelung ist, dass bei Planabstimmungen im außergerichtlichen Verfahren Zweifel über die ordnungsgemäße Annahme zulasten des Schuldners gehen. Er ist im Zusammenspiel mit Abs. 1 Nr. 2 zu sehen. Dies stellt eine Relativierung des § 39 Abs. 1 InsO dar, soweit das Verfahren außergerichtlich betrieben wurde. Die Prämisse der Regelung ist klar: Der Schuldner, der außerhalb der gerichtlichen Sphäre tätig wird, hat auch zu akzeptieren, dass der Mangel an Kontrolle zu seinen Lasten geht. Wenn das Gericht also Zweifel an der korrekten Durchführung hat, ist gegen den Schuldner zu entscheiden, sofern dieser die Zweifel nicht ausräumt.

IV. Die unlautere Herbeiführung der Planannahme nach Abs. 4

Der letzte Absatz der Norm soll die Planbetroffenen schützen, die durch unlautere Mittel zur Annahme gebracht wurden. Der Schuldner soll die Restrukturierung nicht durch missbräuchliche Praktiken herbeiführen können. Unlauter ist hierbei ein Verhalten, das gegen Treu und Glauben verstößt, etwa Drohungen und Täuschungshandlungen. Folglich geht es darum, ob die Planbetroffenen freien Willens dem Plan zustimmen konnten. Daher kommt es darauf an, dass das unlautere Verhalten auch kausal für die Planannahme war.

V. Entwicklung in der Rechtsprechung

§ 63 Abs. 1 StaRUG gehört zu den Normen des StaRUG, mit denen sich die Rechtsprechung bereits auseinandergesetzt hat. Das AG Köln erklärte in der Begründung einer Planversagung, welcher Maßstab an das Vorliegen der negativen Tatbestandsmerkmale angesetzt werden soll. Im Beschluss vom 3. März 2021 (Az. 83 RES 1/21) führte das Gericht dazu aus, dass das Gericht zur tatrichterlichen Überzeugung ermitteln muss gem. § 39 Abs. 1 StaRUG, ob alle Voraussetzungen der Planbestätigung vorliegen, was auch die Prüfung darüber beinhaltet, ob der Schuldner wirklich zahlungsunfähig ist. Das AG Köln sieht diesen strengen Maßstab zum Schutz vor Missbrauch des StaRUG als notwendig an. Der Ansatz des AG Köln ist in Anbetracht dessen, dass die Tatbestände nach dem Willen des Gesetzgebers als negative Bestätigungsvoraussetzungen nicht vorliegen dürfen, aus rechtstheoretischer Sicht durchaus nachvollziehbar. In der Praxis kann dies eine erhebliche Belastung des Schuldners darstellen, zum Beispiel für Gutachterkosten.

Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Prüfungsmaßstab allgemein durchsetzen wird.

Rechtsanwalt Rüdiger Bauch, Fachanwalt für Insolvenzrecht

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