StaRUG: Der Restrukturierungsbeauftragte

12. Mai 2021 Blog Restrukturierung und Sanierung

Die Funktion des Restrukturierungsbeauftragten wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) neu geschaffen und ist in §§ 73-79 StaRUG geregelt.

Die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten kommt sowohl von Amts wegen (sog. „Notwendiger Restrukturierungsbeauftragter“, §§ 73 ff. StaRUG) als auch auf Antrag des Schuldners oder der Gläubiger (sog. „Fakultativer Restrukturierungsbeauftragter“, §§ 77 ff. StaRUG) in Betracht.

Sinn und Zweck der Einschaltung eines Restrukturierungsbeauftragten sind die Überwachung, Sicherung und gutachterliche Funktion für das Gericht sowie die Unterstützung des Restrukturierungsprozesses, den der Schuldner selbst außergerichtlich führt. In diesem Zusammenhang können dem Restrukturierungsbeauftragten durch das Gericht unterschiedliche Aufgaben und Funktionen zugewiesen werden.

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Ein Restrukturierungsbeauftragter kann nur bestellt werden, wenn der Schuldner nicht bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Sobald der Schuldner insolvenzantragspflichtig ist, hebt das Gericht gem. § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG die Restrukturierungssache von Amts wegen auf. Die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners steht der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nicht entgegen.

Das zuständige Restrukturierungsgericht (§§ 34 ff. StaRUG) bestellt

  • einen für jeden Einzelfall geeigneten,
  • von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängigen,
  • in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt,
  • oder sonstige natürliche Person mit vergleichbaren Qualifikationen,
  • aus dem Kreis aller zur Übernahme des Amtes bereiten Personen

zum Restrukturierungsbeauftragten.

Der von Amts wegen bestellte (notwendige) Restrukturierungsbeauftragte wird zum Schutz der Gläubiger bestellt und fördert eine erfolgreiche Restrukturierung. Seine Bestellung hat gem. § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG zu erfolgen, wenn durch den Restrukturierungsplan Rechte von Gläubigern gestaltet oder ausgesetzt werden sollen und diese selbst nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu vertreten (bspw. Verbraucher, KMU). Dies gilt nicht für Finanzgläubiger iwS (§ 73 Abs. 2 S. 2-4 StaRUG).

Ein notwendiger Restrukturierungsbeauftragter ist auch zu bestellen,

  • wenn der Schuldner gem. § 49 StaRUG eine Anordnung beantragt hat, die eine Vollstreckungs- oder Verwertungssperre für im Wesentlichen alle Gläubiger beinhaltet (§ 73 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) oder
  • die Erfüllung der den Gläubigern zustehenden Ansprüche überwacht werden soll (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG).

Vor der Bestellung hat das Gericht eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen (§ 73 Abs. 1 S. 2 StaRUG).

Eine Bestellung erfolgt auch, wenn sich abzeichnet, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Willen von Inhabern von Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften (Legaldefinitionen § 2 Abs. 1 StaRUG) erreichbar ist und eine Planbestätigung nur über eine gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung und deren hohe Voraussetzungen gem. § 26 StaRUG möglich wäre (§ 73 Abs. 2 S. 1 StaRUG).

Der notwendige Restrukturierungsbeauftragte kann gem. § 73 Abs. 3 StaRUG auch als Gutachter bestellt werden; er hat für das Gericht insbesondere zu beurteilen, ob die Bestätigungsvoraussetzungen zum Restrukturierungsplan vorliegen (§§ 63 f. StaRUG) und ob die vorgesehene Entschädigung für den Eingriff in Rechte durch den Plan angemessen ist.

Der Schuldner, die Gläubiger oder die an dem Schuldner beteiligten Personen können dem Gericht gem. § 74 Abs. 2 S. 1 StaRUG eine Person als Restrukturierungsbeauftragten vorschlagen. Ein Vorschlag schließt seine Unabhängigkeit nicht per se aus.

Der Vorschlag des Schuldners hat Bindungswirkung, sofern er eine Bescheinigung nach § 74 Abs. 2 S. 2 StaRUG vorlegt und die vorgeschlagene Person nicht offensichtlich ungeeignet ist. Gläubiger, deren Rechtsstellung durch einen Restrukturierungsplan geändert werden soll (Planbetroffene), können eine Person gem. § 74 Abs. 2 S. 3 StaRUG vorschlagen.

Folgt das Gericht einem bindenden Vorschlag, kann gem. § 73 Abs. 3 StaRUG ein „Sonderbeauftragter“ bestellt und ihm alle Aufgaben des ersten Restrukturierungsbeauftragten außer der Leitungsfunktion übertragen werden.

Die Aufgaben des notwendigen Beauftragten sind gem. § 76 StaRUG:

  • Mitteilungspflicht (Abs. 1) bezüglich Umstände nach § 33 StaRUG, die eine Aufhebung der Restrukturierungssache rechtfertigen (bspw. Insolvenzantrag)
  • Leitungsfunktion, wenn er zum Schutz der Gläubiger bestellt wurde (Abs. 2) hinsichtlich Abstimmung über den Restrukturierungsplan; Prüfung der Forderungen und Hinwirken auf Klärung des Stimmrechts (Nr. 1)
  • Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und Überwachung der Geschäftsführung (Nr. 2a) bei konkreter Aufgabenzuweisung; Entgegennahme und Leisten von Zahlungen (Nr. 2b)
  • Fortlaufende Prüfpflicht bei Vorliegen einer Stabilisierungsanordnung (§ 49 StaRUG) hinsichtlich Voraussetzungen und Aufhebungsgründe (Abs. 3 Nr. 1) sowie deren Geltendmachung (Abs. 3 Nr. 2)
  • Unterstützende Funktion zugunsten des Gerichts durch Stellungnahme zur Erklärung nach § 14 Abs. 1 (Abs. 4) StaRUG und Durchführung von Zustellungen (Abs. 6)

Der Schuldner hat dem Beauftragten zur Ausführung seiner Aufgaben gem. § 76 Abs. 5 StaRUG die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in die Bücher sowie Geschäftspapiere zu gewähren.

Die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten richtet sich nach §§ 80-83 StaRUG und erfolgt zu einem Regelsatz bis max. 350 EUR pro Stunde. Mit Einverständnis des Schuldners und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens können andere Vergütungsmodelle mit höherer Vergütung vereinbart werden.

Der Restrukturierungsbeauftragte steht gem. § 75 Abs. 1 StaRUG unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts und kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes von Amts wegen entlassen werden (§ 75 Abs. 2 StaRUG). Ein wichtiger Grund ist bspw. das Entfallen der für die Bestellung erforderlichen Voraussetzungen (§§ 73 ff. StaRUG). Die Entlassung auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgt nur, wenn der Beauftragte nicht unabhängig ist (§ 75 Abs. 3 StaRUG). Gegen die Entlassung oder deren Ablehnung ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft.

Verstößt der Restrukturierungsbeauftragte gegen seine konkret übernommen Pflichten, bei welchen er die gebotene Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit eines Restrukturierungsbeauftragten zu beachten hat, haftet er gem. § 75 Abs. 4 StaRUG für den kausal entstandenen Schaden. Der Schadensersatzanspruch verjährt nach §§ 195 ff. BGB, wobei gem. § 75 Abs. 4 S. 5 StaRUG die Verjährung spätestens drei Jahre nach Beendigung der Restrukturierungssache (Rechtshängigkeit) eintritt.

Der auf Antrag bestellte (fakultative) Restrukturierungsbeauftragte hat mehr eine moderierende Funktion und soll die Verhandlungen zwischen den Beteiligten fördern.

Das Gericht bestellt einen fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf Antrag

  • des Schuldners oder
  • einer Gläubigergruppe mit 25% der Stimmrechte in einer Gruppe nach § 9 StaRUG verbunden mit einer Erklärung der Kostenübernahme.

Ein Vorschlagsrecht zur Person des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten besteht gem. § 78 Abs. 2 StaRUG zugunsten von Gläubigern, die zusammen alle voraussichtlich in den Restrukturierungsplan einbezogenen Gruppen repräsentieren. Wenn die vorgeschlagene Person ungeeignet ist oder der Schuldner widerspricht (ausschließlich bei moderierender Funktion), kann das Gericht von dem Vorschlag abweichen. Ein Vorschlagsrecht des Schuldners ist nicht explizit vorgesehen, jedoch wünschenswert und folgerichtig, wenn der Schuldner das Verfahren beantragt.

Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte hat gem. § 79 StaRUG den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm basierenden Plans zu unterstützen. Der Antrag auf Bestellung kann gem. § 77 Abs. 2 StaRUG mit dem Antrag auf Übertragung der Aufgaben nach § 76 StaRUG auf den fakultativen Beauftragten verbunden werden.

Die Vergütung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten richtet sich nach §§ 80-83 StaRUG, seine Bestellung erfolgt jedoch erst nach Zahlung eines Vorschusses auf die Gerichtsgebühr (§ 81 Abs. 5 StaRUG).

Auch der fakultative Restrukturierungsbeauftragte steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts, § 78 Abs. 3 StaRUG iVm § 75 Abs. 1 StaRUG. Hat der Beauftragte Aufgaben des notwendigen gem. § 76 StaRUG übernommen, richtet sich seine Haftung ebenfalls nach § 75 Abs. 4 StaRUG. Ansonsten kann er als einzige Sanktion nach § 78 Abs. 3 StaRUG iVm § 75 Abs. 2 StaRUG entlassen werden.

Bisherige Praxiserfahrung:

Zunächst ist festzuhalten, dass die StaRUG Verfahren bislang nur sehr vereinzelt zur Anwendung gekommen sind. Nicht überall dort, wo ein Verfahren nach StaRUG beantragt wurde, wird dies auch als solches wieder beendet. Teilweise war ein Wechsel in ein Insolvenzverfahren erforderlich.

Bezüglich des Restrukturierungsbeauftragten hat sich bisher herauskristallisiert, dass seine (Haupt-) Aufgabe in der „Sachverständigen-Tätigkeit“ nach § 73 Abs. 3 StaRUG liegt. Aufgrund der Formulierung im Gesetzeswortlauf „insbesondere“ hat das Gericht einen weiten Spielraum, welche Sachverständigenaufgaben auf den Restrukturierungsbeauftragten übertragen werden.

Es bleibt deshalb abzuwarten, ob der Restrukturierungsbeauftragte in der Praxis eine wesentliche Rolle spielen wird. Derzeit sprechen die Fallzahlen dagegen.

Rechtsanwalt Holger Blümle, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Dipl.-Betriebswirt (BA), Wirtschaftsmediator (IHK)
Rechtsanwalt Dr. Jürgen Erbe, MBA, Fachanwalt für Insolvenzrecht

Mehr Informationen zum Thema Präventiver Restrukturierungsrahmen und zu den Möglichkeiten einer Sanierung außerhalb der Insolvenz unter www.schultze-braun.de/leistungen/restrukturierung/starug

Holger Blümle
Dr. Jürgen Erbe, MBA