Die Sonderstellung der Vereinigten Staaten bei der Restrukturierung kleiner und mittlerer Unternehmen: Das Gesetz über die Sanierung kleiner Unternehmen (Small Business Reorganization Act) von 2019

Von Jason J. Kilborn, Professor für Rechtswissenschaften an der University of Illinois, Chicago School of Law, USA

Wie in vielen anderen Ländern haben auch die Vereinigten Staaten seit Langem damit zu kämpfen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in das teure und komplexe Verfahren der Unternehmenssanierung zu integrieren. Solche Fälle mit relativ geringen Vermögenswerten finden bei den Gläubigern in aller Regel keine große Beachtung. Mühsame und kostspielige herkömmliche Verfahren neigen außerdem dazu, den gesamten oder einen Großteil des verfügbaren Wertes zu absorbieren. Daher hat sich die Anwendung der international bekannten Bestimmungen des Vergleichsverfahrens nach der US-Konkursordnung zur Abwendung der Insolvenz (Chapter 11 des US Bankruptcy Code) auf solche KMU-Schuldner bisher weder als kosteneffizient noch als besonders produktiv erwiesen.

Nach Experimenten mit verschiedenen Ansätzen in früheren Jahren verabschiedeten die USA im August 2019 ein neues und auf KMU zugeschnittenes Sanierungsverfahren, das einen Wendepunkt für dieses Rechtsgebiet markierte. Mit Wirkung vom 19. Februar 2020 wurde mit dem Small Business Reorganization Act ein neues Subchapter V im Rahmen von Chapter 11 des Bankruptcy Code eingeführt, mit dem die ansonsten für gewöhnliche Unternehmenssanierungsfälle unter Beteiligung von KMU geltenden Regeln radikal vereinfacht wurden.

Obwohl dieses neue Gesetz den internationalen Forderungen nach einer weniger belastenden Behandlung und einer stärkeren Unterstützung finanziell angeschlagener KMU entspricht, verfolgt es einen kühnen Ansatz in Abweichung von den sich international entwickelnden Normen. Während internationale Standardisierungsorganisationen weiterhin vollständig gläubigerkontrollierte Verfahren bevorzugen, bei denen die Annahme eines Sanierungs­plans nur durch das positive Votum einer Mehrheit der beteiligten Gläubiger erfolgt, geht das neue USGesetz einen bedeutenden Schritt weiter. Es verleiht den Gerichten die Befugnis, Sanierungspläne bei Erfüllung bestimmter gesetzlicher Vorgaben gegen den Willen der Gläubiger durchzusetzen („Cram-down“, gerichtliche Bestätigung eines Insolvenzplans trotz fehlender Zustimmung einer Gläubigergruppe). Sowohl für rein inländische Unternehmen als auch für US Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen bietet der Small Business Reorganization Act (SBRA) einen wesentlich zugänglicheren und leistungsfähigeren Weg zur Unternehmenssanierung als die meisten Modelle in anderen Ländern, jedenfalls aber in höherem Maße als eine herkömmliche, vollständige Sanierung nach Chapter 11.

Das neue, vereinfachte Sanierungsverfahren ist nur „kleinunternehmerischen Schuldnern“ zugänglich, die sich für eine Durchführung dieses Verfahrens entscheiden. Schuldner, die die Voraussetzungen erfüllen, sind nicht zur Durchführung dieses Verfahrens verpflichtet. Wie bisher gilt als Standardverfahren für die Sanierung von Unternehmen das umfassende Verfahren nach Chapter 11. Ein als „kleinunternehmerischer Schuldner“ eingestuftes Unternehmen kann sich jedoch für das schnellere Verfahren nach Subchapter V von Chapter 11 entscheiden, wenn es die folgenden zwei Kriterien erfüllt.

Da dieses Verfahren sowohl natürlichen als auch juristischen Personen zugänglich ist, verlangt der erste Teil des Qualifizierungstests die Ausübung einer „gewerblichen oder geschäftlichen Tätigkeit“ (im Gegensatz zu einem bloßen nicht geschäftsbezogenen Konsum wie bei der überwältigenden, von Verbrauchern dominierten Mehrheit der Schuldner in US-Konkursverfahren), und dass mindestens die Hälfte der Schulden der betreffenden Person aus geschäftlichen Tätigkeiten stammen muss. Bei Unternehmen versteht sich dieser Teil des Tests von selbst. Der eigentliche Schwerpunkt liegt daher auf der Größe. Hier kommt es jedoch nicht auf die Größe des Schuldners oder gar des Unternehmens an. Vielmehr ist der Grad der Unternehmensverschuldung für die Qualifizierung eines unternehmerischen Schuldners für das Verfahren nach Subchapter V ausschlaggebend.

Ein „kleinunternehmerischer Schuldner“ ist ein Schuldner, dessen gesamte nicht bedingte, liquidierte, gesicherte oder ungesicherte Schulden einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten. Im ursprünglichen Gesetz von 2019 lag dieser (alle drei Jahre an die Inflation angepasste) Grenzwert bei 2.725.625 USD. Dieser Betrag würde den Kreis der in Betracht kommenden Berechtigten sehr stark einschränken. Daher ist die Frage nach dem angemessenen Schwellenwert für die Bestimmung von „kleinunternehmerischen Schuldnern“ seit vielen Jahren Gegenstand von Studien und Debatten in Wissenschaft und Wirtschaft. In der Folge sind Kommentatoren immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass der Schwellenwert für die Erfassung der Zielgruppe erheblich höher liegen sollte. Die National Bankruptcy Review Commission (Nationaler Ausschuss für die Überprüfung von Konkursen) hielt (vor mehr als 20 Jahren) als geeignete Abgrenzungslinie eine Gesamtverschuldung von 5 Millionen USD (inflationsbereinigt einem heutigen Wert von 8,5 Millionen USD entsprechend) für angemessen, während sich die American Bankruptcy Institute Chapter 11 Commission (der für Chapter 11 zuständige Ausschuss des amerikanischen Konkursinstituts) für einen Betrag von 10 Millionen USD an Gesamtverbindlichkeiten bzw. Gesamtaktiva entschied.

Ein Silberstreif am dunklen Horizont der COVID-19-Pandemie war eine – wenn auch nur befristete – deutliche Anhebung des Schwellenwerts für die Qualifizierung als „Kleinunternehmen“. In Anerkennung der pandemiebedingten besonderen Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen verabschiedete der Kongress im Jahr 2020 eine – bis zum Jahr 2021 verlängerte – Bestimmung des sogenannten CARES-Gesetzes, mit der das Kriterium für die Bestimmung von Kleinunternehmen auf eine Gesamtverschuldung in Höhe von 7,5 Millionen USD verdoppelt wurde. Der höhere Schwellenwert soll am 27. März 2022 enden und auf das niedrigere ursprüngliche Niveau zurückfallen, obwohl zu diesem Zeitpunkt die alle drei Jahre stattfindende Anhebung zur Inflationsindexierung ansteht. Viele Stimmen haben sich daher für eine dauerhafte Beibehaltung des höheren Schwellenwerts ausgesprochen. Die Entscheidung steht noch aus.

Für Nicht-US-Unternehmen mit US-Tochtergesellschaften ist ein weiterer Aspekt der einschränkenden Definition des „kleinunternehmerischen Schuldners“ von besonderer Bedeutung. Demgemäß werden Unternehmen ausgeschlossen, die ansonsten die Definition erfüllen, aber aus anderen Gründen als „nicht klein“ gelten, z. B. weil sie mit anderen, vermutlich größeren Schuldnern, verbunden sind. Drei Faktoren können dazu führen, dass ein ansonsten qualifizierter Schuldner von Subchapter V ausgeschlossen wird.

Für den ersten dieser drei Ausschlussfaktoren ist die richtige Lesart des Gesetzes entscheidend. Die Verschuldungsgrenze wird für jede „Gruppe verbundener Schuldner“ zusammengerechnet. Wenn also die Gesamtverschuldung aller verbundenen „Schuldner“ die Obergrenze übersteigt, wird jedes Mitglied der Gruppe, auch die ansonsten „kleinen“ Mitglieder, ausgeschlossen. In diesem Kontext bedeutet das Wort „Schuldner“ jedoch keine allgemeine Bezugnahme auf jedes verschuldete Mitglied einer Unternehmensgruppe. Vielmehr handelt es sich dabei um einen definierten Begriff des Konkursgesetzes. Ein „Schuldner“ im Sinne des Gesetzes ist eine Person, „gegen die ein Verfahren nach diesem Titel eingeleitet wurde.“ Somit werden also nur die Schulden der Gruppenmitglieder berücksichtigt, die ein Konkursverfahren in den USA beantragt haben (oder – wesentlich unwahrscheinlicher – in ein solches hineingedrängt wurden); die Schulden anderer verbundener Unternehmen, einschließlich einer nicht in den USA ansässigen Mutter- oder Schwestergesellschaft, bleiben bei der Berechnung selbst dann unberücksichtigt, wenn sie sich in ihren eigenen Ländern in einem Insolvenzverfahren befinden.

Der zweite und dritte Ausschlussfaktor steht im Zusammenhang mit den US-Wertpapierhandelsgesetzen. Während es kaum vorstellbar ist, dass ein Unternehmen mit einer so bedeutenden Marktkapitalisierung als „klein“ eingestuft werden könnte, sind die nach dem Securities Exchange Act von 1934 (US Wertpapiergesetz) berichtspflichtigen börsennotierten Unternehmen von Subchapter V ausgenommen. Sind die Aktien einer US-Tochtergesellschaft eines Nicht US-Unternehmens an einer Börse notiert, so schließt dies die Tochtergesellschaft eindeutig von der Behandlung nach Subchapter V aus. Aber auch hier würde man kaum erwarten, dass ein solches Unternehmen als „kleinunternehmerischer“ Schuldner eingestuft würde. Doch selbst wenn die Aktien eines solchen Unternehmens nicht börsennotiert sind, könnte das Unternehmen dennoch meldepflichtig werden, wenn seine Vermögenswerte 10 Millionen USD übersteigen und seine Aktien von „der Öffentlichkeit“, d. h. von 500 oder mehr Personen, die keine „accredited investors“ (zum Handel mit möglicherweise nicht bei den Finanzbehörden registrierten Wertpapieren zugelassene Anleger) sind, gehalten werden, in jedem Fall aber bei einer Anzahl von 2.000 Personen. Die Feinheiten der Wertpapierhandelsgesetze würden jedoch den Rahmen dieses Beitrags bei Weitem sprengen. Daher sei an dieser Stelle nur angemerkt, dass der Vertrieb von Dividendenpapieren, die in erheblichem Umfang über eine Nicht-US-Muttergesellschaft hinausgehen, eine US-Tochtergesellschaft aufwendigen Verpflichtungen zur Einhaltung von Vorschriften unterwerfen könnte. Dies würde ein solches Unternehmen von einer Sanierung nach Subchapter V entsprechend ausschließen. Möglicherweise problematischer ist der endgültige, scheinbar umfassende Ausschluss aller verbundenen Unternehmen eines „Emittenten“ gemäß der Definition in Section 3 des genannten Exchange Act (Börsengesetz). Wie ein prominenter Kommentator feststellte, „konnte der Kongress nicht beabsichtigt haben“, jedes verbundene Unternehmen, das Wertpapiere emittiert hat, auszuschließen; die richtige Auslegung muss daher lauten, dass der Ausschluss nur für „das verbundene Unternehmen eines Emittenten gilt, der den Berichtspflichten des soeben erörterten Börsengesetzes unterliegt“ (d. h. Emittenten von in den USA notierten „öffentlichen“ Wertpapieren).

Für qualifizierte Schuldner unterscheiden sich die Verfahren nach Subchapter V in zwei wesentlichen Punkten von den gewöhnlichen Unternehmenssanierungen nach Chapter 11, die beide dem Zweck dienen, Schuldner in das System einzubinden und Sanierungspläne – mit oder ohne Zustimmung der Gläubiger – zu erleichtern. Als ersten Anreiz für eine Teilnahme der Schuldner am Verfahren führt Subchapter V die Tradition des „Schuldners in Eigen­verwaltung“ (debtor in possession) in diesem neuen Kontext fort. Kleinunternehmerische Schuldner bleiben weiterhin im Besitz und in Kontrolle über ihr Vermögen und ihre Unternehmen, sofern nicht Betrug oder grobe Misswirtschaft zur Einsetzung eines Treuhänders führen, was in den USA jedoch äußerst selten der Fall ist.

Weitere Anreize für die Aufnahme und den Verbleib in einem Verfahren nach Subchapter V zielen auf eine geringere Komplexität und eine deutliche Vereinfachung der Aushandlung und Bestätigung von einvernehmlichen Sanierungsplänen ab. Ein Großteil der bei einer herkömmlichen Sanierung nach Chapter 11 anfallenden Kosten ergibt sich aus der Verpflichtung des Schuldners, mit dem offiziellen Ausschuss der ungesicherten Gläubiger (official committee of unsecured creditors) zusammenzuarbeiten (d. h. zu streiten) und den Gläubigern ausführliche und detaillierte Informationen über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Unternehmens und seine Sanierungsbemühungen zu liefern. Subchapter V räumt mit diesen umständlichen Prozeduren und den damit verbundenen Kosten auf.

Bisher haben Gläubiger nur wenig Interesse an kleinunternehmerischen Fällen gezeigt. Daher ist in den Fällen von Subchapter V ein bestellter Ausschuss von ungesicherten Gläubigern eher die Ausnahme als die Regel. Es bleibt den Schuldnern überlassen, direkt mit der Gesamtheit der Gläubiger zu kommunizieren. Angesichts der geringen Verschuldung besteht die Erwartung, dass diese Kommunikation einfach und unkompliziert sein sollte. Herkömmliche Planverhandlungen nach Chapter 11 erfordern eine gerichtlich genehmigte Offenlegungserklärung (disclosure statement), die in vielen Fällen so umfangreich und kompliziert ausfällt, dass sie einem Prospekt für eine Börseneinführung von Wertpapieren ähnelt, mit all den damit verbundenen Kosten für Wirtschaftsprüfer, Fachberater und andere Sachverständige, die sowohl rückblickende als auch zukunftsgerichtete Daten und Analysen sammeln und präsentieren müssen. Diesem mühsamen Formalismus setzt Subchapter V ein Ende. Stattdessen muss der Schuldner den Gläubigern lediglich einen Bericht vorlegen, der stark vereinfachte Kerninformationen über seine geschäftlichen Aktivitäten und künftigen Sanierungspläne enthält, wobei vermutlich weit weniger oder überhaupt keine externen Fachberater hinzugezogen werden müssen. Die Zeitvorgaben für die Ausarbeitung und Vorlage von Sanierungsplänen sind für kleinunternehmerische Schuldner sowohl ein Segen als auch ein Fluch. Nur der Schuldner kann einen Plan vorschlagen, der allerdings innerhalb von 90 Tagen nach Einleitung des Verfahrens vorgelegt werden muss. Diese Zeitschiene ist also sowohl erfreulich als auch brutal kurz. Subchapter V ist aber nicht dazu gedacht, den unvermeidlichen Untergang von Zombie-Unternehmen hinauszuzögern, sondern lebensfähigen Unternehmen eine sinnvolle Chance zu geben. Zudem verringert die beschleunigte Zeitschiene die Belastung durch Ausgaben für fachliche Beratungsdienstleistungen, die ohnehin schon ums Überleben kämpfende Kleinunternehmen in weitere finanzielle Schwierigkeiten bringen.

Fachberatung kann zwar teuer sein, wird aber von kleinunternehmerischen Schuldnern in vielen Fällen dringend benötigt. Eine wichtige zusätzliche Maßnahme betrifft daher die Funktion der amtlichen Aufsichtsinstanz (official overseer) in Sanierungsfällen von Kleinunternehmen. Wie bereits erwähnt, werden Treuhänder (trustees) nur in den seltensten Fällen dann ernannt, wenn energisches Eingreifen erforderlich ist, um einem Fehlverhalten des Schuldners zum Schutz der Gläubigerinteressen entgegenzuwirken. Im Gegensatz dazu wird in Subchapter V in jedem Fall ein einzigartiger und neuartiger Treuhänder ernannt, dessen Aufgabe jedoch nicht darin besteht, in eine antagonistische Situation einzugreifen. Vielmehr besteht die ausdrückliche Aufgabe des Treuhänders nach Subchapter V in der Unterstützung und Beratung des Schuldners in Eigenverantwortung (debtor-in-possession), insbesondere in der „Erleichterung der Ausarbeitung eines einvernehmlichen Sanierungs­plans.“ Bei diesen Treuhändern nach Subchapter V handelt es sich um erfahrene Geschäftsleute und Dealmaker, die Gläubiger zur Unterstützung eines tragfähigen Plans zu bewegen wissen (oder Schuldnern die ungeschminkte Wahrheit über nicht tragfähige Pläne mitteilen). Diese fachkundige Unterstützung hat ihren Preis, denn sie verringert den für die Verteilung an die Gläubiger im Rahmen des Plans zur Verfügung stehenden Wert. Diese finanzielle Belastung ist jedoch weitaus geringer als bei einer herkömmlichen Restrukturierung nach Chapter 11. Zudem ist es wahrscheinlicher, dass der Einsatz sowohl den Schuldnern als auch den Gläubigern zugutekommt.

Im Übrigen gelten die gleichen Vorschriften für die Planannahme und -bestätigung nach Subchapter V wie für ein herkömmliches Verfahren nach Chapter 11. Alle Gläubigerklassen müssen dem Plan mit der Mehrheit der tatsächlich an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger zustimmen, wobei die Forderungen dieser Gläubiger mindestens zwei Drittel des Dollarwerts aller Forderungen der stimmberechtigten Gläubiger in dieser Klasse ausmachen müssen. Ein von Gläubigern genehmigter Plan muss zusätzlich vom Gericht als den gesetzlichen Anforderungen entsprechend bestätigt werden. Dazu gehören vor allem (1) die praktische Durchführbarkeit des Plans, (2) die Gewährleistung, dass der Plan den Gläubigern mindestens die gleichen finanziellen Vorteile bietet wie eine sofortige Liquidation und Verteilung des verfügbaren Vermögenswerts des Schuldners, und (3) dass der Schuldner in gutem Glauben handelt. Mit diesen Feststellungen wird den Richtern sowohl große Verantwortung übertragen als auch großes Vertrauen entgegengebracht. Für die Fälle nach Subchapter V wie auch für die gewöhnlichen Verfahren nach Chapter 11 werden daher US-Konkursrichter ernannt, die über lange Berufserfahrung im Konkursrecht und im Finanzwesen verfügen. Während einige Richter tendenziell die Sanierung in einem Ausmaß begünstigen, das bei manchen unerwünscht ist, zeigen sie im Allgemeinen die Bereitschaft zu einer eingehenden Prüfung, insbesondere von Plänen für Kleinunternehmen, um zu dem Schluss zu kommen, dass es an der Zeit ist, sich dem nächsten Unternehmen zuzuwenden.

Die radikalste und im internationalen Vergleich außergewöhnliche Neuerung des Subchapter V ist ein neues Verfahren für einen „Cram-down“ von Sanierungsplänen gegen den Widerstand der Gläubiger. Selbst bei Ablehnung eines vorgeschlagenen Plans durch eine erforderliche Mehrheit der Gläubiger kann das Gericht den Plan dennoch bestätigen und durchsetzen (ein Verfahren, das informell, aber allgemein als „Cram-down“ bezeichnet wird), solange seine Bedingungen aus objektiver Sicht im Sinne des Gesetzes angemessen sind. Diese gesetzlich vorgesehene Alternative übt einen erheblichen Druck auf den Verhandlungsprozess aus, indem sie die mutmaßlichen äußeren Grenzen eines Plans festlegt und Gläubiger wie auch Schuldner ermutigt, innerhalb dieser Grenzen freiwillig nach vernünftigen Kompromissen zu suchen. Die Festlegung dieser Grenzen hat im Laufe der Jahre zu heftigen Diskussionen geführt.

Während das herkömmliche Verfahren nach Chapter 11 auch die gerichtliche Auferlegung von Plänen zulässt, hat sich die „absolute Prioritätsregel“ (absolute priority rule) seit Langem als Hüterin der Gläubigerrechte und als Kontrolle der Bemühungen seitens der Schuldner erwiesen, das Eigentum auf Kosten der Gläubiger beizubehalten. Diese Regel verbietet zumeist die Auferlegung eines Plans, der den ehemaligen Eigentümern bei nicht vollständiger Befriedigung der Gläubiger die Beibehaltung einer Beteiligung an dem sanierten Unternehmen erlaubt. In Fällen von Subchapter V ist diese Regel nicht anwendbar. Sie verhindert also nicht die Bestätigung (Cram-down) eines nicht einvernehmlichen Plans, der es dem/den Eigentümer(n) eines kleinunternehmerischen Schuldners trotz fehlender vollständiger Befriedigung der Gläubiger erlaubt, eine (wahrscheinlich 100%ige) Beteiligung an dem Unternehmen nach der Sanierung beizubehalten1 Stellt das Gericht die Erfüllung der nachstehend erörterten einfachen Voraussetzungen fest, kann der Plan unabhängig vom Widerstand der Gläubiger bestätigt werden.

In dieser und anderer Hinsicht ähnelt Subchapter V dem seit Jahrzehnten verwendeten Verfahren, und zwar nicht für die Sanierung von Unternehmen nach Chapter 11, sondern für die Entlastung einzelner „Lohnempfänger“ durch Zahlungspläne nach Chapter 13. Das weit weniger bekannte Verfahren nach Chapter 13 wurde in den 1930er-Jahren entwickelt, um Personen mit einem berechenbaren zukünftigen Einkommen aus einem sicheren Beschäftigungsverhältnis die Möglichkeit zur Vermeidung des Stigmas eines Konkurses und der Vermögensliquidation zu bieten, indem sie dieses Arbeitseinkommen für die Rückzahlung zumindest eines Teils ihrer Schulden im Laufe der Zeit verwenden. Bei der Novellierung des Bankruptcy Code in den späten 1970er-Jahren erkannte der Gesetzgeber, dass solche Schuldner nur wenig oder gar keinen Verhandlungsspielraum hatten, um die Gläubiger zur Unterstützung eines einvernehmlichen Plans zu bewegen, sodass alle Zahlungsvereinbarungen nach Chapter 13 unter Anwendung der gesetzlichen Standards einem gerichtlichen „Cram-down“ unterworfen wurden. Das heißt, solange die gesetzlichen Bestimmungen über die Höhe und den Zeitpunkt der Zahlungen eingehalten werden, wird der Plan nach Chapter 13 eines einzelnen Schuldners ohne Abstimmung der Gläubiger durch Gerichtsbeschluss bestätigt. Dies entspricht funktionell den in vielen Länder Europas in den letzten 30 Jahren in einer Welle neuer „Schuldenbereinigungs-“ oder „Verbraucherinsolvenz“- Gesetze erfolgten Entwicklungen, die Privatpersonen in der Regel einen Schuldenerlass im Austausch für eine nicht ausgehandelte Reihe von mehrjährigen Zahlungen an die Gläubiger aus dem Einkommen des Schuldners gewähren, das den zur Deckung der angemessenen häuslichen Bedürfnisse der Schuldner und ihrer Familien erforderlichen Betrag übersteigt. Solche gerichtlich genehmigten, nicht ausgehandelten Zahlungspläne waren in den USA bisher nur für Einzelschuldner (nicht für Unternehmen) mit relativ geringen Schulden (z. B. ungesicherte Schulden unter 420.000 USD) möglich.

Subchapter V übernahm im Wesentlichen diese nicht ausgehandelte Alternative für kleinunternehmerische Schuldner, einschließlich künstlicher Unternehmen, die nur den erheblich höheren Verschuldungsgrenzen hinsichtlich der Qualifikation für ein Verfahren nach Subchapter V selbst unterliegen. Die Zahlungsbedingungen und -fristen in Subchapter V entsprechen denen in Chapter 13: Ein „Cramdown“- Plan muss den ungesicherten Gläubigern die gleichberechtigte Zahlung des gesamten „voraussichtlich verfügbaren Einkommens“ in der vom Schuldner in den nächsten drei bis fünf Jahren zu erwartenden Höhe zusichern. Dabei kann die Zahlung dieses Betrags entweder in einem einzigen Betrag oder in mehreren Raten über einen Zeitraum von 36 bis 60 Monaten erfolgen. Legt man die derzeitige Praxis von Chapter 13 zugrunde, so beträgt die Standardlaufzeit des Plans 60 Monate, sofern keine vollständige Befriedigung der Gläubiger innerhalb einer kürzeren Frist erfolgen soll.

Der zentrale Begriff des „verfügbaren Einkommens“ wird als Nettoeinkommen definiert, „das vernünftigerweise nicht für ... die Bezahlung von Ausgaben aufgewendet werden muss, die für Fortführung, Erhalt oder Betrieb des Unternehmens des Schuldners notwendig sind.“ Mit dieser Definition wird dem Gericht ein enormer Ermessensspielraum bei der Beurteilung der „Notwendigkeit“ (necessity) und „Vernünftigkeit“ (reasonableness) von Geschäftsausgaben eingeräumt, ganz zu schweigen von der Vorhersage der Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Erzielung künftiger Einnahmen durch das Unternehmen. Den Erhalt künftigen Einkommens eines Durchschnittsverdieners mit festem Lohn zu prognostizieren, ist eine Sache. Eine ganz andere Sache ist es, die Generierung künftigen Einkommens durch ein Kleinunternehmen mit unvorhersehbaren – in der Tat ungewissen – und wahrscheinlich höchst unberechenbaren Geschäftsaussichten zu prognostizieren. Verschiedene Gerichte werden in diesen Punkten wahrscheinlich zu ganz unterschiedlichen Beurteilungen gelangen. Aber auch hier gilt, dass die US-Konkursrichter nach ihrem Fachwissen und ihrer Berufserfahrung mit solchen finanziellen Bewertungen im spezifischen Kontext Not leidender Unternehmen ausgewählt werden.

Das letztendliche Ziel von Subchapter V war es, die Zahl der bestätigten Sanierungspläne bei Kleinunternehmen und damit hoffentlich auch die Zahl der erfolgreich geretteten Unternehmen zu erhöhen. Die Zeitschiene für die Bewertung des endgültigen Erfolgs ist daher recht lang, und für eine endgültige Beurteilung des neuen Verfahrens ist noch nicht genügend Zeit vergangen. Dennoch sind die ersten empirischen Ergebnisse in vielerlei Hinsicht recht positiv.

Die einzige nennenswerte Gesamtstudie über die ersten Ergebnisse der Fälle von Subchapter V ist ein Bericht des Direktors des Executive Office for United States Trustees (EOUST, Geschäftsführung für Treuhänder der Vereinigten Staaten) vom Januar 2021. Das EOUST ist die staatliche Aufsichtsbehörde für das US Konkurssystem und verfügt diesbezüglich über einen einzigartigen Blickwinkel sowie Zugriff auf umfassendere Daten. In den ersten sieben Monaten nach Einführung des neuen Verfahrens, vom 19. Februar bis zum 30. September 2020, entschieden sich etwa 1.100 kleinunternehmerische Schuldner, von denen mehr als zwei Drittel Unternehmen und keine natürlichen Personen waren, für ein Verfahren nach Subchapter V. Das EOUST berichtete über die Analyse einer Untergruppe von 625 dieser Fälle, die genügend Zeit für den Abschluss des vollständigen Verfahrens hatten.

Wichtigstes Ergebnis der Analyse war die Tatsache, dass der Prozentsatz der Fälle nach Subchapter V mit einem bestätigten Plan sechsmal so hoch war wie der Prozentsatz der Fälle für Kleinunternehmen, die im Rahmen des normalen Verfahrens nach Chapter 11 abgewickelt wurden. Diese Feststellung ist vor allem wegen der kurzen Zeitspanne der Analyse nur schwierig zu bewerten. Bei einem gewöhnlichen Verfahren für Kleinunternehmen nach Chapter 11 müssen die Schuldner innerhalb von sechs Monaten einen Plan ausarbeiten, gefolgt von einer bis zu anderthalb Monate später angesetzten Anhörung zur Bestätigung des Plans. Es ist erstaunlich, dass in den sieben Monaten der EOUST-Studie jeder gewöhnliche Fall nach Chapter 11 das Planentwicklungs- und -bestätigungsverfahren abschließen konnte; da jedoch viel mehr Fälle aus den Verfahren nach Subchapter V hervorgingen, wäre dies also keineswegs überraschend gewesen. Abgesehen davon ist der Vergleich vielleicht auch einfach unfair. Die Tatsache, dass 100 dieser 625 Kleinunternehmensfälle innerhalb von nur sieben Monaten, wahrscheinlich sogar in weitaus kürzerer Zeit, zu einem bestätigten Plan führten, ist eine bemerkenswerte Leistung. Neben diesen erfolgreichen Fällen wurden etwa 40 als ungeeignet für ein Verfahren nach Subchapter V eingestuft und weitere 80 wurden entweder abgewiesen oder in eine Liquidation umgewandelt, obwohl Berichten zufolge eine beträchtliche Anzahl dieser Fälle dank der Vermittlung einer nach Subchapter V vorgesehenen einvernehmlichen, außergerichtlichen Lösung zwischen Schuldnern und Gläubigern durch den Treuhänder aus dem formellen Verfahren ausgeschieden ist.

Unter den 100 Fällen mit bestätigten Sanierungsplänen befand sich eine Gruppe von etwa 20 verbundenen Unternehmen mit einem nicht einvernehmlichen (Cram-down-)Plan, sodass der Hauptnenner der insgesamt bestätigten unabhängigen Pläne fairerweise mit 80 anzusetzen ist. Beachtliche 80 % dieser Pläne waren einvernehmlich und wurden von allen Gläubigerklassen gebilligt. Auf der Grundlage solch kleiner Zahlen aus der Anfangszeit von Subchapter V wagt man zwar keine allzu rosigen Prognosen, doch scheinen diese Zahlen die gewünschte Wirkung des neuen Verfahrens zu belegen. Insbesondere muss ein erheblicher Teil dieser 80 % an einvernehmlichen Plänen Bestätigung erhalten haben, nachdem die Gläubiger die Alternativen abgewogen hatten: Die Ablehnung des vom  Schuldner vorgeschlagenen Plans würde wahrscheinlich ohnehin zum gerichtlichen Cram-down eines Plans mit einem „voraussichtlich verfügbaren Einkommen“ führen. Warum also nicht den Vorschlag des Schuldners annehmen, solange er halbwegs vernünftig ist? Dies scheint die eigentliche Erfolgsgeschichte von Subchapter V zu sein – die Gläubiger werden ermutigt, sich angesichts der Cram-down-Alternative wesentlich versöhnlicher, realitätsbezogener und kompromissfreundlicher zu zeigen. Die Anwesenheit des als neutraler Vermittler fungierenden Treuhänders nach Subchapter V hat zweifellos ebenfalls erheblich zu der Überzeugung der Gläubiger beigetragen, vernünftige Kompromissvereinbarungen einzugehen. Diese Punkte stellen die wichtigste amerikanische Sonderstellung im Verfahren nach Subchapter V dar und scheinen sich außerordentlich positiv ausgewirkt zu haben.

In dem Jahr, das auf den in der EOUST-Studie untersuchten Zeitraum folgte, haben sich weitere 1340 Schuldner für ein Verfahren nach Subchapter V entschieden, insgesamt also 2.440 in den 19 Monaten von Mitte Februar 2020 bis Mitte September 2021. Mit zunehmender empirischer Berichterstattung über die jüngsten Fälle wird sich zeigen, ob diese US-Erfolgsgeschichte Bestand hat und in welchem Kosten-Nutzen-Verhältnis sie für Gläubiger, Unternehmer und die Gesellschaft steht. Für Nicht-US-Unternehmen, die sich mit dem Labyrinth des Chapter 11 konfrontiert sehen, bietet Subchapter V jedoch einen potenziell weitaus effizienteren und effektiveren Weg zur Rettung und Sanierung von USBetrieben, die über „kleinunternehmerische Schuldner“ geführt werden.

Autor

Professor Jason Kilborn ist eine führende Autorität auf dem Gebiet der vergleichenden Rechtswissenschaft zur Insolvenz von Privatpersonen und Kleinunternehmen. Er leitete die Redaktionsgruppe für den wegweisenden Bericht der Weltbank von 2013 Report on the Treatment of the Insolvency of Natural Persons (Bericht über die Behandlung der Zahlungsunfähigkeit natürlicher Personen) und war als Kurzzeitberater bei zahlreichen anderen Projekten der Weltbankgruppe zum Thema Privatinsolvenz tätig. Ferner hat er mehrere nationale Regierungen bei Reformen der Privatinsolvenzen beraten und wurde zum beratenden Mitglied des Verwaltungsausschusses des Konkursgerichts von Seoul (Korea) berufen. Zuletzt verfasste und präsentierte er den Bericht der Weltbankgruppe von 2018, Saving Entrepreneurs, Saving Enterprises: Proposals for the Treatment of MSME Insolvency (Rettung von Unternehmern, Rettung von Unternehmen: Vorschläge für die Behandlung der Insolvenz von KMU). Neben seiner Arbeit über den Konkurs von Privatpersonen und Kleinunternehmen ist Professor Kilborn Mitautor eines Buches über die internationale Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Sanierung von Unternehmen. Außerdem gehört er zu den Autoren und Herausgebern einer vergleichenden Reihe über Unternehmensliquidation und -restrukturierung, die beide im Verlag Oxford University Press erschienen sind. Professor Kilborn ist ein gewähltes Mitglied des International Insolvency Institute.
E-Mail: jkilborn@uic.edu

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