Was die Korrektur einer Rechnung für den Vorsteuerabzug bedeutet

09. Juni 2021 Blog Steuerberatung

 

Es klingt zunächst einfach, ist es aber nicht immer: Will ein Unternehmer bei der Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug geltend machen, muss ihm dafür eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegen. Stellt ein Betriebsprüfer später fest, dass diese Rechnung nicht alle für den Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsbestandteile enthält, kann der Unternehmer die Rechnung zwar vom Rechnungsaussteller korrigieren lassen, um so den Vorsteuerabzug zu erhalten und Rückzahlungen an das Finanzamt zu vermeiden. Aber: Für welchen Zeitpunkt gilt die Berichtigung dann und kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug auch rückwirkend in Anspruch nehmen?

Mit diesen Fragen haben sich der Bundesfinanzhof (BFH) sowie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in mehreren Verfahren beschäftigt. Welche Auffassung die Richter dabei vertraten, welche Regeln nun gelten und welche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sein müssen, erfahren Sie in diesem Newsletter.

Birgitt Müller
Birgitt Müller

Steuerberaterin

Dipl.-Betriebswirtin (BA)

Bezieht der Unternehmer von einem anderen Unternehmer Waren oder Dienstleistungen für sein Unternehmen, kann er daraus den Vorsteuerabzug geltend machen. Dafür muss der Unternehmer im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung sein, die bestimmte Pflichtangaben enthalten muss. Bei fehlenden oder unzutreffenden Angaben ist ein Vorsteuerabzug aus der Rechnung nicht möglich.

Lassen Sie Rechnungen berichtigen!

Erhält der Unternehmer von einem Lieferanten eine fehlerhafte oder unvollständige Rechnung, so kann – und sollte – er mit Blick auf den Vorsteuerabzug diese von seinem Lieferanten korrigieren lassen.

Der Unternehmer hat dabei grundsätzlich ein Interesse daran, dass die Rechnungskorrektur steuerlich in den Besteuerungszeitraum zurückwirkt, in dem er die ursprüngliche Rechnung erhalten und den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat. So vermeidet er Nachzahlungszinsen. Hierzu haben der Europäische Gerichtshof (EuGH) sowie der Bundesfinanzhof (BFH) zuletzt die steuerliche Rückwirkung von Rechnungskorrekturen zugunsten der Unternehmer bestätigt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Der Vorsteuerabzug bleibt dem Unternehmer also im ursprünglichen Besteuerungszeitraum erhalten. Nachdem die Finanzverwaltung früher die steuerliche Rückwirkung einer Rechnungskorrektur grundsätzlich abgelehnt hatte, hat sie ihre Meinung zwischenzeitlich der Rechtsprechung des BFH und des EuGH weitestgehend angepasst.

Voraussetzung für die rückwirkende Korrektur ist zunächst, dass die fehlerhafte Rechnung grundsätzlich berichtigungsfähig sein muss. Dafür sind Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur ausgewiesenen Umsatzsteuer erforderlich. Die Angaben in der Rechnung dürfen dabei nicht in derart hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.

So sind zum Beispiel die Leistungsbeschreibungen „Beratung“ in der Rechnung eines Rechtsanwalts oder „Bauarbeiten“ in der Rechnung eines Bauunternehmers berichtigungsfähig. Demgegenüber genügt die Angabe „Produktverkäufe“ für Warenlieferungen nicht für die rückwirkende Berichtigungsfähigkeit der Rechnung. Die abgerechnete Leistung ist in einem solchen Fall nicht eindeutig und leicht nachprüfbar. Hier kann der ursprünglich vorgenommene Vorsteuerabzug zunächst versagt werden und schließlich erst in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in dem die Rechnungskorrektur erfolgt ist. Zwar muss der Unternehmer in diesem Fall im Ergebnis den Vorsteuerbetrag nicht zurückzahlen, doch verbleibt ihm ggfs. eine tatsächliche Belastung in Form von Nachzahlungszinsen nach § 233a AO.

Wie wird eine Rechnung berichtigt?

Berichtigt wird die Rechnung durch ein Korrekturdokument. Oder die ursprüngliche Rechnung wird storniert und eine neue Rechnung ausgestellt. Beide Arten der Rechnungskorrektur können – unter den genannten Voraussetzungen – mit steuerlicher Rückwirkung vorgenommen werden. Kann die Rechnungskorrektur rückwirkend gelten, bleibt der Vorsteuerabzug erhalten, und zwar für den ursprünglichen Besteuerungszeitraum, in dem die Leistung bezogen und die ursprünglich fehlerhafte Rechnung empfangen wurde.

Rückwirkung gilt eingeschränkt!

Wird eine Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben korrigiert, stellt dies jedoch kein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Regelungen der Abgabenordnung dar. Diese von der Finanzverwaltung bereits vertretene Meinung hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2020 nunmehr gesetzlich geregelt.

Der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung sind damit verfahrensrechtliche Grenzen gesetzt. Im Einzelfall kann das sogar zu einem endgültigen Verlust des Vorsteuerabzugs führen. Nämlich dann, wenn rückwirkend berichtigte Rechnungen den Unternehmer erstmalig zum Vorsteuerabzug berechtigen würden, die Umsatzsteuerfestsetzung für den konkreten Besteuerungszeitraum allerdings bereits festsetzungsverjährt ist und damit nicht mehr geändert werden kann.

Prüfen Sie Rechnungen sorgfältig!

Bleiben Fehler in der Rechnungsstellung unbemerkt und tauchen erst im Rahmen von späteren Betriebs- oder Umsatzsteuersonderprüfungen auf, hat der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer häufig das Nachsehen, etwa wenn der Lieferant die ursprüngliche Rechnung nicht mehr korrigieren kann, beispielsweise im Falle der Insolvenz des Lieferanten. Unternehmer sollten deshalb eingehende Rechnungen mit Blick auf den Vorsteuerabzug sorgfältig prüfen, um Rechnungskorrekturen zeitnah veranlassen zu können und so Nachzahlungsrisiken möglichst gering zu halten. Bekanntlich ist Vorsicht besser als Nachsicht.

Steuerberaterin Birgitt Müller, Dipl.-Betriebswirtin (BA)