Stadtverband der Hörgeschädigten Leipzig stellt sich im Insolvenzverfahren neu auf

06. Mai 2025 Pressemitteilung Verfahren

  • Rüdiger Bauch und René Schmidt von Schultze & Braun beraten und unterstützen den Verband im Verfahren
  • Vorläufige Insolvenzverwalterin Sarah Müller von der Kanzlei Korn & Letzas prüft wirtschaftliche Situation und Sanierungsoptionen für den Dachverband der hörgeschädigten Gemeinschaft
  • Die Neuaufstellung des Vereins ist unter anderem durch indirekte Sanierungskosten für das Haus ohne Barrieren notwendig geworden
  • Die Soziale Beratungsstelle für hörgeschädigte Menschen und deren Angehörige führt ihre Tätigkeit mit einem neuen Träger ohne Einschränkungen fort 

Leipzig. Der Stadtverband der Hörgeschädigten Leipzig e.V. (SVHGL) stellt sich im Insolvenzverfahren neu auf. Rüdiger Bauch und René Schmidt vom Leipziger Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun beraten und unterstützen den Verband im Verfahren und der Neuaufstellung mit Hilfe der Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts. Erste Schritte zur Liquiditätssicherung für die Fortsetzung der Tätigkeit des Vereins wurden bereits umgesetzt. Sarah Müller von der Kanzlei Korn & Letzas wurde zur vorläufigen Insolvenzverwalterin bestellt. Sie und ihr Team haben bereits mit dem Vorstand die aktuelle Situation und die weiteren geplanten Maßnahmen besprochen. „Wir prüfen nun die wirtschaftliche Situation des Vereins und die Sanierungsoptionen. Wichtig ist: Die Soziale Beratungsstelle für hörgeschädigte Menschen und deren Angehörige mit ihren beiden Mitarbeiterinnen führt ihre Tätigkeit seit dem 1. Mai mit einem neuen Träger ohne Einschränkungen in der Grimmaischen Straße 10, 3. Etage im Kompetenzzentrum der BBW-Leipzig-Gruppe fort und ist vom Insolvenzantrag des Stadtverbands nicht betroffen“, sagt Sarah Müller von der Kanzlei Korn & Letzas. 

Im SVHGL, der gleichzeitig Dachverband von sechs Mitgliedsvereinen ist, sind über diese Vereine insgesamt fast 275 Einzelmitglieder organisiert. Die Mitglieder gehören unterschiedlichen Gruppen der hörgeschädigten Gemeinschaft an. Durch die enge Zusammenarbeit der Vereine unter dem Dach des SVHGL wird eine starke Gemeinschaft gebildet, die sich gegenseitig unterstützt und gemeinsame Ziele verfolgt. 

Nachhaltige Fortführung des Verbands und seiner bedeutsamen Aufgaben angestrebt 

Die Mitglieder des SVHGL sind über die aktuelle Situation und die nächsten Schritte informiert. Ab Juni soll der SVHGL so aufgestellt sein, dass die laufenden Kosten des vom SVHGL in der Villa Davignon betriebenen sogenannten Haus ohne Barrieren wieder aus dem laufenden Verbandsbetrieb erwirtschaftet werden. „Diese finanzielle Verschnaufpause wollen wir für die Neuaufstellung des Verbands nutzen. Dabei arbeiten wir eng mit dem neuen Vorstand zusammen, der am 4. April 2025 gewählt wurde. Auch wenn dieser erst wenige Tage im SVHGL in den jeweiligen Positionen tätig ist, ist es toll zu sehen, mit welchem Einsatz sich alle der täglichen Arbeit für die Klienten widmen. In enger Abstimmung mit dem Verbandsvorstand werden wir alle Sanierungsoptionen eingehend prüfen, und wir sehen gute Chancen, dass uns das in den nächsten Monaten gelingen kann. Maßgeblich wird der Erfolg aber auch von den laufenden Gesprächen mit den öffentlichen Kostenträgern und Gläubigern abhängen. Unser Ziel ist auf jeden Fall die nachhaltige Fortführung des Verbands und seiner bedeutsamen Aufgaben für die hörgeschädigte Gemeinschaft – in Leipzig, aber auch im Umland“, sagen die vorläufige Insolvenzverwalterin und die beratenden Rechtsanwälte von Schultze & Braun. 

Die Gemeinschaft der Gehörlosen ist im Vergleich zur hörenden Gesellschaft klein, sodass die Mitgliedsvereine des SVHGL eine zentrale Rolle als Multiplikatoren für wichtige Informationen spielen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des SVHGL liegt auf der Verbandsarbeit, insbesondere in den Bereichen Aufklärung und Information, Integration und Gemeinschaft, Kultur-, Familien-, soziale und Öffentlichkeitsarbeit sowie Bildungsangebote. Das Haus ohne Barrieren des SVHGL bietet den notwendigen Raum für die Tätigkeit des Verbands und seiner Mitgliedsvereine, aber auch die der Beratungsstelle für hörgeschädigte Menschen und deren Angehörige. Das Haus wurde speziell für die Bedürfnisse von Menschen mit Hörschädigungen ausgebaut und ist gleichzeitig barrierefrei umfänglich gestaltet, um auch anderen Nutzergruppen den Zugang zu ermöglichen. 

Finanzielle Schieflage durch indirekte Sanierungskosten für das Haus ohne Barrieren

Die finanzielle Schieflagedes Verbands ist unter anderem durch indirekte Sanierungskosten für das Haus ohne Barrieren entstanden. Der SVHGL hat das Haus ohne Barrieren seit 2003 mit einen Erbbaupachtvertrag von der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) gepachtet, einer kommunalen Immobiliengesellschaft der Stadt Leipzig. Die notwendige Sanierung hat der SVHGL übernommen und dafür neben Fördermitteln auch Eigenmittel eingesetzt und Kredite aufgenommen. Im Zuge der Sanierung des Hauses ohne Barrieren ist im Jahr 2004 ein hoher fünfstelliger Betrag als Stellplatzablöse entstanden, da der SVHGL die erforderliche Anzahl an Stellplätzen nicht errichten konnte. Im Rahmen der Sanierung des Hauses ohne Barrieren ergaben sich aufgrund der unerwartet maroderen Bausubstanz ungeplante Mehrkosten, die vom SVHGL nur durch eine Erhöhung der aufgenommenen Kredite getragen werden konnten. Allerdings war es dem Stadtverband dadurch nicht mehr möglich, die Stellplatzablöse zu zahlen. Die Stadt Leipzig hatte daher zugestimmt, dass der SVHGL die offene Stellplatzablöse zunächst nicht bezahlen muss. Dieser Zustand hat sich nun geändert, und der SVGHL ist als gemeinnütziger Verein ohne größere Rücklagen nicht in der Lage, die Forderung aus der Stellplatzablöse, die seit 2004 inklusive Säumniszuschlägen auf fast eine Viertelmillion Euro angewachsen ist, zu bezahlen. Die Eigenmittel des Verbands werden dazu genutzt, die für die Sanierung des Haus ohne Barrieren aufgenommen Kredite zu tilgen und die für Fördermittel notwendigen Eigenanteile aufzubringen.

Von besonderer Bedeutung

Das Haus ohne Barrieren, das unter anderem auch die Beratungsstelle Südlicht des Kinderhospiz Bärenherz Leipzig e.V. beheimatet, ist die Heimat und der zentrale Anlaufpunkt für hörgeschädigte Menschen, und ist voll und ganz auf deren Bedürfnisse zugeschnitten. Der besonderen Bedeutung des Hauses ist sich auch die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat bewusst. „Eine so zentrumsnahe, gut angebundene und barrierearm ausgebaute Villa gibt es in Leipzig kein zweites Mal. Das sollten wir als einen zentralen Ort für Verbände und Vereine im Bereich der Inklusion nutzen. Die Synergieeffekte durch engeren Austausch und Vernetzung wären ein Gewinn, genauso wie eine dauerhafte, gemeinwohlorientierte Nutzung dieses historischen Gebäudes“, betont die SPD-Stadträtin Pia Heine. Sie und ihre Fraktionskolleginnen und -kollegen haben einen Antrag auf den Weg gebracht, der die LWB dazu auffordert, die Nutzung der Villa Davignon dauerhaft mit Trägern aus dem inklusiven Bereich in einem 'Haus der Inklusion' sicherzustellen. Gleichzeitig soll das Sozialamt prüfen, welche Vereine dafür in Frage kommen und wie eine geeignete Träger- und Betreiberstruktur für so ein Haus gestaltet sein muss."

Übernahme der Beratungsstelle – am Verbandsangebot soll sich nichts ändern

Zum 1. Mai 2025 hat das Berufsbildungswerk Leipzig (BBW) als neuer Träger die soziale Beratungsstelle für hörgeschädigte Menschen und deren Angehörige übernommen. Sie setzt ihre Tätigkeit ohne Einschränkungen fort und bietet ihr wichtiges und stark nachgefragtes Beratungs- und Unterstützungsangebot weiterhin an. „Wir sehen unsere Aufgabe in der zielgerichteten Unterstützung von Menschen mit Einschränkungen, darin liegt auch unsere große Stärke. Die Übernahme der Aktivitäten in der sozialen Beratungsstelle ist eine Weiterentwicklung unseres Angebots und erfüllt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Mit einer Verschränkung unserer Aktivitäten können wir den hörgeschädigten Menschen ein noch vielfältigeres Angebot machen als bisher. Wir freuen uns zugleich über die neuen Kolleginnen, die unsere Zusammenarbeit innerhalb der BBW-Leipzig-Gruppe ohne Zweifel bereichern werden“, sagt Tobias Schmidt, Hauptgeschäftsführer der BBW-Leipzig-Gruppe. Die Beratungsstelle bietet eine barrierefreie Anlaufstelle für hörgeschädigte Klienten mit und ohne Migrationshintergrund sowie deren Angehörige. Die Beratung für Gehörlose erfolgt in Gebärdensprache, um eine klare und verständliche Kommunikation zu gewährleisten. 

„Die Nachfrage nach Unterstützungsleistungen durch die Beratungsstelle, aber auch nach den Leistungen, die der SVHGL selbst erbringt, nimmt weiter zu. Dies zeigt die enorme Bedeutung, die der Beratungsstelle, dem Haus ohne Barrieren und dem Stadtverband zukommt. Für die Gemeinschaft der Hörgeschädigten ist das Haus ohne Barrieren die zentrale Anlaufstelle. Uns ist es daher auch wichtig, gerade in der jetzigen Situation in einem engen Austausch mit den Mitgliedern zu stehen, da diese natürlich berechtigte Sorgen haben – gerade, da es in der Region keine echte Alternative gibt“, weist Gunter Przybylski, der erste Vorsitzende des SVHGL, auf den Bedarf hin. Przybylski, die vorläufige Insolvenzverwalterin und die beratenden Rechtsanwälte von Schultze & Braun hoffen, die zuständigen Stellen der Stadt Leipzig von der Notwendigkeit eines finanziellen und bürokratischen Entgegenkommens überzeugen zu können, um den Verband wieder auf wirtschaftlich solide Füße stellen zu können. 

 

Über den Stadtverband der Hörgeschädigten Leipzig e.V. (SVHGL): Im SVHGL, der gleichzeitig Dachverband von sechs Mitgliedsvereinen ist, sind über diese Vereine insgesamt fast 275 Einzelmitglieder organisiert. Die Mitglieder gehören unterschiedlichen Gruppen der hörgeschädigten Gemeinschaft an. Durch die enge Zusammenarbeit der Vereine unter dem Dach des SVHGL wird eine starke Gemeinschaft gebildet, die sich gegenseitig unterstützt und gemeinsame Ziele verfolgt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des SVHGL liegt auf der Verbandsarbeit, insbesondere in den Bereichen Aufklärung und Information, Integration und Gemeinschaft, Kultur-, Familien-, soziale und Öffentlichkeitsarbeit sowie Bildungsangebote. Das Haus ohne Barrieren des SVHGL bietet den notwendigen Raum für die Tätigkeit des Verbands, aber auch die der Beratungsstelle für hörgeschädigte Menschen und deren Angehörige. Das Haus ohne Barrieren wurde speziell für die Bedürfnisse von Menschen mit Hörschädigungen ausgebaut und ist gleichzeitig umfänglich barrierefrei gestaltet, um auch anderen Nutzergruppen den Zugang zu ermöglichen. 

Über die vorläufige Insolvenzverwalterin: Rechtsanwältin Sarah Müller ist Partnerin bei Korn & Letzas Rechtsanwälte PartG mbB. Sie wird regelmäßig überregional von den Gerichten als Insolvenzverwalterin bestellt. Als Expertin für Restrukturierung und Insolvenzrecht begleitet sie Unternehmen und Einzelpersonen in anspruchsvollen Sanierungs- und Insolvenzverfahren. Sie steht – ebenso wie die Kanzlei – für eine lösungsorientierte, strukturierte und praxisnahe Beratung in allen Fragen der Restrukturierung und Insolvenzverwaltung.


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Matthias Braun

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