Sonderinsolvenzrecht für Krypto-Assets

Krypto-Assets sind zu einem integralen Bestandteil der Finanzwirtschaft geworden und halten zunehmend Einzug auch in Bereichen des Wirtschaftslebens jenseits der Finanzwirtschaft. Gleichzeitig sind allein in den letzten drei Jahren mindestens vier große Krypto-Handelsplattformen zusammengebrochen. Martin Kropp und René Schmidt von Schultze & Braun erläutern, warum gerade auch Insolvenzverwalter und Sanierungsberater sich mit den Besonderheiten in Krypto-Insolvenzverfahren vertraut machen sollten und ordnen den regulatorischen Rahmen samt einem partiellen Sonderinsolvenzrecht für die Kryptomärkte ein, der in den letzten Jahren auf europäischer und nationaler Ebene ein geschaffen wurde.
Inhaltsverzeichnis
3. Gibt es besonderes Gefahrenpotential bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers?
6. Wie sehen die gesetzlichen Regelungen für die Kryptowerte konkret aus?
7. Was verbirgt sich hinter Staking – warum können sich dort Ausnahmen ergeben?
8. Gibt es im Fall der Sammelverwahrung in einem Omnibus-Wallet Besonderheiten zu beachten?
9. Gibt es Besonderheiten bei vermögenswertereferenzierten Token?
10. Welche insolvenzrechtlichen Regelungen gelten für entsprechende Reservevermögen?
Herr Kropp, Herr Schmidt, seit dem Jahreswechsel 2024/2025 sind neue insolvenzrechtliche Regelungen mit Blick auf Insolvenzen im Kryptosektor in Kraft. Wie sehen diese aus?
Kropp: Den Regelungsort für die neuen insolvenzrechtlichen Vorschriften bilden das Ende Dezember 2024 verkündete Finanzmarktdigitalisierungsgesetz, kurz FinmadiG, und das im Zuge dessen in Kraft getretene Kryptomärkte Aufsichtsgesetz, abgekürzt KMAG. Das FinmadiG nimmt eine nachträgliche Zweiteilung der Kryptowerte vor und weist ersten älteren Regelungen im Kreditwesengesetz, dem KWG, die bereits 2023 in Kraft getreten waren, nun eine gewisse Auffangfunktion für bestimmte Arten von kryptografisch repräsentierten Werten beziehungsweise kryptografischen Schlüsseln zu. Den wesentlichen Hintergrund hierfür bildet die „Markets-in-Crypto-Assets Regulation“ Verordnung, die MiCAR, aus Brüssel, die in der letzten Stufe ebenfalls zum Jahresende 2024 anwendbar geworden ist.
Schmidt: Mit der MiCAR wurde ein umfassendes und europaweit einheitliches regulatorisches Rahmenwerk für die Emission, sowie den Handel und die Verwahrung von Kryptowerten geschaffen. Kryptowerte versteht die MiCAR als eine digitale Darstellung eines Wertes oder Rechts unter Verwendung einer Distributed-Ledger-Technologie, zumeist bekannt in der Ausprägung als Blockchain-Technologie. Hierzu zählen sogenannte Currency-Token wie Bitcoin, Ethereum oder Tether, E-Geld-Token und Utility-Token. Im Sinne der von meinem Kollegen Martin Kropp angesprochenen Aufgliederung sind aus dem Anwendungsbereich der MiCAR insbesondere solche kryptografischen Instrumente ausgenommen, die bereits als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II-Richtlinie gelten. Dies betrifft vor allem Token, die rechtlich Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Derivate darstellen. Man spricht in Anlehnung an den englischen Begriff für Wertpapier, „Security“, von Security Token. Statt dem KMAG gelten für diese grundsätzlich die parallel angelegten Regelungen im KWG.
Die Geltung unterschiedlicher Aufsichtsgesetzte und die Zuordnung der verschiedenen Kryptowerte klingen, als wäre die rechtliche Regulierung des Kryptosektors ähnlich komplex geraten wie die Kryptowerten zugrunde liegende Technik.
Schmidt: In der Tat – durch die Zweigliedrigkeit sowohl im europäischen Recht wie auch in der deutschen Ausführungsgesetzgebung ist die Materie unübersichtlich und komplex. Hinzu kommen Spezialgesetze für weitere Ausformungen digitaler Finanzinstrumente wie beispielsweise das Gesetz über die Einführung elektronischer Wertpapiere, dem eWpG. Dies stellt einen weiteren Grund für Insolvenzverwalter und Sanierungsberater dar, sich mit den insolvenzrechtlichen Regelungen zu befassen. Bei der Verwahrung von Kryptowerten geht es inzwischen um Milliardenwerte für Privatanleger, vor allem aber auch für institutionelle Anleger wie Fonds und Family-Offices. Oder anders formuliert: Die Auswirkungen einer Insolvenz im Kryptosektor können wirtschaftlich enorm sein, was wiederum auch die große internationale Aufmerksamkeit von bisherigen Kryptoinsolvenzen wie etwa die der Kryptobörse FTX, der Krypto-Leihplattform Genesis oder des Kryptounternehmens BlockFi erklärt.
Kropp: Aufsichtsbehörde ist aber in allen Fällen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, also die BaFin. Vergleichbar der Situation bei Banken oder Kapitalverwaltungsgesellschaften darf im Rahmen dessen ausschließlich die BaFin einen Insolvenzantrag stellen. Kryptoverwahrer ihrerseits sind bei einer eventuellen finanziellen Schieflage verpflichtet, dies der BaFin anzuzeigen.
Gibt es besonderes Gefahrenpotential bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers?
Kropp: Ja, das besondere Gefahrenpotential, das mit einer Insolvenz von Kryptoverwahrern verbunden ist, hängt neben der schon angesprochenen Größe der Anlagevolumina im Ausgangspunkt wesentlich mit der technischen Funktionsweise von Kryptowerten zusammen: Ein Kryptoverwahrer verwahrt nicht die eigentlichen Kryptowerte, sondern lediglich kryptografische Schlüssel. Die Kryptowerte beziehungsweise die sie repräsentierenden kryptographischen Werteinheiten, die Token oder Coins, liegen in einer zumeist öffentlichen Blockchain. Einzelne Krypto- oder Werteinheiten werden einer Person dabei allein über einen korrespondierenden kryptografischen Schlüssel zugewiesen, den sogenannten Private Key. Auch wenn Kryptowährungen wesentlich auf der Idee von unmittelbaren Transaktionen ohne Beteiligung von Dritten wie Banken beruhen, bedient sich inzwischen das Gros derer, die am Krypto-Trend partizipieren wollen und in Kryptowerte investieren, eines Kryptoverwahrers. Die Verwahrung der kryptografischen Schlüssel erfolgt in sogenannten Wallets, entweder für einzelne Kunden in individuellen Wallets oder gemeinsam für eine Vielzahl von Kunden in sogenannten Omnibus-Wallets.
Schmidt: Mit der Entscheidung für einen Kryptoverwahrer gibt der Kunde seine digitalen Vermögenswerte in dessen Hand. Der Kunde selbst kann regelmäßig nicht mehr unmittelbar über die sie verfügen; er ist auf den Kryptoverwahrer angewiesen. Die Vertragsbeziehung zwischen Verwahrer und Kunden ist dabei in der Regel wesentlich als Treuhandverhältnis ausgestaltet. Im Falle der Insolvenz des Kryptoverwahrers stellt sich für den Kunden damit zentral die Frage, ob er eine privilegierte Gläubigerstellung im Insolvenzverfahren hat. Entscheidend ist für den Kunden, ob er an die notwendigen kryptografischen Schlüssel und damit an seine Werte gelangt, oder ob er lediglich einfacher Insolvenzgläubiger ist, also ein Gläubiger ohne besondere Sicherungsrechte oder sonstige Privilegierung. Wäre Zweiteres der Fall, hätte er lediglich Anspruch auf eine Insolvenzquote – und dies auch erst am Ende des Insolvenzverfahrens. Angesichts der durchschnittlichen Insolvenzquoten würde man in der Anlegerdiktion fast zwangsläufig einem faktischen Totalverlust prognostizieren müssen. Ziel auf Anlegerseite muss daher die Erlangung einer Stellung als aussonderungsberechtigter Gläubiger sein, um vom Insolvenzverwalter unmittelbar die Herausgabe der betreffenden Kryptowerte verlangen zu können.
Kann sich denn ein Anleger gegenüber dem Insolvenzverwalter eines Kryptoverwahrers überhaupt auf ein Aussonderungsrecht berufen?
Kropp: Jedenfalls in der Vergangenheit hätte man an dieser Stelle zunächst den geflügelten Grundsatz der Krypto-Szene „not your keys, not your coins“ anführen müssen: Da bei Kryptoverwahrern in der Regel allein der Verwahrer über den kryptografischen Schlüssel für den Kryptowert verfügt, würden technisch gesehen die Kryptowerte dem Kryptoverwahrer zugeordnet werden und insolvenzrechtlich würden die Kryptowerte damit grundsätzlich in die Insolvenzmasse fallen, ohne dass der Anleger einen Herausgabeanspruch hat.
Schmidt: Um zu einem privilegierten Herausgabeanspruch an den verwahrten Kryptowerten zu gelangen, blieb Anlegern in der Vergangenheit nur der Nachweis, dass bei der Verwahrung die strengen und im Einzelnen umstrittenen Voraussetzungen einer fremdnützigen Treuhand erfüllt sind. Bei der Treuhand muss das Treugut vom eigenen Vermögen des Treuhänders getrennt verwahrt und bestimmt, zumindest aber bestimmbar sein.
Wovon hängt es ab, ob eine fremdnützige Treuhand für einen privilegierten Herausgabeanspruch vorliegt?
Kropp: Ob und inwieweit die rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer solchen fremdnützigen Treuhand im Einzelfall gegeben sind, hinge von verschiedenen Faktoren ab – neben der vertraglichen Ausgestaltung des Verwahrverhältnisses beispielsweise auch die Qualität der internen Registrierung und der tatsächlichen Ausgestaltung der Verwaltung der für den Kunden gehaltenen Kryptowerte durch den Verwahrer. Besondere Schwierigkeiten drohen, wenn der Kryptoverwahrer nicht für jeden Kunden ein eigenes Wallet führt, sondern, wie es verbreiteter Praxis entspricht, Kryptowerte verschiedener Kunden in einem Omnibus-Wallet poolt, also eine Sammelverwahrung betreibt.
Schmidt: Vor diesem Hintergrund verpflichtet der europäische Gesetzgeber Kryptoverwahrer, für Kunden verwahrte Kryptowerte insbesondere getrennt von Eigenbeständen an Kryptowerten zu verwahren. Vor allem aber hat der deutsche Gesetzgeber dankenswerterweise diesbezüglich auch für weitgehende Klarheit und Erleichterungen für Anleger gesorgt. Für Kryptowertpapiere bestand schon seit dem Jahr 2021 mehr Rechtssicherheit, da diese nach dem eWpG als „Sache“ gelten und insoweit unmittelbar Gegenstand eines insolvenzrechtlichen Aussonderungsrechts sein können.
Wie sehen die gesetzlichen Regelungen für die Kryptowerte konkret aus?
Kropp: Bereits im Jahr 2023 hat der Gesetzgeber die Frage der Zugehörigkeit von Kryptowerten in der Insolvenz eines Kryptoverwahrers im Sinne der Anleger geregelt: Kryptowerte und kryptografische Schlüssel fallen gemäß § 46i Absatz 1 KWG grundsätzlich nicht in die Insolvenzmasse, sondern gelten regelmäßig als dem Anleger gehörend. Durch das FinmadiG wurde zum Jahreswechsel 2024/2025 mit § 45 Absatz 1 KMAG eine parallele Regelung für einen Teilbereich von Kryptowerten eingeführt. Die gesetzliche Fiktion gilt ausdrücklich auch in Fällen einer gemeinschaftlichen Verfahrung in Omnibus-Wallets. Die gesetzliche Regelung soll die Prüfung der Anforderungen, die die Rechtsprechung an Treuhandverhältnisse stellt, entbehrlich machen. Vom Gesetz ausgenommen sind aber Fälle, in denen der Kunde ausdrücklich darin eingewilligt hat, dass die Verwahrung für Rechnung des Kryptoverwahrers oder eines Dritten erfolgt. Dies kann abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung beispielsweise bei besonderen angebotenen Diensten wie dem sogenannten Lending, das die klassischen Risiken einer Darlehensvergabe beinhaltet oder dem Staking der Fall sein.
Was verbirgt sich hinter Staking – warum können sich dort Ausnahmen ergeben?
Schmidt: Staking beruht auf einem beispielsweise bei der Krypto-Währung Ethereum eingesetzten Validierungsverfahren, einem sogenannten Proof-of-Stake-Verfahren, bei dem möglichst große Kryptobestände gegen Gewährung einer Prämie, dem sogenannten Reward, befristet gesperrt werden. Auf diese Weise können Inhaber von Krypto-Beständen, die sich einem entsprechenden Validierungsverfahren bedienen, die Bestände unabhängig von der eigentlichen Wertentwicklung nutzen, um zinsähnlich laufende Einnahmen zu generieren. Neben gewissen technisch begründeten Risiken gehen mit dem Staking auch erhöhte Insolvenzrisiken einher – abhängig auch davon, ob der jeweilige Kryptoverwahrer selbst als Validator fungiert oder sich wiederum eines dritten Dienstleisters bedient.
Gibt es im Fall der Sammelverwahrung in einem Omnibus-Wallet Besonderheiten zu beachten?
Schmidt: Im Fall der Sammelverwahrung in einem Omnibus-Wallet besteht grundsätzlich ein Aussonderungsrecht auf den dem Kunden zustehenden Anteil an den gemeinschaftlich verwahrten Kryptowerten. Insoweit ist sicherzustellen, dass die jeweiligen Anteile der einzelnen Kunden am Gesamtbestand jederzeit bestimmbar sind. Dafür müssen die Kryptoverwahrer eine geeignete Registratur vorhalten.
Kropp: Eine strikte Trennung verlangen Artikel 75 Absatz 6 MiCAR beziehungsweise § 26b KWG allerdings zwischen den für Kunden treuhänderisch verwahrten Kryptowerten und etwaigen eigenen Kryptowertbeständen des Kryptoverwahrers. Insoweit ist eine Sammelverwahrung von Eigenwerten und Fremdwerten unzulässig.
Gibt es Besonderheiten bei vermögenswertereferenzierten Token?
Kropp: Ja, für Emittenten vermögenswertereferenzierter Token, zu denen asset referenced token, abgekürzt „ART“ und E-Geld- bzw. E-Money-Token, abgekürzt „EMT“, zählen, gibt es weitere Besonderheiten. Bei solchen Token, die landläufig auch als Stable Coins bezeichnet werden, handelt es sich um Kryptowerte, die auf die Erhaltung einer stabilen Wertreferenz abzielen, indem sie an ein gesetzliches Zahlungsmittel wie zum Beispiel US-Dollar oder Euro, oder andere Vermögenswerte wie zum Beispiel Gold, Wertpapiere aber auch Kryptowerte oder Kombinationen hiervon als Referenz anknüpfen, die damit aber auch ein besonderes Risikopotential für die Stabilität und Integrität des Marktes mit sich bringen. Die Emittenten sind gesetzlich verpflichtet, Reservevermögen vorzuhalten.
Schmidt: Die Emittenten von Stable Coinsmüssen die Geldbeträge, die sie als Gegenwert für ihre Kryptowerte erhalten, in risikoarme, hochliquide Finanzinstrumente mit minimalen Markt-, Kredit- und Konzentrationsrisiken zu investieren.
Welche insolvenzrechtlichen Regelungen gelten für entsprechende Reservevermögen?
Kropp: In Umsetzung der MiCAR-Regelungen enthält § 28 KMAG ergänzende Bestimmungen zum Reservevermögen und zur Sicherung von im Rahmen der Emittierung entgegengenommener Geldbeträge. Nach § 28 Absatz 8 Satz 1 KMAG als zentrale insolvenzrechtlichen Weichenstellung fällt das Reservevermögen im Insolvenzfall des Emittenten nicht in die Insolvenzmasse. § 28 Absatz 1 KMAG ordnet die Trennung des Reservevermögens vom übrigen Vermögen des Instituts an. § 28 Absatz 2 KMAG sichert den Fall einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Emittenten ab, um das Reservevermögen dem Zugriff sonstiger Gläubiger zu entziehen. Die BaFin hat nach Artikel 47 der MiCAR die Möglichkeit, die Aufstellung eines sogenannten Rücktauschplans anzuordnen.
Schmidt: Gemäß § 28 Absatz 3 KMAG muss der Emittent in diesem Fall einen Abwickler bestellen, dem die Umsetzung des Rücktauschplans obliegt. Der Abwickler verwertet das Reservevermögen und kehrt den Erlös nach Abzug der Kosten und Vergütung anteilig an die Inhaber der betreffenden Kryptowerte aus. Sollten Inhaber keine vollständige Befriedigung durch die Erlösauskehr erhalten, können sie anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Umgekehrt fallen etwaige Vermögenswerte, die nach Durchführung des Rücktauschplans verbleiben, an die Masse.
Wer trägt bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers die Kosten für die Aussonderung von Krypto-Assets?
Schmidt: Entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nach dem der Insolvenzverwalter die Kosten der Bereitstellung der Sache trägt, der Gläubiger die Kosten der Abholung, hat der Gesetzgeber bereits im KWG und nun auch im KMAG insolvenzrechtlich bei der Aussonderung einen besonderen Weg beschritten. § 47 der InsO regelt die Frage der Kostentragung gesetzlich überhaupt nicht. Es entspricht aber dem allgemeinen Verständnis, dass nur die Kosten für die Prüfung der Antwort auf die Frage „Besteht ein Aussonderungsrecht?“ zu Lasten der Insolvenzmasse gehen, während die Kosten für die Abholung des auszusondernden Vermögenswertes der Aussonderungsberechtigte zu tragen hat.
Kropp: Für Kryptowerte sehen § 45 Absatz 3 KMAG und parallel § 46i Absatz 3 KWG einen Sonderweg vor. Danach trägt der Kunde die Kosten der Aussonderung, wenn er einer gemeinschaftlichen Aussonderung aller betroffenen Kryptowerte durch Übertragung der Werte von dem insolventen Verwahrer an einen vom Insolvenzverwalter bestimmten anderen Kryptoverwahrer nicht zustimmt. Dabei ist der Kunde dem Insolvenzverwalter und dessen Entscheidungen aber nicht vollständig ausgeliefert. So gilt die Kostentragungspflicht nicht, wenn die Bedingungen für eine Fortführung des Verwahrverhältnisses des vom Insolvenzverwalter benannte Alternativanbieter für den Kunden unzumutbar sind. Damit gilt aber auch zugleich: Stimmt der Kunde dem Wechsel zu dem vom Insolvenzverwalter angebotenen neuen Kryptoverwahrer zu, können ihm keine Kosten auferlegt werden.
Welche Belastungen für die Insolvenzmasse bedeutet das?
Kropp: Da ein Wechsel des Kryptoverwalters mit nicht unerheblichem organisatorischem Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden sind, wird insbesondere von Insolvenzverwalterseite kritisiert, dass die gesetzliche Regelung eine unbillige Belastung der Insolvenzmasse und damit gerade derjenigen Insolvenzgläubiger mit sich bringt, die selbst mangels privilegiertem Aussonderungsrecht gar nicht an den verwahrten Kryptowerten partizipieren.
Schmidt: Tatsächlich wird man jedoch davon ausgehen können, dass Kundenportfolien eines insolventen Kryptoverwahrers für Wettbewerber durchaus reizvoll sind. Es dürfte zu erwarten sein, dass Wettbewerber Insolvenzverwaltern von Kryptoverwahrern nicht nur einen kostenfreien Transfer der Bestände anbieten, sondern darüber hinaus auch bereit sind, dem Insolvenzverwalter ein Entgelt für die Möglichkeit zu zahlen, die Verwahraufträge mit den Kunden zu übernehmen. Den Wettbewerbern eröffnet sich durch die Übernahme der Werte die Gelegenheit, auf einen Schlag und ohne Aufwendungen für Werbung einen signifikanten Kundenzuwachs zu generieren und ihre Wettbewerbssituation auszubauen. Nicht nur dieser Umstand zeigt, dass es bei Insolvenzen von Kryptoverwahrern – nicht nur, aber eben gerade auch bei der Aussonderung von Kryptowerten – verschiedene Besonderheiten zu beachten gibt.
Was raten Sie Insolvenzverwaltern und Sanierungsberatern abschließend bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers?
Kropp: Zusammengefasst zeigt sich, dass im Fall einer Insolvenz eines Kryptoverwahrers Kunden aufgrund der gesetzlichen Regelungen grundsätzlich über ein Aussonderungsrecht vor einem drohenden Totalverlust geschützt sind. Gleichwohl ist es wichtig, jeden Fall individuell zu betrachten und zu prüfen. Aus den konkreten Umständen der Verwahrung, insbesondere der vertraglichen Gestaltung und etwaigen zusätzlichen Dienstleistungen, können sich für Insolvenzverwalter bzw. möglicherweise aussonderungsberechtigte Kunden durchaus Einschränkungen ergeben, die es zu erkennen gilt.