Finanziell einsturzgefährdet: Immobilien und Kredite in Not

24. September 2025 Blog Insolvenzrecht Restrukturierung und Sanierung Wirtschaftsrecht

Auch bei der Schieflage eines Eigentümers oder einer Besitzgesellschaft gibt es für Banken verschiedene Möglichkeiten, ihre Forderungen zu schützen. Vorteile bieten beispielsweise eine Treuhandlösung oder die Zwangsverwaltung einer Immobilie. Dr. Ludwig J. Weber und Rüdiger Bauch von Schultze & Braun erläutern, worauf Banken dabei achten sollten. 

Angespannte wirtschaftliche Lage

Anfang 2020 traten in Deutschland die ersten Coronafälle auf. Ende März 2020 kam es zum ersten Lockdown. Bis zur Beendigung der Coronamaßnahmen rund 40 Monate später gab es mehrere Infektionswellen, Lockdowns und für Unternehmen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen, deren Nachwehen nun zum Anstieg der Insolvenzzahlen beitragen. – und der nach wie vor vorherrschende Aufwärtstrend ist ein deutliches Zeichen für die weiterhin angespannte wirtschaftliche Lage.

Im Bereich der Gewerbeimmobilien kommt verstärkend hinzu, dass der anhaltende Trend zu mehr Homeoffice und Online-Shopping zu einem grundlegenden Strukturwandel geführt hat. Durch den Leerstand von Büro- und Handelsimmobilien häufen sich finanzielle Schieflagen bei Eigentümern oder Besitzgesellschaften und in der Folge kommt es vermehrt zu Kreditausfällen. Das bestätigen die Ergebnisse des NPL-Barometers der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management, die eine eindeutige Sprache sprechen: Wie bei den Insolvenzen dürfte sich bei den notleidenden Krediten der Anstieg fortsetzen – und das in allen Assetklassen, insbesondere aber in den Bereichen Konsumentenkredite, kleine und mittlere Unternehmen sowie Gewerbeimmobilien. Dieser Sektor, in dem es in der Regel um hohe Beträge geht, sendet die größten Stresssignale, und auch die Bundesbank widmet ihm besondere Aufmerksamkeit, da notleidende Gewerbeimmobilienkredite die deutschen Banken nach ihrer Einschätzung in nächster Zeit zunehmend belasten werden. 

Die gute Nachricht

Die gute Nachricht ist: Wenn ein Eigentümer oder die Besitzgesellschaft einer Immobilie frisches Kapital benötigt, gibt es mit der doppelseitigen Treuhand ein bewährtes und präventiv einsetzbares Instrument, um Sanierungskonzepte umzusetzen und Insolvenzen zu vermeiden. Doch mitunter kommen Immobilieneigentümer und Finanzierer im Fall eines Kapitalbedarfs trotz jahrelanger, erfolgreicher Zusammenarbeit an einen Punkt, an dem der Beziehungsstatus von „gut“ zu „Es ist kompliziert“ wechselt. Insbesondere wenn der Eigentümer oder die Besitzgesellschaft in eine Schieflage gerät und frisches Kapital für eine Sanierung benötigt, kann die Stimmung schnell kippen. In einem solchen Fall lässt sich mithilfe einer Treuhandlösung eine neue Vertrauensbasis schaffen.

Treuhand: Interessenausgleich zwischen Finanzierer und Eigentümer

Grundsätzlich gilt: Eine Treuhand ergibt im Rahmen einer Sanierung immer dann Sinn, wenn die wirtschaftlichen Interessen von Finanzierern und Eigentümern beziehungsweise deren Gesellschaftern möglichst ausgewogen gestaltet werden sollen. So kann ein Treuhänder beispielsweise Gesellschaftsanteile an einer Immobiliengesellschaft als Sicherheit für Sanierungsbeiträge der Finanzierer übernehmen und bei Eintritt bestimmter Umstände verwerten, die vorab zwischen den Parteien ausverhandelt worden sind. Die Finanzierer haben so eine begründete Erwartung, einen Gegenwert für ihr eingesetztes Kapital zu erhalten. Die Gesellschafter einer Immobiliengesellschaft wiederum können sich sicher sein, ihre Gesellschaftsanteile bei einer erfolgreichen Sanierung zurückzuerhalten. 

Die Treuhand schafft damit den erwünschten Interessenausgleich zwischen allen Parteien: Durch den neutralen Dritten kann eine Balance hergestellt und eine etwaig schwierige Situation beruhigt werden. Der Treuhänder begleitet den Prozess und wird im Bedarfsfall eine Art Corporate-Governance-Struktur etwa in Form eines Lenkungsausschusses oder Beirats aufsetzen. Hier sind alle Beteiligten einschließlich der Berater des Immobilieneigentümers eingebunden. Das schafft Vertrauen und ermöglicht gerade in verfahrenen Situationen eine sach- und interessengerechte Zusammenarbeit. 

Weitere Vorteile der Treuhand

Zudem hat das Sanierungsinstrument weitere Vorteile: Kommt es zur Treuhand, müssen die Finanzierer nicht selbst Gesellschafter einer Immobiliengesellschaft werden und Anteile übernehmen. Auch am Treuhandvertrag sind die Finanzierer nicht als Vertragspartei, sondern nur im Rahmen der Drittbegünstigung beteiligt. Des Weiteren haben die Banken Einfluss auf die Auswahl des Treuhänders. Schließlich werden sich die Finanzierer bei einer erfolgreichen Sanierung im Rahmen einer Treuhand im Zweifel wirtschaftlich besserstellen als bei einem öffentlichkeitswirksamen Insolvenzverfahren. Den Immobilieneigentümern/Gesellschaftern einer Immobiliengesellschaft wiederum bietet die Treuhand die Chance, die finanzielle Schieflage diskret zu überwinden, eventuell verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und die geschaffenen Werte für die Immobilieneigentümern/Gesellschafter einer Immobiliengesellschaft zu erhalten.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Die Einsatzmöglichkeiten einer Treuhand sind dabei über den Immobilienbereich hinaus vielfältig – zum Beispiel auch dann, wenn ein Unternehmen in eine Produkt- oder Absatzkrise gerät oder die Finanzierer bei der Vergabe von fresh money oder sonstigen in Betracht kommenden Sanierungsbeiträgen wie der Aussetzung von Zins und Tilgung zögern. Bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder sonstigen Stakeholdern, die zu einer Krise führen oder eine bereits bestehende Krise vertiefen (können), kann eine doppelseitige Treuhand ebenfalls eine Option für einen sachgerechten und werteorientierten Lösungsansatz sein. Denn Fakt ist: Die doppelseitige Treuhand ist ein in der Praxis vielfach bewährtes und präventiv einsetzbares Instrument an der Schnittstelle zwischen Krise und Insolvenz.

Vorteil Zwangsverwaltung

Lässt sich die finanzielle Schieflage nicht beheben und eine Immobilieninvestition ist finanziell konkret gefährdet, dann gibt es für gesicherte Gläubiger – etwa Banken mit einem Grundpfandrecht – neben der Insolvenzverwaltung eine weitere Möglichkeit, ihr Ausfallrisiko zu minimieren: Die Zwangsverwaltung – sie ist im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) geregelt. 

Das Ziel einer Zwangsverwaltung ist es, die Forderungen des gesicherten Gläubigers zu befriedigen, indem der Zwangsverwalter Erträge wie Mieten oder Pachten einzieht und für den Gläubiger sichert. Eine Zwangsverwaltung wird beim Amtsgericht beantragt und kann im Fall einer eingetretenen oder möglichen Insolvenz des Eigentümers, aber auch als Alternative dazu zum Einsatz kommen. Das gilt zum Beispiel, falls ein Eigentümer eine Immobilie nicht mehr bewirtschaftet oder nicht mehr bewirtschaften kann. 

Die Maßnahmen eines Zwangsverwalters

Die Maßnahmen, die von einem Zwangsverwalter bei einer Immobilie als erstes ergriffen werden, sind zunächst darauf ausgerichtet, eine Bestandsaufnahme zu ermöglichen. Das geht von der Prüfung der technischen Infrastruktur und eventuell erforderlichen Reparaturen bis zur Erfassung von Versicherungen, Zulassungen oder Genehmigungen und ist abhängig davon, wie groß das Objekt ist und ob es sich um eine Wohn-, Geschäfts- oder eine Mischimmobilie handelt.

Ist die Immobilie vermietet, müssen Mieten eingezogen und die laufenden Verbindlichkeiten des Gebäudes beglichen werden. Oftmals ist es allerdings so, dass eine insolvente oder zwangsverwaltete Immobilie (ziemlich) heruntergewirtschaftet ist. In einem solchen Fall muss ein Verwalter bei Lieferanten, Behörden, aber auch bei Mietern und Mitarbeitenden sehr schnell das verloren gegangene Vertrauen wiederherstellen. 

Der Faktor Zeit

Der Faktor Zeit ist in einer Zwangsverwaltung gerade angesichts der zahlreichen Maßnahmen, die während der Verwaltung umgesetzt werden müssen, generell nicht zu unterschätzen. Da ist zum Beispiel die Mieterstruktur, die bei Bedarf angepasst werden muss. Das geht von der Bindung und Gewinnung bonitätsstarker Mieter bis, wenn nötig, zur Trennung von „schlechten“ Mietern. Zudem ist die Abstimmung mit den gesicherten Gläubigern essenziell, da sie die Maßnahmen unterstützen müssen, die sie ja auch finanzieren.

Die Frage der Kosten

Kosten sind bei einer Immobilie generell ein wichtiger Faktor. Oftmals sind sie ein, wenn nicht sogar der Grund für die finanzielle Schieflage des Objektes. Hier kann ein Insolvenz-, aber auch ein Zwangsverwalter im jeweiligen Verfahren viel erreichen – etwa bei den Verträgen mit Lieferanten und Dienstleistern. Die Bewirtschaftung einer Immobilie ist grundsätzlich mit der Fortführung eines Unternehmens vergleichbar. Eine wichtige Frage ist: Können die laufenden Kosten aus den Mieteinnahmen gedeckt werden? Oder anders formuliert: Ist die Immobilie cash-positiv oder cash-negativ? Gibt es hier ein negatives Delta, kann dieses zum Beispiel von einem Grundpfandgläubiger ausgeglichen werden, der daran etwa mit Blick auf den angestrebten Verkauf der Liegenschaft, der im Anschluss an eine Zwangsverwaltung stattfinden kann, ein finanzielles Interesse hat. 

Vorteile für gesicherte Gläubiger

Auch wenn es bei den Maßnahmen, die im Zuge einer Zwangsverwaltung oder einer Insolvenzverwaltung einer Immobilie ergriffen werden, eine große Schnittmenge gibt, bestehen zwischen beiden Verfahren gleichwohl Unterschiede. Dabei haben die Besonderheiten einer Zwangsverwaltung gerade für gesicherte Gläubiger wie etwa Banken Vorteile. 

So hat eine angeordnete Zwangsverwaltung, die als Einzelvollstreckung auf die Befriedigung der Forderungen eines Gläubigers (oder weniger Gläubiger) fokussiert ist, auch Bestand, wenn später ein Insolvenzantrag gegen den Eigentümer oder die Besitzgesellschaft gestellt wird. Eine Bank kann also mit einer Zwangsverwaltung ihre Forderungen etwa an den Mieten einer Immobilie gegenüber anderen Gläubigern durchsetzen. Und das auch dann, wenn diese Gläubiger zum Beispiel in die Mieten pfänden (wollen). Zudem sind Mieten, die im Zuge einer Zwangsverwaltung eingezogen werden, vor einer (späteren) Insolvenzanfechtung in der Insolvenz des Eigentümers/Vermieters geschützt. Der Gläubiger kann sich also in der Regel sicher sein, dass er die eingezogenen Überschüsse behalten darf.

Mit der Krise umgehen

Es zeigt sich: Im Falle einer finanziellen Schieflage einer Immobilie gibt es für Banken unterschiedliche Instrumente und Angänge, um mit der Krise umzugehen. Die Wahl des passenden Sanierungsweges sollte dabei gleichwohl immer individuell geprüft werden, und in diesem Zusammenhang spielt eine fundierte Krisenexpertise eine gewichtige Rolle. 

Die Autoren

Dr. Ludwig J. Weber, LL.M.

ist Experte für Unternehmensfinanzierung und -sanierungen und am Bremer Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun tätig. Der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Steuerrecht berät unter anderem Finanzierer und Investoren bei der Bewertung von Kreditportfolios und bei NPL-Transaktionen.

Rüdiger Bauch

ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht. Er ist am Leipziger Standort der Kanzlei Schultze & Braun tätig. Bauch wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen an verschiedenen Gerichten als Insolvenz- und Zwangsverwalter bestellt.