Insolvenzanfechtung
Zahlungsprobleme beim Kunden?
Jetzt gezielt reagieren.
Keine ungewöhnliche Situation: Plötzlich kommt es zu Zahlungsrückständen in einer laufenden Geschäftsbeziehung. Man will den Auftraggeber oder Geschäftspartner aber nicht verlieren. Für Rückstände werden Ratenzahlungen vereinbart oder andere Absprachen hinsichtlich der Zahlungsbedingungen besprochen, aber nicht eingehalten. Wer in dieser Situation trotz bestehender Rückstände weiterhin Aufträge für seinen Kunden ausführt und dieser später in die Insolvenz rutscht, setzt sich einem existenzgefährdenden Risiko aus. Denn kommt es hart auf hart, müssen bereits vom Kunden bezahlte Rechnungsbeträge vom Lieferanten zurückgezahlt werden. Rückwirkend kann dies die letzten vier Jahre, in bestimmten Fällen sogar die letzten 10 Jahre betreffen. Der Grund: Der Insolvenzverwalter des Geschäftspartners versucht, bereits erbrachte Zahlungen zurück zu holen.
Weshalb gibt es die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung?
Durch die Insolvenzanfechtung kann der Insolvenzverwalter Unternehmenswerte, also die früher beim Schuldner vorhandene Haftungsmasse wiederherstellen, beziehungsweise in den Zustand zu Beginn der Krise bringen. Dies geschieht beispielsweise, indem eine bereits geleistete Zahlung des Schuldners an einen Auftragnehmer rückgängig gemacht wird. Mit dem Ziel, dieses Vermögen wieder für alle Gläubiger verfügbar zu machen und nach den Regelungen der Insolvenzordnung zu verteilen. Der Schutz der Gesamtheit der Gläubiger wird so zu Lasten und durch die einseitige Begünstigung einzelner Gläubiger durch den Schuldner korrigiert.
Wann wird es gefährlich?
Sobald erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Geschäftspartners bekannt sind, muss man sich der Risiken der Fortführung einer Geschäftsbeziehung bewusst werden und wirksame Vorsichtsmaßnahmen treffen.
Die Checkliste:
Konkrete Alarmzeichen sind:
- Missachtung von Zahlungszusagen
- Ausbleiben von vereinbarten Raten
- Rücklastschriften mangels Deckung
- Verkürzter Zahlungsweg durch Direktzahlungen vom Debitor
- Limitstreichung oder -kürzung bei Warenkreditversicherern
- Sprunghaftes Ansteigen der offenen Verbindlichkeiten
- Zahlungen kommen von Dritten
- Ständige Mahnungen mit Steigerung der Mahnstufe
- Androhung oder Verhängen einer Liefersperre
- Durchführung oder Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
- Drohungen mit einem Insolvenzantrag
Wie kann man sich schützen?
Handlungsempfehlungen für Lieferanten:
1. Lieferanten-Kundenbeziehung mithilfe der Checkliste auf Warnsignale überprüfen und zeitnah reagieren.
- Die Spezialisten von Schultze & Braun erstellen eine Risikoeinschätzung, ein Konzept zur Absicherung und leiten geeignete Maßnahmen ein.
2. Rechtzeitig einen Eigentumsvorbehalt mit dem Geschäftspartner vereinbaren.
- Auf diese Weise sind die zugelieferten Erzeugnisse abgesichert. Aber: Eigentumsvorbehaltsrechte helfen nur dann, wenn zeitnah bezahlt wird und die weiteren Maßnahmen zur Risikominimierung darauf abgestimmt werden.
3. Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarungen abschließen und rechtzeitig auf Vorkasse umstellen.
- Um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen, müssen bei der Gestaltung dieser Maßnahmen sehr spezifische Anforderungen erfüllt werden. Zudem ist zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Zahlungserleichterungen tatsächlich schützt.
4. Gegen die Risiken der Insolvenzanfechtung versichern.
- Insbesondere Warenkreditversicherer bieten spezielle Versicherungen gegen die Insolvenzanfechtung an. Auch für Dienstleister sind Versicherungsprodukte erhältlich. Die Versicherung sollte rechtzeitig vor Eintreten des Ereignisses abgeschlossen werden.
Welche Gefahren der Insolvenzanfechtung gibt es noch?
Die Vorsatzanfechtung hat in der Praxis die größte Bedeutung für Lieferanten und Dienstleister. Daneben existieren aber noch weitere Anfechtungsgefahren, die in besonderen Situationen beziehungsweise im Hinblick auf bestimmte Geschäftsbeziehungen von Bedeutung sind. Solche typischen Konstellationen sind beispielsweise:
1. Insolvenz einer Unternehmensgruppe auf Kundenseite
- Unternehmensgruppe statt Vertragspartner zahlt Rechnungen
- Risiko der Rückzahlung bei Gruppeninsolvenz
► Wird neben dem Vertragspartner auch die zahlende Gruppengesellschaft insolvent, kann deren Insolvenzverwalter solche Zahlungen zurückverlangen – und das vier Jahre lang.
2. Spezifische Gefahren für Kreditinstitute und andere Finanzierer
- Anfechtungsgefahren durch Teilnahme an Sanierungsversuch
- Risiken minimieren durch qualifiziertes Sanierungskonzept
► Ist ein Sanierungskonzept erfolgversprechend, scheitert die Sanierung später aber dennoch, kann die Anfechtung ausgeschlossen sein – und zwar trotz Kenntnis der Liquiditätsprobleme. Von diesen Effekten eines qualifizierten Sanierungskonzepts können auch Lieferanten und Dienstleister profitieren.
3. Gefahren für Gesellschafter oder für Gesellschaften einer insolventen Unternehmensgruppe
- Gefahr bei gruppeninterner Finanzierung durch Darlehen oder Warenlieferung auf Ziel
- Folgeinsolvenz anderer Gruppengesellschaften
- Weitere Haftung mit eigenem Vermögen
► Bei der Finanzierung eines Unternehmens sind von den Gesellschaftern spezielle Anfechtungsnormen zu beachten. Beispielsweise, wenn das später insolvente Unternehmen von anderen Unternehmen der Gruppe durch Darlehen oder Warenlieferungen auf Ziel finanziert wird. Übernimmt ein Gesellschafter mit seinem privaten Vermögen vorübergehend die Haftung, besteht sogar dann ein Anfechtungsrisiko, wenn das Unternehmen sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Krise befunden hat.
Rechtsprechung
- Dividendenzahlungen auf Basis eines bei Zahlung nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses sind nach § 134 InsO anfechtbar
30. Mai 2023 - Bestreiten der Unentgeltlichkeit von Zahlungen im Drei-Personen-Verhältnis
02. Mai 2023 - Bei vorinsolvenzlich erfolgter Rückführung besteht kein Rückgewähranspruch
23. Januar 2023 - Altes und Neues zur Vorsatzanfechtung
09. Januar 2023
- BGH ermöglicht es für kurz vor Antragstellung gebuchte SEPA-Lastschrifteinzüge die Anfechtungsvoraussetzungen zu schaffen
12. Dezember 2022 - Die Schenkungsanfechtung gem. § 134 InsO wird nicht durch die aktienrechtliche Regelung des § 62 Abs. 1 S.2 AktG ausgeschlossen
22. September 2022 - Ein Gläubiger kann auf schlüssige Angaben zu einem Sanierungskonzept vertrauen
25. August 2022 - Schenkungsanfechtung im Rahmen eines Schneeballsystems
13. Juni 2022 - BGH konkretisiert neue Rechtsprechung zu § 133 InsO
07. April 2022 - Konkretisierung der „Neujustierung“ bei der Vorsatzanfechtung
04. April 2022 - Für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Mietzahlung sind primär die vertraglichen Vereinbarungen maßgeblich
13. Januar 2022
- Keine anfechtungsrechtliche Privilegierung durch das COVInsAG von Leistungen des Schuldners nach Eigenantrag
16. Dezember 2021 - Verjährung von Anfechtungsansprüchen aufgrund grober Fahrlässigkeit des Insolvenzverwalters
13. Dezember 2021 - Die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen mindert die Haftung des Geschäftsführers
09. August 2021 - Neuausrichtung der BGH-Rechtsprechung – Eingeschränkte Beweiswirkungen der erkannten Zahlungsunfähigkeit
26. Juli 2021 - Auch künftige Ansprüche können insolvenzfest durch Vormerkung gesichert werden
02. Juni 2021 - Erhöhte Anfechtungsgefahr bei Zahlungen über Dritte
06. April 2021 - Anfechtbarkeit der Abtretung einer Lebensversicherung
11. Februar 2021 - Stehen gelassene Gewinne können zu nachrangigen Forderungen werden
08. Februar 2021
- Möglichkeit des Ausschlusses der Schenkungsanfechtung bei subjektiven Fehlvorstellungen der Parteien
10. Dezember 2020 - Grundpfandrechtsgläubiger riskieren bei kalter Zwangsverwaltung die Anfechtung von eingezogenen Mieten
06. Juli 2020 - Vorsatzanfechtung: Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung
22. Juni 2020 - Gläubigeranfechtung der Spaltung einer Gesellschaft
22. Mai 2020 - Der Einzug einer Vorkasse ist masseschmälernd
20. April 2020 - Keine Vorteilsausgleichung im Anfechtungsrecht
13. Februar 2020 - Anfechtungsgefahren bei Vollstreckung über das Hauptzollamt
27. Januar 2020
- Wer trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Bargeschäfts?
05. Dezember 2019 - Sachverständigengutachten zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Zahlungsunfähigkeit
18. November 2019 - Zahlungen aus einem Cash-Pool bleiben im Insolvenzfall gefährlich
21. Oktober 2019 - Leistung der Unterhaltszahlungen trotz Zahlungsunfähigkeit
07. Oktober 2019 - Ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz kann im Falle eines Leistungsaustausches entfallen
12. September 2019 - Steuerbelastung der Masse bei Insolvenzanfechtung
27. Mai 2019 - Die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens unterliegt nicht dem Bargeschäftsprivileg
16. Mai 2019 - „Sanierungsskizze“ kann vor Insolvenzanfechtung schützen
13. Mai 2019 - In welchem Umfang bestehen Aufrechnungsmöglichkeiten mit einem Erstattungsanspruch im Falle der Insolvenzanfechtung?
18. April 2019 - Rangrücktritt in allgemeinen Geschäftsbedingungen und Auswirkungen auf die Insolvenzanfechtung
15. April 2019 - Forderungen als Bestandteile der Berechnungsgrundlage bei vorzeitiger Verfahrensbeendigung
01. April 2019 - Anfechtbarkeit der Gewährung zinsloser Darlehen
21. Februar 2019 - Der Erlös aus einem Anfechtungsanspruch erhöht die Vergütung für den Insolvenzverwalter
18. Februar 2019 - Insolvenzanfechtung und Bereicherungsrecht – einheitlicher Streitgegenstand
07. Januar 2019
Vorträge
Veranstalter: RWS-Verlag
Webseite: www.rws-seminare.de
Referenten: Stefan Ludwig
Sprache: Deutsch
Online-Seminar
Veröffentlichungen
2017
Buchbesprechung: Die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen gem. § 134 InsO. Von Julia Held, 2017, Mohr Siebeck, Tübingen (Studien zum Privatrecht Bd. 60), XVIII, 549 S.
Juristische Zeitung (JZ) 2017, 940
Prof. Dr. Andreas J. Baumert
Anmerkung zu OLG Hamm, Urt. v. 12.12.2016 – 8 U 44/16, Keine Schenkungsanfechtung von (Mindest-)Zinszahlungen an stillen Gesellschafter
Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht (NZI) 2017, 309 - 310
Prof. Dr. Andreas J. Baumert
Zur Unkenntnis des Insolvenzverwalters von einem Anfechtungsanspruch in einem umfangreichen Verfahren, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 15.12.2016 – IX ZR 224/15
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (EWiR) 2017, 147 -148
Prof. Dr. Andreas J. Baumert
2016
Bankgeschäfte sind künftig schwerer anfechtbar
die bank - Zeitschrift für Bankenpolitik und Praxis, September 2016
Karsten Kiesel
Zur Bedeutung der bargeschäftsähnlichen Lage im Insolvenzanfechtungsrecht
Mitautor in Exner/Paulus (Hrsg.), Festschrift für Siegfried Beck, C.H. Beck Verlag 2016
Dr. Rainer Riggert
2015
Gesetzentwurf zur Insolvenzanfechtung - Kein sofortiges Allheilmittel
Deutsche Handwerks Zeitung, 24.11.2015
Dr. Peter de Bra
Vorsatzanfechtung - Mit Rechtsprechungsregeln Ansprüche vermeiden, abwehren und verfolgen (essentials)
Hirte/Kiesel (Hrsg.), Verlag Springer Gabler 2015
Tobias Hirte, Karsten Kiesel
2014
Einführung in die Anfechtung – Teil 2
InsBürO 11/2014, 478 - 479
Tobias Hartwig, MBA
Einführung in die Anfechtung – Teil 1
InsBürO 10/2014, 439 - 441
Tobias Hartwig, MBA
Mehr Sicherheit bei der Insolvenzanfechtung
Deutsche Handwerks Zeitung, 19.09.2014, 12
Karsten Kiesel
Mehr Sicherheit bei der Insolvenzanfechtung
Allgemeine Bauzeitung, 12.09.2014, 4
Karsten Kiesel
Insolvenzanfechtung
die bank - Zeitschrift für Bankenpolitik und Praxis, August 2014
Karsten Kiesel
Schenkungsanfechtung der Ablösung eines bei einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung bestehen gebliebenen Grundpfandrechts, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 13.02.2014 – IX ZR 133/13
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht(EWiR) 2014, 325 - 326
Prof. Dr. Andreas J. Baumert
Offene Praxisfragen beim internationalen Gerichtsstand bei Insolvenzanfechtungsklagen in Drittstaatenfällen – Art. 3 EuInsVO analog
Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI) 2014, 106 - 107
Prof. Dr. Andreas J. Baumert
Ansprechpartner

Prof. Dr. Andreas J. Baumert
07841 708-370

Dr. Peter de Bra
07841 708-251

Thomas Dömmecke, LL.M.
0421 43301-16

Xhevdet Haidacher-Mula
089 3300809-0

Tobias Hirte
0721 91957-0

Karsten Kiesel
0711 23889-235

Dr. Pascal Schütze
07841 708-141

Bertram Wolf
07841 708-181