Umsatzsteuer-Chaos bei Restaurant-Gutscheinen

17. Juni 2020 Newsletter Steuerberatung

Die Gastronomiebranche wurde von der Corona-Krise besonders hart getroffen. Um den Betrieben zu Liquidität zu verhelfen, wurde in den vergangenen Wochen verstärkt für Gutscheinkäufe geworben. Im Zusammenspiel mit der bereits beschlossenen Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie und die neu geplante Senkung der Umsatzsteuersätze von 19 auf 16 Prozent bzw. von 7 auf 5 Prozent im Rahmen des Konjunkturpaketes können sich erhebliche umsatzsteuerrechtliche Probleme ergeben.

Erfahren Sie in diesem Newsletter mehr zur aktuellen Gutschein-Thematik. Wir wünschen eine interessante Lektüre.

Petra Köninger
Petra Köninger

Steuerberaterin

Bachelor of Arts (B.A.)

Am 01. Januar 2019 trat eine neue Gutschein-Richtlinie in Kraft. Nach dieser Richtlinie ist zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen zu unterscheiden.

Ein Einzweck-Gutschein ist ein Gutschein, bei dem der Ort der Waren-Lieferung oder der Dienstleistungs-Erbringung, auf die sich der Gutschein bezieht, feststeht – ebenso wie die Umsatzsteuer, die der Kunde für diese Gegenstände oder Dienstleistungen schuldet.

Bei Einzweck-Gutscheinen erfolgt die Umsatzbesteuerung bei der Ausgabe des Gutscheins. Denn zu diesem Zeitpunkt liegen bereits alle Informationen vor, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrunde liegenden Umsätze zuverlässig zu bestimmen. Das Unternehmen muss bereits beim Verkauf des Einzweck-Gutscheins aus dem Gutscheinwert denjenigen Steuersatz herausrechnen, der für die im Gutschein bezeichnete Ware oder Dienstleistung gilt. Wird der Gutschein eingelöst, ist dann lediglich noch für einen gegebenenfalls fälligen Differenzbetrag Umsatzsteuer zu zahlen.

Ein Mehrzweck-Gutschein ist im Umkehrschluss ein Gutschein, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt. Bei Mehrzweck-Gutscheinen löst nicht bereits der Verkauf des Gutscheins die Besteuerung aus, sondern erst dessen Einlösen, d. h. die tatsächliche Übergabe des Gegenstands oder das Erbringen der Dienstleistung. Erst zu diesem Zeitpunkt liegen alle Informationen vor, die für die umsatzsteuerliche Behandlung benötigt werden.

Bei Restaurantgutscheinen musste bisher geprüft werden, wofür dieser eingelöst werden konnte. Bei Inhouse-Leistungen, also wenn der Gutschein-Inhaber den Gutschein nur innerhalb des Restaurants nutzen kann, gilt die Regelbesteuerung mit 19 Prozent Umsatzsteuer. Kann der Gutschein aber auch für ermäßigt besteuerte Außer-Haus-Verkäufe eingesetzt werden, wären für diese Leistung nur 7 Prozent Umsatzsteuer fällig. In ersterem Fall handelt es sich daher um einen Einzweckgutschein. Für diesen Einzweckgutschein entstand die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent bereits im Zeitpunkt des Gutscheinverkaufs und musste an das Finanzamt abgeführt werden. Konnte der Gutschein aber sowohl für Inhouse-Leistungen als auch für Außer-Haus-Verkäufe genutzt werden, handelt es sich um einen Mehrzweckgutschein, für den im Zeitpunkt des Gutscheinverkaufs keine Umsatzsteuer abzuführen war. Schließlich war zu diesem Zeitpunkt nicht klar, wie der Gutschein genau eingesetzt wird.

Um die Gastronomiebetriebe in der Corona-Krise zu entlasten, senkte der Gesetzgeber den Steuersatz im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 von 19 auf 7 Prozent. Aber Vorsicht: Das gilt nur für Speisen. Bei Getränken bleibt es bei 19 Prozent Umsatzsteuer.

Was bedeutet das für den Gutscheinverkauf?
Ab sofort steht zum Zeitpunkt des Gutscheinverkaufs nicht mehr fest, ob der Restaurantgutschein für Speisen mit 7 Prozent oder Getränke mit 19 Prozent Umsatzsteuer eingelöst wird. Folglich liegen nun keine Einzweck-, sondern stets Mehrzweck-Gutscheine vor. Daher sollten Sie die jetzt verkauften Gutscheine auch eindeutig als Mehrzweckgutscheine kennzeichnen.

Was geschieht mit bereits verkauften Einzweckgutscheinen?
Fraglich ist die Behandlung von bereits verkauften Gutscheinen, die nur für Inhouse-Leistungen eingesetzt werden können und die daher zutreffend mit 19 Prozent Umsatzsteuer besteuert wurden. Werden diese Gutscheine in der Zeit vom 01. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 auch für Speisen eingesetzt, würden diese Leistungen nur der ermäßigten Besteuerung unterliegen. Ob in diesem Fall der mit damals 19 Prozent besteuerte Umsatz aus dem Verkauf des Gutscheins rückgängig gemacht werden kann, um dem Fiskus dann nur den ermäßigten Steuersatz zu schulden, ist derzeit völlig unklar.

Weitere Senkung der Umsatzsteuer-Sätze
Vielmehr hat die Regierungskoalition nun ein Konjunkturpaket auf den Weg gebracht, das eine weitere befristete Senkung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 01. Juli bis 31. Dezember 2020 vorsieht. Sofern Bundestag und Bundesrat dem geplanten Konjunkturpaket zustimmen, gelten für Gastronomiebetriebe deshalb folgende Steuersätze:

  • Bis 30. Juni 2020:
    19 Prozent Umsatzsteuer auf Getränke und Speisen
  • 01. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020:
    16 Prozent Umsatzsteuer auf Getränke und 5 Prozent Umsatzsteuer auf Speisen
  • 01. Januar 2021 bis 30. Juni 2021:
    19 Prozent Umsatzsteuer auf Getränke und 7 Prozent Umsatzsteuer auf Speisen
  • Ab 01. Juli 2021:
    19 Prozent Umsatzsteuer auf Getränke und Speisen

Fazit
Für Restaurants war schon bisher die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheine eine große Herausforderung. Im Zusammenhang mit der beschlossenen Steuersatzsenkung für Gastronomiebetriebe und der weiteren Senkung der Steuersätze im geplanten Konjunkturpaket müssen Unternehmen in der Gastronomie auf eine zutreffende Kennzeichnung der Gutscheine als Mehrzweck-Gutscheine achten, um mögliche Nachteile zu vermeiden. Zudem sollte zeitnah der Kassenhersteller mit der entsprechenden Programmierung der Steuersätze in den Kassensystemen beauftragt werden.

Steuerberaterin Petra Köninger, Bachelor of Arts (B.A.)