StaRUG: Der Restrukturierungsplan

14. April 2021 Newsletter Restrukturierung und Sanierung

Der Restrukturierungsplan ist das Herzstück des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens, den der Gesetzgeber zu Jahresbeginn mit dem StaRUG eingeführt hat. Mit ihm kann der Schuldner qua Mehrheitsentscheidung in Forderungen seiner Gläubiger eingreifen und diese umgestalten. Der Restrukturierungsplan ist dem Insolvenzplan der Insolvenzordnung nachempfunden, unterscheidet sich von diesem jedoch in wichtigen Punkten.

Näheres dazu erfahren Sie in diesem Newsletter.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Ausgestaltung der Regelungen zum Restrukturierungsplan im StaRUG von den Vorschriften zum Insolvenzplan leiten lassen, die parallel zum StaRUG fortentwickelt wurden. Neben diversen Änderungen zu der Einbeziehung gruppeninterner Drittsicherheiten in den Regelungsbereich des Plans (§§ 217 Abs. 2, 220 Abs. 3, 222 Abs. 1 Nr. 5, 223a, 230 Abs. 4, 238b, 245 Abs. 2a, 254 Abs. 2 InsO) wurde mit dem SanInsFoG nunmehr auch für den Insolvenzplan festgeschrieben, dass dieser in seinem darstellenden Teil eine Vergleichsrechnung beinhalten muss.

Im Gegensatz zum Insolvenzverfahren, das der Befriedigung aller Gläubiger dient, entscheidet im Restrukturierungsverfahren der Schuldner, welche Gläubiger er in den Sanierungsprozess einbeziehen will. Anders als im Insolvenzplan steht dem Schuldner ein Auswahlermessen zu, von welchen Gläubigern er Sanierungsbeiträge einfordern will.

Einige Forderungen schließt das StaRUG dabei allerdings von vorneherein aus der Plangestaltung aus, insbesondere Arbeitnehmerforderungen. Ansonsten ist der Schuldner grundsätzlich frei, welche Gläubiger und auf welche Weise er sie in den Plan einbezieht. Denkbar sind nicht nur (Teil-)Forderungsverzichte, sondern auch die Verschiebung von Fälligkeiten oder die Änderung von Vertragsbedingungen. Der Schuldner muss sich dabei nur sicher sein, dass die Maßnahmen geeignet sind, das Sanierungsziel zu erreichen, und dass sie zumindest die erforderliche 75 %-Mehrheit erzielen.

Ebenfalls anders als im Insolvenzplanverfahren kann der Schuldner das StaRUG-Planverfahren einschließlich der Planabstimmung außergerichtlich und in Selbstverantwortung durchführen. Sobald aber die Bestätigung des Plans gegen den Widerstand von Gläubigern erfolgen soll, muss das Restrukturierungsgericht einbezogen werden. In diesem Fall kann sich der dissentierende Gläubiger im Rechtsmittelverfahren auf Minderheitenschutz berufen, wenn er durch die Planregelungen schlechter gestellt wird als ohne Plan.

Damit kommt der vom Schuldner zu erstellenden Vergleichsrechnung eine besondere Bedeutung zu. Ist der Restrukturierungsplan das Herzstück des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens, so ist die Vergleichsrechnung das Herzstück des Restrukturierungsplanes.

Die Vergleichsrechnung muss im darstellenden Teil des Restrukturierungsplanes enthalten sein und die Ergebnisse des Plans für die planbetroffenen Gläubiger mit dem voraussichtlichen Ergebnis für dieselben Gläubiger ohne Plan vergleichen. Dabei hat der Gesetzgeber festgelegt, dass das Vergleichsszenario in der Regel die Fortführung des Geschäftsbetriebes zugrunde legen muss, wenn auch der Restrukturierungsplan eine Fortführung vorsieht. Damit soll verhindert werden, dass der Schuldner trotz Fortführung ein Liquidationsszenario als Vergleich heranzieht, und damit den Gläubigern zu hohe Verzichte abnötigen kann.

Wie dieses „Vergleichs-Fortführungsszenario“ zu ermitteln ist, ist gesetzlich nicht normiert und hängt damit vom konkreten Einzelfall ab. Die Vorgaben aus der EU-Richtlinie 2019/2023, in deren Umsetzung das StaRUG eingeführt wurde, sprechen von dem „nächstbesten Alternativszenario“, das heranzuziehen ist. Daraus lässt sich ableiten, dass stets das Szenario dem Plan gegenübergestellt werden soll, das nach den Umständen des Einzelfalles das wahrscheinlichste und nach den Ergebnissen des Restrukturierungsplans die zweitbeste Lösung für die Gläubiger wäre. Ob dies ein Insolvenzplanverfahren mit Eigen­verwaltung, eine Fortführung und/oder der Verkauf des Unternehmens ohne Insolvenz-/Restrukturierungsverfahren oder eine übertragende Sanierung aus einem Insolvenzverfahren heraus wäre, ist im jeweiligen Einzelfall zu ermitteln.

Um die Gläubiger für den Plan zu gewinnen und das Risiko, im Rahmen der Obstruktionsprüfung im Rechtsmittel mit dem Plan zu scheitern, zu minimieren, ist der Schuldner gut beraten, ein realistisches Vergleichsszenario zu ermitteln und dieses auch marktgerecht zu bewerten. Aus der bisherigen Praxis  stellt sich dabei insbesondere die Frage, ob es zur Ermittlung eines realistisch erzielbaren Kaufpreises notwendig ist, im Rahmen eines sog. Dual Track-Verfahrens einen Markttest für einen Unternehmensverkauf durchzuführen. Dies würde jedoch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit konterkarieren, das StaRUG-Verfahren mit möglichst wenig Öffentlichkeit durchführen zu können. Zudem könnten sich daraus zeitliche Verzögerungen ergeben, die das Sanierungsziel gefährden, und vermeidbare Zusatzkosten entstehen. Eine Markteinschätzung durch einen entsprechend fachkundigen Sachverständigen, idealerweise mit Erfahrung im Bereich Distressed M&A, sollte daher ausreichend sein, um die notwendige Transparenz für die mögliche Alternative „Verkauf des Unternehmens“ zu schaffen.

Die Weiterentwicklung zu diesem Kernthema des StaRUG ist daher mit Spannung zu erwarten.

Zu weiteren Aspekten des Restrukturierungsplans werden wir Sie in den zukünftigen Ausgaben unseres StaRUG-Newsletters informieren.

Rechtsanwalt Volker Böhm, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Rechtsanwältin Dr. Elske Fehl-Weileder, Fachanwältin für Insolvenzrecht

Mehr Informationen zum Thema Präventiver Restrukturierungsrahmen und zu den Möglichkeiten einer Sanierung außerhalb der Insolvenz unter www.schultze-braun.de/leistungen/restrukturierung/starug

Volker Böhm
Dr. Elske Fehl-Weileder