Keine Fortsetzung einer aufgelösten GmbH

05. Mai 2022 Newsletter Restrukturierung und Sanierung

 

Wird eine GmbH durch die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst, kann sie nicht fortgesetzt werden. Und zwar selbst dann, wenn sie Vermögen besitzt und die Insolvenzgründe beseitigt wurden.

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Stefano Buck
Stefano Buck

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Insolvenzrecht

BGH: Keine Fortsetzung einer insolvenzbedingt aufgelösten GmbH

GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 5
BGH, Beschluss vom 25.01.2022 – II ZB 8/21 (OLG Frankfurt a.M.)

I. Leitsatz des Verfassers
Wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die rechtskräftige Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst, kann sie nicht fortgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über ein das satzungsmäßige Stammkapital übersteigendes Vermögen verfügt und die Insolvenzgründe beseitigt wurden. 

II. Sachverhalt
Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister des AG Darmstadt eingetragene GmbH mit einem Stammkapital iHv ursprünglich 50.000 DM. Mit Beschluss vom Februar 2007 wurde ihr Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse zurückgewiesen. Im April 2007 wurde die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse und die Auflösung der Antragstellerin von Amts wegen in das Handelsregister eingetragen. 

Mit Gesellschafterbeschluss vom 29.5.2020 wurden die Fortsetzung der Gesellschaft, die Verlegung ihres Sitzes und die Änderungen des Unternehmensgegenstandes beschlossen. Der mit Beschluss vom selben Tag zum Geschäftsführer bestellte Liquidator und Alleingesellschafter der Antragstellerin meldete am 29.5.2020 die Fortsetzung der Gesellschaft, die Sitzverlegung und die Neufassung des Unternehmensgegenstandes sowie seine Bestellung zum Geschäftsführer zur Eintragung im Handelsregister an. Gegenüber dem Handelsregister versicherte er unter anderem, dass mit der Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter noch nicht begonnen worden sei, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen nicht überstiegen und keine wirtschaftliche Neugründung vorliege. Im Februar 2021 erklärte er den Rangrücktritt eines der Gesellschaft gewährten Darlehens iHv 2.897.362 EUR und überwies im April 2021 der Gesellschaft 25.000 EUR mit dem Verwendungszweck „Einzahlung Stammkapital“.

Das AG hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter. Im Ergebnis ohne Erfolg. 

III. Rechtliche Wertung
Die Antragstellerin habe nach Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei, nicht durch Gesellschafterbeschluss fortgesetzt werden können. Werde eine GmbH durch die rechtskräftige Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst, könne sie nicht fortgesetzt werden. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschaft über ein das satzungsmäßige Stammkapital übersteigendes Vermögen verfüge und die Insolvenzgründe beseitigt worden seien (vgl. z.B. OLG Frankfurt, GmbHR 2018, 808; MünchKomm GmbHG/Berner, 3. Aufl., § 60, Rn. 277).

Eine Fortsetzung sei gesetzlich in § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht vorgesehen. Gesellschaften, die nicht einmal mehr die finanziellen Mittel zur Durchführung eines Insolvenzverfahrens besitzen, sollen im öffentlichen Interesse nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst rasch beendet werden. Der BGH habe noch zum Konkursrecht ausgeführt, dass eine Kommanditgesellschaft auf Aktien und eine Aktiengesellschaft durch einfachen Fortsetzungsbeschluss und Zuführung neuer Mittel ohne die Kontrolle eines förmlichen Gründungsvertrages nicht in die Lage versetzt werden könne, wieder am Geschäftsverkehr teilzunehmen (BGHZ 75, 175). 

Dieser Wille des Gesetzgebers habe sich mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung unter Einführung des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht geändert. Vielmehr habe der Gesetzgeber im Gegensatz zu § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG keine Fortführungsmöglichkeit vorgesehen. Nach dieser Vorschrift werde eine GmbH durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Werde jedoch das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsehe, aufgehoben, so können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. 

An einer Erweiterung der gesetzlich genannten Fortführungsmöglichkeiten bestehe kein Bedürfnis. Lassen die Beteiligten eine gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Fortsetzung ungenutzt, sei kein Grund ersichtlich, eine nicht im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Fortführung der Gesellschaft durch einen schlichten Fortsetzungsbeschluss zu eröffnen. Gegen eine Fortsetzung spreche auch, dass dann keine gesetzliche Prüfung stattfinde, ob die Insolvenzreife überwunden sei (BGH ZIP 2015, 1533).

IV. Praxishinweis
Damit hat der BGH zugleich ausgesprochen, dass eine Fortsetzung einer GmbH, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, das aber später nach § 207 Abs. 1 InsO eingestellt worden ist, weil die Insolvenzmasse nicht ausreichte, um die Kosten zu decken, nicht möglich ist. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG sieht in diesem Fall eine Fortsetzung der Gesellschaft gerade nicht vor. Es macht aber keinen Unterschied, ob erst im Laufe des Insolvenzverfahrens die Unzulänglichkeit der Masse zur Deckung der Kosten zu Tage tritt oder bereits dieser Umstand zur Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat. Hierauf wies der Senat ausdrücklich hin.

Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht