Der Bundesgerichtshof beschäftigt sich mit der Frage, ob bei einem Insolvenzplan, der eine Zahlung eines Dritten vorsieht, ein Nachweis über dessen Bonität als Plananlage erforderlich ist.
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BGH: Bonitätsnachweis für Drittmittel bei Insolvenzplan
InsO § 230 III, § 231 I 1 Nr. 1, Nr. 2, § 258 II
BGH, Beschluss vom 22.06.2023 – IX ZB 15/21 (LG Hamburg)
I. Leitsatz der Verfasserin
Urkunden, welche die Bonität eines Drittmittelgebers belegen, gehören nicht zu den Anlagen, welche dem Insolvenzplan notwendig beizufügen sind.
Ein verfahrensbeendender Insolvenzplan hat offensichtlich keine Aussicht auf Bestätigung durch das Gericht, wenn von Dritten versprochene Leistungen für die Befriedigung von Masseverbindlichkeiten, insbesondere der Verfahrenskosten, erforderlich sind und nicht gewährleistet ist, dass die Dritten in dem erforderlichen Umfang zu den versprochenen Leistungen bereit und in der Lage sind.
II. Sachverhalt
Der Schuldner eines Insolvenzverfahrens, eine natürliche Person, hat zur vorzeitigen Beendigung des Verfahrens einen Insolvenzplan eingereicht, der Drittzahlungen dreier Personen vorsah, aus denen die Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten gedeckt sowie eine Zahlung an die Insolvenzgläubiger geleistet werden sollte. Dem Plan waren jeweils von den Drittmittelgebern unterzeichnete Erklärungen beigefügt, in denen diese sich verpflichteten, einen konkreten Betrag unter der aufschiebenden Bedingung der Planannahme an die Masse zu zahlen. Auf den Hinweis des Gerichts, dass Bonitätsnachweise der Drittmittelgeber fehlten, legte der Schuldner drei Schreiben vor, in denen ein Wirtschaftsprüfer die Bonität der Drittmittelgeber bestätigte. Da der Wirtschaftsprüfer selbst einer der Drittmittelgeber war, gab sich das Gericht noch immer nicht überzeugt und wies nochmals auf die aus seiner Sicht fehlenden bzw. unzureichenden Bonitätsnachweise hin. Nachdem der Schuldner nicht noch einmal nachbesserte, sondern seinerseits auf die aus seiner Sicht fehlende Rechtsgrundlage für die Anforderung der Bonitätsnachweise hinwies, wies das Gericht den Insolvenzplan ab.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners zum LG Hamburg blieb erfolglos. Gegen diese Entscheidung legte der Schuldner Rechtsbeschwerde zum BGH ein.
III. Rechtliche Wertung
Der BGH hat die Entscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses zurückverwiesen. Der Zurückweisungsgrund des § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO sei nicht gegeben.
Bonitätsnachweise über die Zahlungsfähigkeit von Drittmittelgebern gehören nicht zu den notwendigen Plananlagen nach § 230 InsO. Diese in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage sei zugunsten derjenigen Stimmen zu entscheiden, die den Bonitätsnachweis nicht für notwendig halten. Gemäß § 230 Abs. 3 InsO sei dem Plan nur die Verpflichtungserklärung des Dritten als solche beizufügen, und durch das Gericht auf rechtliche Bindungswirkung und hinreichende Bestimmtheit zu prüfen. Eine Zurückweisung sei etwa dann denkbar, wenn sich aus der Erklärung selbst heraus ergebe, dass diese wertlos ist. Anders als etwa in § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO oder § 207 Abs. 1 Satz 2 InsO sei nicht vorgesehen, dass eine Sicherheit geleistet oder ein Vorschuss erbracht werden muss. Außerdem sei die Regelung des § 257 Abs. 2 InsO, nach welcher aus der Erklärung des Drittmittelgebers unmittelbar die Zwangsvollstreckung möglich ist, hinfällig, wenn es für die Erklärung weitere Voraussetzungen gäbe.
Eine Zurückweisung wegen der aus Gerichtssicht mangelhaften Bonitätserklärungen habe auch nicht aus einem anderen Grund zu erfolgen. Das Beschwerdegericht habe keine Feststellungen getroffen, die den Schluss darauf zuließen, dass der vorgelegte Insolvenzplan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder Bestätigung durch das Gericht habe iSd § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO.
Eine über Fälle der Offensichtlichkeit hinaus gehende Prüfung der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten des Plans sei dem Insolvenzgericht verwehrt, da dies der Beurteilung der Gläubiger unterliege, und deren Entscheidung nicht in ungerechtfertigter Weise vorgegriffen werden solle.
Eine Rolle spielen könne die Bonität der Drittmittelgeber bzw. deren Nachweis allerdings in Hinblick auf die Begleichung der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten. Diese muss gem. § 258 Abs. 2 InsO sichergestellt sein, bevor das Verfahren aufgehoben werden kann. Das Insolvenzgericht habe dies zu überprüfen, und nehme damit auch keine Entscheidung vorweg, die den Gläubigern obliegt. Der Streit in der Literatur darüber, ob das Gericht die Prüfung der Deckung der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten bereits im Vorprüfungsverfahren vornehmen darf, sei zugunsten der Prüfungskompetenz des Insolvenzgerichts zu entscheiden. Wenn erkennbar aufgrund fehlender Deckung der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten die angestrebte Aufhebung des Verfahrens nicht erreicht werden kann, ist der Plan aussichtslos. In diesem Rahmen habe das Gericht daher eine Prüfungskompetenz, die auch die Schlüssigkeit der Erklärungen umfasst.
Weil Feststellungen dazu, ob die Drittmittelgeber nach dem Inhalt der Erklärungen zu den versprochenen Leistungen bereit und in der Lage waren, durch das Beschwerdegericht nicht getroffen wurden, hat der BGH an dieses zurückverwiesen.
IV. Praxishinweis
Der erste Leitsatz dieser Entscheidung ist mit Vorsicht zu genießen und sollte den Ersteller eines Insolvenzplanes keineswegs zu der Annahme verleiten, dass die Vorlage von belastbaren Bonitätsnachweisen der Drittmittelgeber entbehrlich ist. Der BGH konstatiert nämlich nur, dass diese nicht zu den notwendigen Plananlagen iSd § 230 InsO gehören, wegen deren Fehlens das Gericht den Plan nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zurückweisen kann. Gleichwohl kann ein unzureichender Bonitätsnachweis den Plan schon im Vorprüfungsstadium zu Fall bringen: Erstens, wenn die Erklärung so beschaffen ist, dass sie aus sich heraus als wertlos zu erkennen ist, z.B. mangels Bestimmtheit. In diesem Fall kommt eine Zurückweisung wegen unvollständiger Anlagen nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO durchaus in Betracht – und die Frage, ob eine Erklärung „wertlos“ ist, dürfte viel Raum für Auslegung bergen. Zweitens kann eine Zurückweisung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 InsO drohen, wenn die Drittmittel auch zur Deckung der Verfahrenskosten und der Masseverbindlichkeiten dienen sollen, denn hier nimmt der BGH eine Prüfungskompetenz des Insolvenzgerichts an, die auch die Leistungsfähigkeit und -willigkeit des Drittmittelgebers umfasst. Um das Risiko einer Zurückweisung durch das Gericht zu minimieren, ist der Planersteller also gut beraten, möglichst valide Erklärungen des oder der Drittmittelgeber(s) mit einzureichen, aus der sich die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit erkennen lässt – oder am einfachsten direkt für eine Zahlung auf ein Konto des Insolvenzverwalters zu sorgen.
Rechtsanwältin Dr. Elske Fehl-Weileder, Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht