Liquiditätsstatus und Planungsplausibilisierung als der erste Schritt zum Sanierungsplan

15. Oktober 2021 Blog Insolvenzrecht Restrukturierung und Sanierung

Die Insolvenzantragspflicht greift, wenn Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet sind. Doch im laufenden Geschäftsbetrieb ist das nicht immer leicht zu erkennen. Guido Koch erläutert, wie hier eine betriebswirtschaftliche Auswertung helfen kann und weshalb sie für die Sanierung elementar ist.

Herr Koch, wann werden Sie und ihr Team um einen Liquiditätsstatus und eine Planungsplausibilisierung gebeten?

Koch: Das ist zumeist der Fall, wenn sich die handelnden Personen in einem Unternehmen unsicher sind, ob sie aufgrund einer wirtschaftlichen Schieflage einen Insolvenzantrag stellen müssen. Denn wenn der nicht pünktlich gestellt wird, drohen ihnen empfindliche Strafen und Haftungsrisiken. Um festzustellen, ob Insolvenzantragsgründe vorliegen, benötigt man, laut Insolvenzordnung, einen Status über die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung eines Unternehmens. Genau das überprüfen wir als Dienstleister auf Grundlage unserer betriebswirtschaftlichen Auswertungen. Dies machen wir ebenfalls im Zuge der Erstellung eines Sanierungsgutachtens. Die Prüfung der Insolvenzantragsgründe ist dafür der erste Schritt – und wichtige Säule der späteren Planungsrechnungen.

Wie überprüfen Sie, ob ein Unternehmen zahlungsfähig oder überschuldet ist?

Koch: In einem ersten Schritt erstellen wir einen stichtagsbezogenen Finanzstatus, der die verfügbaren liquiden Mittel wie Bar- und Bankguthaben sowie nicht ausgeschöpfte und ungekündigte Kreditlinien den fälligen Verbindlichkeiten gegenüberstellt. Können die fälligen Verbindlichkeiten mit den liquiden Mitteln entsprechend den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen nicht erfüllt werden, kann eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen, wenn nicht kurzfristig mit einem Ausgleich gerechnet werden kann.

Wie sieht in einem solchen Fall der nächste Schritt aus?

Koch: Wenn wir zu diesem Ergebnis kommen, erarbeiten wir einen Finanzplan, der sowohl die Zahlungsmittelzuflüsse der kommenden Wochen als auch die Zahlungsmittelabflüsse erfasst – wobei auch die im Prognosezeitraum fällig werdenden Verbindlichkeiten zu erfassen sind. Ergibt dieser Finanzplan, dass die Liquiditätslücke innerhalb von drei Wochen nicht beseitigt ist, liegt oftmals Zahlungsunfähigkeit vor, wenn nicht im weiteren Verlauf „mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ mit einem Ausgleich der Liquiditätslücke gerechnet werden kann. Dies ist gegebenenfalls ebenfalls anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu überprüfen.

Wie prüfen Sie die Überschuldung?

Koch: Das geschieht in zwei Schritten: Zunächst wird das Vorliegen einer Fortbestehensprognose geprüft: Ist es überwiegend wahrscheinlich, dass das Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten zahlungsfähig ist? Ist die Antwort auf diese Frage negativ, ist ein Überschuldungsstatus zu erstellen, in dem das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Unternehmens unter Liquidationsgesichtspunkten gegenübergestellt werden.

Wie gewährleisten Sie eine sichere Prognose?

Koch: Wir verfügen einerseits über jahrelange Erfahrung im Restrukturierungsbereich und haben zudem ein bewährtes integriertes Planungstool, das Ertrags-, Liquiditäts- und Bilanzplanung miteinander verknüpfen kann. Das füttern wir mit den Informationen aus dem Unternehmen selbst und fügen diese dann neu zusammen, um daraus deine qualifizierte Prognose abzuleiten. Dabei arbeiten wir immer auch interdisziplinär – also mit anderen Abteilungen von Schultze & Braun – zusammen. So können wir nicht nur unseren Mandanten ein Komplett-Angebot unterbreiten, sondern wir selbst profitieren auch von dem Wissen der Kollegen – etwa, wenn es um rechtliche Sachverhalte mit Auslandsbezug geht. Das macht unsere Prognosen alles in allem sehr rechtssicher für die Beteiligten und trägt zur Haftungsvermeidung bei.

Der Interviewpartner

Guido Koch

ist Dipl.-Kaufmann, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei Schultze & Braun. Zu seinen Spezialgebieten gehören neben den unterschiedlichen Themenaspekten aus der betriebswirtschaftlichen Restrukturierung und der Wirtschaftsprüfung auch die Beratung in Eigenverwaltungen und Schutzschirmverfahren.