Absenkung der Umsatzsteuer-Sätze: Was Unternehmen beachten sollten

10. Juni 2020 Newsletter Steuerberatung

Als „ein ambitioniertes Programm“ betitelte die Bundesregierung ihr Konjunktur- und Zukunftspaket, das sie in der vergangenen Woche vorlegte. Und in der Tat: Selten wurden in einem Konjunkturpaket derart große Summen bewegt. Auf 130 Milliarden Euro beziffert die Bundesregierung das Volumen ihrer Maßnahmen zur Überwindung der Corona-Folgen.

Zu den beschlossenen Maßnahmen zählen auch eine ganze Reihe steuerlicher Aspekte, etwa die Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags, die Einführung eines Optionsmodells bei der Körperschaftsteuer oder erweitere Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter. 

Die wichtigste steuerliche Maßnahme sollte aus Sicht der Unternehmen jedoch die Absenkung der Umsatzsteuer sein.

Was Unternehmen dabei beachten sollten, erfahren Sie in diesem Newsletter.

Wir wünschen eine interessante Lektüre.

Oksana Miglietti
Oksana Miglietti

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater

Dipl.-Kauffrau (FH)

Die Bundesregierung will ihr Konjunkturpaket als „mutige Antwort“ auf die Folgen der Corona-Pandemie verstanden wissen. Das zumindest betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Vorstellung des Programms. Ein wichtiger Baustein und mit einem geschätzten Finanzbedarf von 20 Milliarden Euro einer der teuersten im ganzen Paket: die Absenkung der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer.

Für ein halbes Jahr, genauer: im Zeitraum zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2020, senkt die Bundesregierung die Umsatzsteuer-Sätze um mehrere Prozentpunkte von derzeit 19 bzw. 7 Prozent auf 16 bzw. 5 Prozent. Die Unternehmen sollen diese gesenkten Sätze an ihre Kunden weitergeben, so die Idee.

Wann welcher Steuersatz gilt, hängt maßgeblich davon ab, wann die der Abrechnung zugrunde liegende Leistung ausgeführt wurde bzw. wann die Lieferung erfolgt ist. Das muss vom 1. Juli an für jede Leistung und Lieferung individuell geklärt werden.

Eine Leistung gilt zunächst grundsätzlich dann als ausgeführt, wenn sie abgeschlossen wurde. Dabei handelt es sich nicht um einen Zeitraum, sondern eben um einen festen Zeitpunkt. Eine Lieferung gilt hingegen als ausgeführt, wenn sie den Hof des Lieferanten verlässt oder sie im Einzelhandel an der Kasse bezahlt wird.

Bei sogenannten Dauersachverhalten, beispielsweise einer Miete oder dem Leasing von Maschinen oder Fahrzeugen, kann es dabei zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen. Gleiches gilt für Anzahlungen. Grundsätzlich ist eine Leistung mit Ende des Auftrags ausgeführt und der zu diesem Zeitpunkt geltende Umsatzsteuer-Satz ist für die Rechnung maßgeblich. Das gilt auch, wenn Teilbeträge angezahlt oder per Vorkasse beglichen wurden. Dies muss dann in einer Schlussrechnung verrechnet werden. Gibt es keine Schlussrechnung, muss der Rechnungsteller seine Rechnung berichtigen.

Anders sieht es bei sogenannten Teilleistungen aus, die ebenfalls meist bei Miet- oder Leasingsachverhalten vorliegen. Dort gilt dann der jeweilige Monat als Leistungszeitpunkt. Für Leasingkosten im Juni müssen daher 19 Prozent Umsatzsteuer angesetzt werden, im Juli dagegen nur noch 16 Prozent. Bei Hotelübernachtungen ist das Ende der Nacht die maßgebliche Definitionsgröße. Bei Übernachtungen vom 30. Juni auf den 1. Juli wird derjenige Teil der Übernachtungen bis 30. Juni mit 7 Prozent Umsatzsteuer angesetzt, die Nächte nach dem 30. Juni mit 5 Prozent.

Eine richtige Abgrenzung ist vor allem für den Auftraggeber beziehungsweise den Rechnungsempfänger wichtig. Denn für den Fall, dass der Rechnungssteller einen zu hohen Umsatzsteuerbetrag angesetzt hat, kann der Rechnungsempfänger selbst zunächst nur den eigentlich geltenden Umsatzsteuer-Satz bei der Vorsteuer geltend machen. Er leistet also beispielsweise 19 Prozent Umsatzsteuer an den Rechnungssteller, kann aber in der Vorsteuer nur 16 Prozent gegenüber dem Finanzamt geltend machen. Die 3 Prozentpunkte Unterschied kann er sich nur nach einer Berichtigung zurückholen.

Für einen Vorsteuerabzug muss allerdings eine korrekte Rechnung vorliegen. Bei Miet- oder Leasingrechnungen muss also nachträglich eine Anpassung erfolgen.

Unternehmen, die Kassensysteme betreiben, sollten außerdem darauf achten, dass sie die entsprechenden Anpassungen in ihre Kassensoftware einspielen. Außerdem sollte jedes Unternehmen prüfen, inwieweit andere EDV-gestützte Systeme wie Waagen, Warenwirtschaftssysteme oder Programme für die Rechnungserstellung, geändert werden müssen.

Oksana Miglietti, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Dipl.-Kauffrau (FH)